Artikel
Preventing Overdiagnosis in Primary Care. Ein Forschungsnetzwerk zur Identifikation und Verhinderung von Überversorgung im ambulanten Gesundheitswesen
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 26. September 2017 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund: Neben der Verschwendung begrenzter Ressourcen unseres Gesundheitswesens schadet Überversorgung dem individuellen Patienten. In Anbetracht des Nachwuchsmangels an jungen Hausärzten und angesichts der Herausforderungen des demografischen Wandels wird die Fehlallokation von Ressourcen zu einer zunehmenden Bedrohung für unser Gesundheitswesen. Die Forschung zu Überversorgung ist fragmentiert und noch in ihren Anfängen. Auch die Operationalisierung des Begriffs Überversorgung ist schwierig. Die Treiber und Outcomes von Überversorgung sind nicht nur rein medizinischer Natur, sondern beinhalten ebenso kulturelle, ethische und ökonomische Aspekte. Um diesen Herausforschungen in der Forschung zu Überversorgung zu begegnen, haben wir ein breit aufgestelltes, regionales Kooperationsnetzwerk bestehend aus Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen, aus Leistungserbringern und Kostenträgern gebildet.
Methoden: PRO PRICARE ist das Akronym für Preventing Overdiagnosis in Primary Care. Es ist ein Netzwerk bestehend aus sieben Instituten des Universitätsklinikums Erlangen und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, dem Praxisverbund “Forschungspraxen Franken”, zu dem vier Praxisnetze aus dem städtischen und ländlichen Raum Nordbayerns gehören, sowie einem Verbund von Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Die wissenschaftliche Koordinierungsstelle steht unter der Leitung des Allgemeinmedizinischen Instituts. Das Netzwerk wird mit 2.1 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Das Netzwerk nahm seine Arbeit im Februar 2017 auf. Innerhalb der nächsten drei Jahre werden die folgenden Projekte durchgeführt: (1) Entwicklung eines ICF core sets zur Anwendung in der Hausarztpraxis um die Teilhabe am Leben und die Aktivitäten älterer und hochbetagter Mensch zu erfassen. Der Blick auf Ressourcen und nicht nur auf Krankheit soll helfen, nicht notwendige medizinische Interventionen zu reduzieren, (2) Entwicklung einer Schulungsintervention zu patientenzentrierter Kommunikation. Es soll geprüft werden, ob diese Intervention bei Patienten mit akuten unkomplizierten Kreuzschmerzen zu einer Reduktion nicht-notwendiger Diagnostik führt, (3) Untersuchung der Versorgungspfade von Patienten mit Schilddrüsenknoten zur Analyse des Ausmaßes an Überversorgung in diesem Bereich und um auslösende Faktoren dieser Prozesse zu verstehen.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Wir möchten die Struktur unseres Netzwerkes sowie die Studienprotokolle der drei Forschungsvorhaben und den aktuellen Projektstand vorstellen. PRO PRICARE soll einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von Überversorgung leisten. Das Ziel des Netzwerkes ist eine langfristige Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, Krankenkassen und praktizierenden Ärzten. Die Kooperation der verschiedenen Beteiligten des Gesundheitswesens soll helfen, unsere Ergebnisse in die Praxis zu übertragen.