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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Partizipation von Menschen mit Demenz: der Bayerische Demenz Survey

Meeting Abstract

  • Wolfgang Joa - Friedrich-Alexander Universität-Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Franziska Nickel - Friedrich-Alexander Universität-Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Janina Barth - Friedrich-Alexander Universität-Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Velislava Marinova-Schmidt - Friedrich-Alexander Universität-Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Manuela Hess - Friedrich-Alexander Universität-Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany
  • Elmar Gräßel - Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen, Germany
  • Peter L. Kolominsky-Rabas - Friedrich-Alexander Universität-Erlangen-Nürnberg, Erlangen, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV092

doi: 10.3205/17dkvf160, urn:nbn:de:0183-17dkvf1603

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Joa et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In Deutschland leben etwa 1,6 Mio. Menschen mit einem demenziellen Syndrom (PmD) [1]. Auch wenn im Verlauf der Erkrankung der Bedarf an Unterstützung und Pflege zunimmt, verliert das Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Teilhabe (Partizipation) am Leben nicht an Bedeutung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert den Begriff Partizipation in der „International Classification of Functioning, Disability and Health“ (ICF) als „Einbezogensein in eine Lebenssituation“ [2]. Weiterführende Konzepte [3] unterscheiden in betätigungsorienierte (performance-oriented) und gemeinschaftsorientierte (togetherness-oriented) [3] Teilhabe. Betätigungsorientierte Teilhabe umfasst sowohl Aktivitäten für Andere, als auch solche Aktivitäten, die zu persönlicher Zufriedenheit führen. Gemeinschaftsorientierte Teilhabe wird dadurch erfahren, dass Erfahrungen mit Anderen geteilt werden (sharing experience), man unter anderen Menschen ist (being among others) und eine Verbindung zur Außenwelt aufrecht erhält (linking to the outside world).

Fragestellung: Die vorliegende Arbeit untersucht die verschiedenen Ausprägungen der Partizipation nach Haak et al. [3] im Verlauf der Demenzerkrankung.

Methode: Der Bayerische Demenz Survey (BayDem) ist eine multizentrische Längsschnittstudie, die an drei Standorten (Dachau, Erlangen, Kronach) in Bayern durchgeführt wird. Projektteilnehmer sind PmD (nach ICD-10) sowie deren pflegende Angehörige. Die Datenerhebung zur vorliegenden Fragestellung erfolgte anhand einzelner Items des standardisierten Erhebungsinstruments Alzheimer´s Disease Cooperative Study – Activities of Daily Living [4] (ADCS-ADL), das alltagspraktische Fertigkeiten und Aktivitäten bei Personen mit kognitiven Beeinträchtigungen beschreibt.

Ergebnisse: Es wurde verglichen, inwieweit sich Partizipation von PmD (N=112; x=77Jahre; 54%weiblich) zu den Befragungszeitpunkten t0 (nach Einschluss) und t12 (12 Monate später) verändert. Über aktuelle Ereignisse sprachen bei t0 59,8%, bei t12 noch 41,1%. Die Angehörigen gaben an, dass 69,6% der PmD sowohl bei t0 als auch bei t12 in den letzten Wochen die Wohnung verlassen haben. Es erhöhte sich jedoch die Anzahl der Personen, die mit einer Begleitperson unterwegs waren, von 15,2% auf 26,8%. Insgesamt reduzierte sich der Anteil der PmD, der ein Hobby ausübte, von 55,4% auf 42%, der Einkaufen ging von 46,4% auf 42,9%, der Verabredungen bzw. Termine (z.B. mit Verwandten, Arzt usw.) einhielt von 58,9% auf 46,4%. Bei der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gab es eine Zunahme von 11,6% auf 14,3%.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass betätigungsorientierte und gemeinschaftsorientierte Partizipation im Verlauf nachlässt. Zuwachs ist bei der Nutzung von öffentlichen Ver-kehrsmitteln zu verzeichnen, während gleichzeitig die Zahl der aktiven Autofahrer sank. Der Anteil der außerhäuslichen Mobilität (Spazierengehen, Verreisen) blieb gleich, wobei die PmD nach 12 Monaten auf mehr Unterstützung angewiesen waren.

Praktische Implikationen: Es ist wichtig, eine Umgebung und Angebote für PmD zu schaffen, die eine möglichst lange, vielseitige und selbstständige Partizipation ermöglichen. Dazu gehören Schulung und Training alltagspraktischer Fähigkeiten sowie Erleichterung des Zugangs zum öffentlichen Raum, z.B. durch den Abbau von Barrieren.

Förderhinweis: Der Bayerische Demenz Survey (BayDem) wird durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) im Rahmen der „Bayerischen Demenzstrategie“ gefördert (Förderkennzeichen: G42-G8092.9-2014/10-146).


Literatur

1.
Deutsche Alzheimer Gesellschaft – Selbsthilfe Demenz. Das Wichtigste 1 - Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Berlin; 2014.
2.
World Health Organization. Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Hrsg.: DIMDI Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information. Genf; 2005. S. 164.
3.
Haak, et al. Home as the Locus and Origin for Participation: Experiences among Very Old Swedish People. Occupation, Participation and Health. 2007.
4.
Galasko, et al. An Inventory to Assess Activities of Daily Living for Clinical Trials in Alzheimer´s Disease. Alzheimer Disease and Associated Disorders. 1997;11 Suppl. 2:33-39.