gms | German Medical Science

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Ergebnisse aus den Visitationen im QS-Reha®-Verfahren der Gesetzlichen Krankenkassen

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • Katharina Klindtworth - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany
  • Erik Farin-Glattacker - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV029

doi: 10.3205/17dkvf136, urn:nbn:de:0183-17dkvf1364

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Klindtworth et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die externe Qualitätssicherung in der Medizinischen Rehabilitation wird durch die Programme der beiden größten Reha-Träger in Deutschland (das „QS-Reha®-Verfahren“ der Gesetzlichen Krankenkassen und die „Reha-Qualitätssicherung“ der Deutschen Renten-versicherung) geprägt. Ihre Stärken beziehen sich auf die Messung mehrerer relevanter Qualitätsdimensionen und die umfassende Umsetzung über nahezu alle behandelten Erkrankungen. In der aktuellen Erhebungswelle 2015-2017 des QS-Reha®-Verfahrens ist erstmals die Umsetzung auf die ambulanten kardiologischen und muskuloskelettalen Einrichtungen und Mutter-Vater-Kind-Vorsorge- und Reha-Einrichtungen (MVK) vorgenommen worden. Visitationen (vgl. [1]) stellen dabei ein wichtiges Element der Qualitätssicherung dar. Visitationen sind Vor-Ort-Begehungen der Einrichtung durch Experten, die das Ziel verfolgen, auf systematische Weise, mit Hilfe von Beobachtungen und Gesprächen, die Qualität der Einrichtung zu erfassen und den Verantwortlichen zurückzumelden. Im QS-Reha®-Verfahren besitzen die Visitationen zusätzlich die Funktion, Angaben zur Struktur- und Prozessqualität, die die Einrichtungen vorab in einem Erhebungsbogen getätigt haben, zu validieren.

Fragestellung: Der Beitrag stellt Ergebnisse aus der Visitationsdurchführung in der aktuellen Erhebungsrunde des QS-Reha®-Verfahrens dar und fokussiert dabei auf Abweichungen bei den geforderten Qualitätskriterien.

Methode: Zwischen Januar und Dezember 2016 wurden bundesweit 80 Einrichtungen aus nahezu allen Indikationen der medizinischen Rehabilitation und Vorsorge visitiert. Die Auswahl der zu visitierenden Einrichtungen erfolgte per Zufall. Die Visitationen wurden kurzfristig angekündigt und dauerten einen Tag. Pro Einrichtung wurden in Abhängigkeit der Indikation 94 - 135 vorab definierte Kriterien geprüft. Innerhalb von sechs Wochen nach Visitationsdurchführung erhielten die Einrichtungen einen Ergebnisbericht, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme. In nahezu allen Fällen konnte ein einvernehmlicher Visitationsbericht erstellt werden. Abschließend wurden die Einrichtungen mittels einer Online-Befragung um eine Bewertung der Visitation gebeten.

Ergebnisse: Durch die Visitationen ergaben sich insgesamt 293 positive und 305 negative Abweichungen vom vorab von den Einrichtungen ausgefüllten Erhebungsbogen. Nur bezogen auf die für die Qualitätsbeurteilung zentralen „Basiskriterien“ gab es 252 positive und 207 negative Abweichungen. Bei den meisten Einrichtungen lag die Gesamtzahl der Abweichungen bei ca. 2-6, was im Mittel etwa 4% der geprüften Kriterien entspricht. Vereinzelt wiesen die Einrichtungen aber auch bis zu 23 Abweichungen – in positiver sowie negativer Richtung – auf. Die meisten positiven Abweichungen gab es im Inhaltsbereich „Therapeutische Behandlungen, Schulungen, Patientenbetreuung“; negative Abweichungen vor allem im Inhaltsbereich „Medizinisch-technische Ausstattung“ und „Allgemeine Merkmale“. Auf Kriterienebene konnte die Durchführung von Patientenschulungen häufig positiv angepasst werden. Negativ bewertet wurden hingegen die mangelnde Interdisziplinarität der Fallbesprechungen sowie fehlende Kooperationsvereinbarungen für vorhandene Versorgungsbeziehungen (z. B. Dialyse, Laborleistungen, Orthopädietechniker). Auch war die rehabilitative/sozialmedizinische Qualifikation der leitenden Ärzte mitunter nicht ausreichend belegt. Insgesamt betrachtet konnten die meisten Abweichungen bei ambulanten muskuloskeletalen Einrichtungen vermerkt werden; positive Abweichungen fanden sich besonders häufig bei Mutter-Kind-Einrichtungen.

Die Ergebnisse der Online-Befragung zeigten, dass die Visitationen in der Regel positiv bewertet wurden, wobei insbesondere das fachlich kompetente Auftreten der Visitoren und die klinikspezifischen Diskussionen über die Umsetzung der Qualitätskriterien positiv hervorgehoben wurden. Kritik hingegen wurde an der Ausprägung und Vielzahl der Kriterien im Verfahren geübt.

Diskussion und praktische Implikationen: Mit im Mittel ca. 4%, teilweise aber bis zu 20% Korrekturen besitzen die Visitationen eine relevante Validierungsfunktion. Die ähnlich hohe Quote positiver und negativer Abweichungen zeigt, dass die Einrichtungen von der Validierungsfunktion der Visitationen oft auch profitieren. Visitationen sind wichtig, um Missverständnisse bei der Interpretation von Qualitätsanforderungen vor Ort diskutieren und aufzuklären zu können. Der persönliche und einrichtungsspezifische Austausch trägt dazu bei, dass viele Einrichtungen die Anregungen aus den Abschlussgesprächen nutzen, um kritische Aspekte gezielt anzugehen. Die Art und Weise der Umsetzung der Visitationen trifft bei den am QS-Reha®-Verfahren beteiligten Einrichtungen in aller Regel auf deutliche Akzeptanz.


Literatur

1.
Farin E, Jäckel WH. Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der medizinischen Rehabilitation. Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz. 2011;54:176-184.