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Ultraschallgesteuerte zentralvenöse Katheterisierung – eine Kosten-Effektivitäts-Analyse im deutschen Versorgungskontext
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Veröffentlicht: | 26. September 2017 |
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Hintergrund: In Deutschland werden jährlich ca. 540.000 zentralvenöse Katheter (ZVK) gelegt. Konventionell wird anhand anatomischer Strukturen punktiert. Diese Anlagemethode führt jedoch zu Komplikationsraten bis zu 19 % und Misserfolgsraten bis zu 35 %. Alternativ kann eine Katheterisierung unter Ultraschall (US)-Assistenz erfolgen. Internationale Studien hierzu zeigen, dass diese Vorgehensweise in weniger Komplikationen resultiert sowie auch kostengünstiger ist. Für das deutsche Gesundheitssystem lagen bisher keine Aussagen zur Kosten-Effektivität zentralvenöser Katheterverfahren vor.
Fragestellung: Das Ziel der Analyse ist es, die Kosten-Effektivität der US-gestützten ZVK-Anlage im Vergleich zur anatomisch orientierten Punktion für Erwachsene im deutschen Versorgungskontext zu untersuchen. Dabei wurde die Perspektive der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sowie die eines Krankenhauses der Maximalversorgung gewählt.
Methode: Die Ermittlung der Kosten-Effektivität der zu vergleichenden Interventionen wurde mittels entscheidungsanalytischer Modellierung realisiert. Dazu wurde ein Entscheidungsbaum konstruiert, in dem Effektivitäts- und Kostenparameter zusammengeführt wurden. Zur Berechnung der Kosten-Effektivität wurden die in beiden Verfahren entstehenden Komplikationen den Kosten pro Patient gegenübergestellt. Bei den Komplikationen werden Arterielle Punktion, Thrombose, Embolie, Hydromediastinum, Hämatomediastinum, Hämatothorax, Hydrothorax, Pneumothorax, Nervenverletzung sowie subkutanes Emphysem betrachtet. Die Kosten pro Patient umfassen die direkten medizinischen Kosten in Abhängigkeit der Perspektive. Die Häufigkeit der Komplikationen basiert dabei auf Daten eines Cochrane-Reviews und die Kostenparameter auf stationären Abrechnungsdaten. Die Parameterunsicherheit der Analyseergebnisse wurde in verschiedenen Sensitivitätsanalysen überprüft. Um das Kosten-Effektivitäts-Modell zu validieren, wurden Vergleiche mit anderen Modellen durchgeführt sowie die Modellstruktur mit klinischen Experten konsultiert. Des Weiteren wurden die möglichen Ausgabeeffekte für beide Analyseperspektiven quantifiziert.
Ergebnisse: Eine ultraschallgesteuerte ZVK-Anlage resultiert in weniger Komplikationen und führt aus beiden Analyseperspektiven zu niedrigeren Kosten im Vergleich zur anatomisch orientierten Alternative. Aus Sicht der GKV ist die US-gestützte ZVK-Anlage um 360 € je Prozedur kostengünstiger als die Vergleichsintervention. Aus der Perspektive des stationären Leistungserbringers weist die US-Assistenz niedrigere Kosten von 1.178 € je Anwendung auf. Damit ergibt sich aus beiden Perspektiven eine Dominanz der ZVK-Anlage gegenüber der konventionellen Methode (größere Effektivität zu geringeren Kosten). Diese Ergebnisse erwiesen sich in Sensitivitätsanalysen für beide Analyseperspektiven als robust. Basierend auf der Annahme, dass ca. 10 % (n= 54.000) der ZVK unter US-Assistenz gelegt werden, ergibt sich für die GKV ein jährliches Einsparpotenzial von ca. 19,4 Millionen €. Für das Krankenhaus resultiert eine jährliche Einsparung von ca. 1,7 Millionen €, wenn ca. 50% (n=1425) der ZVK mittels US-Steuerung gelegt werden.
Diskussion: Diese Analyse ist die erste Untersuchung, die eine Beurteilung der Kosten-Effektivität zentralvenöser Kathetermethoden im deutschen Gesundheitswesen erlaubt. Allerdings sollten Schlussfolgerungen unter Beachtung der Datengrundlage, der Zielpopulation, der Analyseperspektive sowie des Settings gezogen werden.
Praktische Implikationen: Aus Sicht der GKV ist eine Erstattung der Interventionskosten einer US-gesteuerten Katheterisierung angezeigt, da die Anwendung des Verfahrens neben positiven gesundheitlichen Effekten auch die Gesundheitsausgaben reduziert. Aus der Perspektive des Krankenhauses ist eine US-gestützte ZVK-Anlage ebenso sinnvoll, obwohl die Empfehlung mit einer höheren Unsicherheit hinsichtlich der Höhe der Kosteneinsparung verbunden ist. Da ein Verzicht auf die US-Assistenz zu höheren Komplikations- und Misserfolgsraten führt, ist dies unter Berücksichtigung des Imageverlustes für das Krankenhaus zu berücksichtigen.