gms | German Medical Science

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Datenlinkage in der NAKO Gesundheitsstudie – Die Möglichkeit regionaler und überregionaler Analysen mithilfe von Sekundärdaten gesetzlich und privat krankenversicherter StudienteilnehmerInnen

Meeting Abstract

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  • Christoph Stallmann - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany
  • Annemarie Feißel - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany
  • Svenja Jacobs - BIPS-Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, Bremen, Germany
  • Enno Swart - Institut für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie, Med. Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV137

doi: 10.3205/17dkvf083, urn:nbn:de:0183-17dkvf0836

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Stallmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In der „NAKO Gesundheitsstudie (NAKO)“ (BMBF FKZ: 01ER1301A) sollen Primärdaten von insgesamt 200.000 StudienteilnehmerInnen um Sekundär- und Registerdaten verschiedener Dateneigner ergänzt werden. Die Erschließung dieser zusätzlichen Daten führt das „Kompetenznetzes Sekundär- und Registerdaten“ durch. Zur Erhebung der Primärdaten werden die StudienteilnehmerInnen in bundesweit 18 Studienzentren zweimal im Abstand von fünf Jahren umfassend untersucht und befragt. Im Rahmen der passiven Nachbeobachtung erfolgt ein Morbiditäts-Follow-up anhand von Sekundär- und Registerdaten. Innerhalb einer prospektiven Kohortenstudie ist es so erstmals in Deutschland möglich, bei Vorliegen einer entsprechenden Einwilligung, Daten der TeilnehmerInnen von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen (GKV und PKV) sowie dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) weitgehend vollständig zu erschließen.

Fragestellung: Die bundesweite Ausrichtung der Studie erlaubt es, regionale sowie überregionale Analysen durchzuführen. Anhand von erhobenen statistischen Informationen zum Einwilligungsverhalten werden erste Rückschlüsse auf die regionale Verteilung von Krankenversicherungen und die TeilnehmerInnenstruktur gezogen.

Methoden: Entsprechend den gesetzlichen Anforderungen werden von den StudienteilnehmerInnen nach umfassender Information die schriftlichen Einwilligungen zur Anforderung und Nutzung der Sekundär- und Registerdaten in einem mehrstufigen Verfahren eingeholt. Dem Kompetenznetz werden Statistiken zu den erteilten Einwilligungen von der Unabhängigen Treuhandstelle der NAKO zur Verfügung gestellt. Die für die Analysen genutzten Statistiken umfassen aktuell einen Zeitraum von März 2015 bis Februar 2017.

Auf Grundlage dieser Statistiken wird mit dem Ziel einer Kooperation Kontakt zu einzelnen Dateneignern aufgenommen, um die rechtlichen und technischen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten in der NAKO zu schaffen. Vorbehaltlich einer Kooperation sind jährliche Datenanforderungen bei den Dateneignern geplant. Ein umfangreiches Pseudonymisierungsverfahren stellt die Verknüpfung der Sekundär- mit den Primärdaten sicher, die anlassbezogen auf Grundlage von konkreten Forschungsfragen erfolgt.

Ergebnisse: Die NAKO zählt bereits mehr als 100.000 TeilnehmerInnen. Eine insgesamt hohe Einwilligungsbereitschaft von durchschnittlich 90,5 % zur Nutzung ergänzender Sekundärdaten von GKVen und PKVen zeigt zum einen das hohe Vertrauen in die Studie und bildet zum anderen eine solide Grundlage für die umfassende Nutzung der Daten. Die Einwilligungsbereitschaft liegt in den neuen Bundesländern etwas über jener in den alten Bundesländern. Dies deckt sich mit Erfahrungen aus anderen Studien. Die Einwilligenden verteilen sich zu 88,1 % auf GKVen und zu 11,9 % auf PKVen. Der Anteil privat versicherter TeilnehmerInnen ist erwartungsgemäß in den alten Bundesländern höher. Sowohl bei den GKVen als auch bei den PKVen sind regionale Unterschiede in der Einwilligungsquote beobachtbar. Unter den GKV-versicherten TeilnehmerInnen, die die Einwilligung zur Nutzung ihrer GKV-Daten gaben, liegt die Einwilligungsquote für die Nutzung der Zi-Daten bei 99,4 %. Insbesondere eine nahezu lückenlose Medikamentenanamnese kann so krankenkassenunabhängig für den überwiegenden Teil der StudienteilnehmerInnen gewährleistet werden.

Diskussion: Während international die umfassende Nutzung von Sekundärdaten in Kohortenstudien etabliert ist, wird diese Methode in Deutschland bislang selten eingesetzt. Dies liegt zum einen an der Komplexität des deutschen Krankenversicherungssystems mit derzeit 113 GKVen und 46 PKVen. Für eine Datennutzung sind zudem Kooperationsverträge mit jeder einzelnen Institution zu schließen. Zum anderen bedingen hohe sozial- und datenschutzrechtliche Anforderungen einen hohen administrativen und technischen Mehraufwand, der sich in umfangreichen Datenschutzkonzepten sowie darauf aufbauenden Datenübermittlungsverfahren niederschlägt.

Praktische Implikationen: Eine Nutzung der Daten vereinzelter Dateneigner kann zu Verzerrungen von sowohl regionalen als auch überregionalen Analyseergebnissen führen. Der erwartete inhaltliche Zugewinn für die Forschung rechtfertigt daher den Aufwand bei der vollständigen Erschließung. Für den Bereich der Arzneimittelverordnungen sowie in Teilen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung helfen die kassenübergreifenden Daten des Zi diese Verzerrungen zu minimieren. Mit der umfassenden Nutzung von Sekundärdaten schließt die NAKO an internationales Niveau an.