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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

Welche strukturellen und kontextuellen Einflussfaktoren determinieren das ambulante Operieren im Krankenhaus?

Meeting Abstract

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  • Anna Maria Arntz - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Germany
  • Holger Pfaff - Humanwissenschaftliche Fakultät und Medizinische Fakultät der Universität zu Köln, Köln, Germany
  • Nadine Scholten - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV177

doi: 10.3205/17dkvf077, urn:nbn:de:0183-17dkvf0778

Veröffentlicht: 26. September 2017

© 2017 Arntz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Ambulant-operative Leistungen im Krankenhaus (§ 115b SGB V) und die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für ambulante Krankenhausleistungen haben in den vergangenen Jahren weiter zugenommen [1], [2]. Mit der Ambulantisierung ihrer Leistungen greifen Akutkrankenhäuser immer weiter in den ambulanten Sektor ein. Dies ist insbesondere in Gebieten mit geringem Urbanisierungsgrad relevant, um auch dort flächendeckend ambulante Versorgung anbieten zu können.

Fragestellung: Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche strukturellen und kontextuellen Merkmale, die über das Angebot ambulanter Operationen sektorenübergreifend agierenden Kliniken aufweisen und somit das ambulante Operieren determinieren.

Methode: Die Sekundärdatenanalyse erfolgt auf Basis der gesetzlich strukturieren Qualitätsberichte der Krankenhäuser aus dem Jahr 2014. Die Beobachtungseinheiten sind demnach alle deutschen Akutkrankenhäuser mit mindestens einer operativ tägigen Fachabteilung (n = 1414). Mittels einer logistischen Regression mit cluster-robusten Standardfehlern (geclustert nach Landkreisen) wird der Einfluss von Krankenhausstrukturdaten (Trägerschaft, Lehrstatus, Hausgröße) auf die Umsetzung des ambulanten Operierens untersucht. Des Weiteren werden Kontextvariablen des Krankenhausstandortes, wie der Urbanisierungsgrad, die Arzt-Einwohnerdichte des Kreises sowie ein Krankenhausstandort in Ost- oder Westdeutschland, in das Modell inkludiert.

Ergebnisse: Das ambulante Operieren ist in deutschen Akutkrankenhäusern bereits weit verbreitet. Über 85 % der Krankenhäuser bieten ambulante Operationen an. In der multivariaten Analyse zeigt sich, dass vor allem organisationsstrukturelle Merkmale das Angebot ambulanter Operationen determinieren. So sind es insbesondere mittelgroße und große Häuser, die im Vergleich zu kleinen Häusern ambulante Operationen anbieten. Neben großen Häusern werden vornehmlich in Kliniken mit öffentlicher und freigemeinnütziger Trägerschaft ambulante Operationsverfahren angeboten. Für den Lehrstatus des Krankenhauses konnte kein signifikanter Effekt nachgewiesen werden.

Bei den Kontextvariablen spielte der Urbanisierungsgrad des Krankenhausstandortes in der multivariaten Analyse keine Rolle für das Angebot ambulanter Operationsleistungen. Es macht jedoch einen Unterschied, ob Krankenhäuser in den alten oder neuen Bundesländern angesiedelt sind. Die Chance, mit der ein Krankenhaus aus den neuen Bundesländern ambulante Operationen anbietet, ist signifikant höher, als bei Kliniken in alten Bundesländern. Als weitere Variable wurde die Arzt-Einwohnerdichte des jeweiligen Landkreises in das Modell inkludiert. Diese ist zwar signifikant, zeigt jedoch, dass die Arztdichte keinen Prädiktor auf das Angebot ambulanter Operationen an den jeweiligen Krankenhäusern darstellt.

Diskussion: Die Analyse zeigt, dass besonders strukturelle Merkmale des Krankenhauses als Determinanten für das Angebot ambulanter Operationen dienen. Dabei sticht die Krankenhausgröße als Einflussfaktor hervor. Große Häuser bieten ihren PatientInnen demnach nicht nur Operationen mit kostenintensiven stationären Aufenthalten an, sondern auch ambulante Verfahren. Die Kontextebene des Krankenhauses spielt für das Krankenhausangebot an ambulanten Operationen eine untergeordnete Rolle. Erwähnenswert ist, dass die Arztdichte in dem Kreis des Krankenhauses keine Rolle spielt. Das Angebot ambulanter Operationen ist also nicht mit einer geringen Vertragsarztdichte in der Region zu erklären.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse zeigen, dass ein Großteil der Krankenhäuser bereits ambulante Operationsverfahren anbietet und Krankenhäuser somit in Konkurrenz zu niedergelassenen und ambulant operierenden Ärzten treten. Der regionale Bedarf an ambulanten Leistungen, bzw. die Notwendigkeit diese Leistungen aufgrund einer geringen Arztdichte anzubieten, spielt für Krankenhäuser nur eine untergeordnete Rolle. Aufgrund des hohen Anteils an Krankenhäusern mit ambulanten Operationsleistungen ergibt sich jedoch ein wenig differenziertes Bild. Die Ergebnisse bieten daher Raum für tiefergehende Analysen, wie den Blick auf Fachabteilungsebene und auch spezifische ambulante Operationsleistungen.


Literatur

1.
Bölt U. Statistische Krankenhausdaten: Grund- und Kostendaten der Krankenhäuser. In: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J, Hrsg. Krankenhaus-Report 2016. Schwerpunkt: Ambulant im Krankenhaus. Stuttgart: Schattauer; 2016. S. 307-342
2.
Friedrich J, Tillmanns H. Ambulantes Operieren im Krankenhaus. In: Klauber J, Geraedts M, Friedrich J, Wasem J, Hrsg. Krankenhaus-Report 2016. Schwerpunkt: Ambulant im Krankenhaus. Stuttgart: Schattauer; 2016. S. 127-148