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„Das bringt Salz in die Suppe“ – Entwicklung, Durchführung und Evaluation einer interprofessionellen Fortbildungsveranstaltung in der geriatrischen Rehabilitation
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Veröffentlicht: | 26. September 2017 |
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Hintergrund: Geriatrische Patienten sind durch ihr Alter, Komorbiditäten, Multimedikation und aktuelle oder drohende funktionelle Einschränkungen gekennzeichnet. In der geriatrischen Rehabilitation arbeiten verschiedene Berufsgruppen aus Medizin, Pflege und Therapie zusammen. Gemeinsames Ziel der Zusammenarbeit sollte die Förderung des Patienten zu Mobilität, Selbstständigkeit und Beschwerdemanagement sein. Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln spielen dabei eine wichtige Rolle. So können Schlafmittel mit einer langen Halbwertszeit zu einem Hangover-Effekt am Tage führen. Therapeutische Maßnahmen können nicht adäquat durchgeführt werden. Wünschenswert ist daher, dass alle Berufsgruppen, die am Patienten arbeiten, Informationen regelmäßig austauschen und Absprachen untereinander treffen und einhalten.
Fragestellung: Fördert eine interprofessionelle Fortbildung die Zusammenarbeit zum Thema Arzneimittelsicherheit zwischen ärztlichen, pflegerischen und therapeutischen Mitarbeitern einer stationären geriatrischen Rehabilitation?
Methode: Die interprofessionelle Fortbildungsreihe wurde für das medizinische, pflegerische und therapeutische Personal der geriatrischen Abteilungen (Bettenanzahl: 96) eines Krankenhauses der Grund- und Regelversorgung in Südniedersachsen durchgeführt. Inhalte für die Fortbildung wurden auf Grundlage von Ergebnissen eines explorativen Projektes zum Einsatz von Schlaf- und Beruhigungsmitteln, durchgeführt im selbigen Krankenhaus, entwickelt. Der Fokus lag auf Bedarfsmedikamenten, insbesondere Schlaf- und Schmerzmitteln. Geplant war, innerhalb eines Jahres an 4 bzw. 5 Tagen jeweils 3 Unterrichtseinheiten (3 x 45 Minuten) anzubieten und durchzuführen. Alle Mitarbeiter aus Therapie, Pflege und Medizin wurden eingeladen, an der Fortbildung teilzunehmen. Voraussetzung einer Teilnahme war die Anwesenheit an allen 4 Veranstaltungen. Die Fortbildung fand während der Arbeitszeit statt, Ärzte erhielten Fortbildungspunkte. Die Evaluation erfolgte quantitativ mittels standardisiertem Fragebogen, unmittelbar nach der letzten Veranstaltung und nach 3-4 Monate qualitativ durch offene Gespräche mit allen Teilnehmenden, den jeweiligen Stationsleitungen und dem Pflegedienstleiter. Ebenen der Evaluation waren Machbarkeit (Möglichkeit der Teilnahme aller Berufsgruppen), Akzeptanz (Übernahme der Funktion einer Multiplikatorenrolle) und Effektivität (verändererte Einschätzungen zur interprofessionellen Zusammenarbeit).
Ergebnisse: Nach intensivem Austausch mit den Hauptbeteiligten wurden innerhalb von drei Monaten vier Module mit je 2 Lehreinheiten (2x45 Minuten) geplant und durchgeführt. Aus allen relevanten Bereichen (Medizin, Pflege, Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie) kamen Teilnehmer, insgesamt 11Teilnehmer. Unmittelbar nach der Fortbildungseinheit bewerteten die Teilnehmer die Frage: „Ich habe durch Übungen gelernt, mich auf die Sichtweise der anderen Profession einzulassen“ auf einer 5-Punkt-Skala (von 1 „trifft zu“ bis 5 „trifft nicht zu“) mit 1.8; die Fragen: „Die bearbeiteten Inhalte der Fortbildung lassen sich gut auf mein Arbeitsalltag übertragen“ mit 1.6 und „Ich würde gern öfter in interprofessionellen Fortbildungen lernen“ mit 2.1. Während der qualitativen Befragung wurde gefragt, ob die Inhalte der Fortbildung Auswirkungen und Veränderungen auf den Stationsalltag mit sich gebracht haben. Teilnehmer aus Pflege und Therapie kamen zu dem Ergebnis, dass sich Ihr Bewusstsein im Umgang mit Schlafmitteln positiv verändert habe. Alternative Möglichkeiten werden vermehrt berücksichtigt und angeboten. Kommunikationstools zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit blieben bisher allerdings im praktischen Alltag unberücksichtigt. Die bereits vorhandenen Strukturen einer geriatrischen Rehabilitation (regelmäßige Fallbesprechungen, geriatrische Zirkel) wurden für eine interprofessionelle Zusammenarbeit als förderlich und unterstützend empfunden. Als Hindernisse für eine interprofessionelle Zusammenarbeit wurden benannt: Leistungsverdichtung und mangelnde Kontinuität bei den Ansprechpartnern – hervorgerufen durch unterschiedliche Anwesenheitszeiten der Berufsgruppen.
Diskussion: Die Evaluation zeigt, dass interprofessionelle Fortbildungen – wenn auch mit Einschränkungen in der praktischen Umsetzung – akzeptiert werden. Sollte eine bestimmte Thematik in der täglichen Routine implementiert werden, empfiehlt es sich, ein solches Ziel kontinuierlich zu thematisieren, beispielsweise durch Aufnahme in die jährlichen Qualitätsziele des Hauses und durch verschieden Fortbildungen.
Praktische Implikationen. Die einmalige Durchführung einer interprofessionellen Fortbildungsveranstaltung erscheint nicht ausreichend, um langfristig die Zusammenarbeit in den Berufsgruppen Pflege, Medizin und Therapie effektiv zu fördern und zu stärken.