gms | German Medical Science

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Unterstützung der Kodierung von Diagnosen mit der ICD-10-GM: Abdeckung der vertragsärztlichen Versorgung durch die Thesauren des Zi

Meeting Abstract

  • Jürgen Stausberg - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Rolf Bartkowski - Deutsche Gesellschaft für Chirurgie, Berlin, Deutschland
  • Rita Engelhardt - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Ina Fischer - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Nicole Gillwaldt - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Joachim Heuer - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Eleni Jelastopulu - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland
  • Ina Martini - Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP052

doi: 10.3205/16dkvf262, urn:nbn:de:0183-16dkvf2624

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Stausberg et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Vertragsärzte wurden vom Gesetzgeber im Jahre 2000 zur Kodierung von Diagnosen nach der ICD-10-GM verpflichtet. Neben der Übermittlung von Diagnosen im Rahmen der Abrechnung mit den Krankenkassen werden die Daten für die Berechnung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs eingesetzt und fließen in das Informationssystem Versorgungsdaten beim DIMDI ein. Die Qualität der kodierten Diagnosen ist daher für die Gestaltung des Gesundheitssystems in Deutschland von hoher Bedeutung.

Fragestellung: Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Zi) hat den Auftrag, die Vertragsärzte bei der Kodierung von Diagnosen zu unterstützen. Zum einen wurde hierzu eine Wissensbasis mit Kriterien und Hinweisen zu Einträgen der ICD-10-GM aufgebaut („Kodierhilfe“). Zum anderen pflegt das Zi Material zur Kodierunterstützung in Form von Manualen und Thesauren. Die Thesauren fassen die für ein Fachgebiet besonders relevanten Kodes der ICD-10-GM unter Einführung von im Alltag gebräuchlichen Bezeichnungen zusammen. Die Thesauren werden in gedruckter Form von den KVen ausgeliefert und stehen als PDF-Dokument zum Download zur Verfügung. Daneben sind die Thesauren in verschiedene Anwendungen integriert. Untersucht wurde, in wie weit die Thesauren den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung in seiner Struktur und bei den Behandlungsanlässen abdecken.

Methode: Die strukturelle Abdeckung wurde über einen Vergleich mit den Ärzten nach Arztgruppen ermittelt. Quelle waren die in den Gesundheitsdaten der KBV aufbereiteten Angaben aus dem Bundesarztregister mit Stand vom 31.08.2015. Die Behandlungsanlässe wurden den mit der ICD-10-GM kodierten Diagnosen aus dem ADT-Panel mit Fällen aus dem I. Quartal 2015 entnommen. Das ADT-Panel besteht aus einer geschichteten Zufallsstichprobe von Praxen aus den Regionen Nordrhein und Brandenburg. Herangezogen wurden die Thesauren in der Druckversion mit dem Stand 2016. Ein Mapping von Kodes zwischen den Versionen 2015 (ADT-Panel) und 2016 (Thesauren) der ICD-10-GM erfolgte nicht. Geprüft wurde zum einen der Umfang, in dem die häufigsten Kodes des ADT-Panels in den Thesauren aufgenommen sind, zum anderen der Anteil der Kodes in den Thesauren an den Diagnosen des ADT-Panel.

Ergebnisse: In den Gesundheitsdaten der KBV sind 18 Arztgruppen mit insgesamt 164.947 Ärzten/Psychotherapeuten aufgeführt. Die 14 Thesauren des Zi decken davon folgende Arztgruppen ab (absteigend nach Anzahl): Hausärzte, psycholog. Psychotherapeuten, Frauenärzte, (Fach-) Internisten, Kinderärzte, Orthopäden, Chirurgen, Augenärzte, ärztl. Psychotherapeuten, Nervenärzte, HNO-Ärzte, Hautärzte, Urologen und Kind.-Jug.-Psychiater. Diese Arztgruppen umfassen 149.860 Ärzte/Psychotherapeuten (91 %). Für vier Arztgruppen stehen keine Thesauren zur Verfügung: gesonderte fachärztl. Versorgung/sonstige, Radiologen, Anästhesisten, MKG-Chirurgen. Zu 11 der 14 Thesauren besteht ein Korrelat mit den Arztgruppen des ADT-Panel. Unter den häufigsten Kodes des ADT-Panels, die 80 % der Diagnosen einer Arztgruppe abdecken, finden sich zwischen 62 % (Hausarzt) und 91 % (Ophthalmologie) in den Thesauren (Median 72 %). Die Kodes in den Thesauren decken zwischen 59 % (Chirurgie) und 90 % (Ophthalmologie) der Diagnosen des ADT-Panels ab (Median 72 %).

Diskussion: Mit seinen 14 Thesauren bietet das Zi ein Angebot für mehr als 90 % der Vertragsärzte. Unter den nicht berücksichtigten Arztgruppen finden sich mit der MKG-Chirurgie ein klar umgrenztes Gebiet sowie mit der Radiologie ein Bereich mit begrenzter Kodiernotwendigkeit. Somit lässt sich der Analyse vor allem die Anästhesiologie als mögliche Ergänzung entnehmen. Die Abdeckung von Kodes liegt mit einem Median von 72 % unter dem initial angestrebtem Niveau von 80 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass teilweise häufig verwendete unspezifische Kodes (Resteklassen) bewusst nicht in die Thesauren aufgenommen wurden, sondern stattdessen spezifischere Kodieralternativen. Gleiches gilt für typische Kodierfehler (z. B. die Unterscheidung zwischen erworbenen und angeborenen Erkrankungen). Zumindest für die Druckfassungen erscheint eine Erweiterung auf Grund des Umfanges auch problematisch. Von daher wurden einige Kodes nur in die elektronische Fassung aufgenommen. Aus methodischer Sicht lassen sich mit den vorgestellten Ergebnissen Befürchtungen widerlegen, dass der Einsatz von Thesauren zu einer unerwünschten Angleichung der Kodierung führt.

Praktische Implikationen: Die vom Zi zur Kodierunterstützung in der vertragsärztlichen Versorgung herausgegebenen Thesauren decken fast alle Arztgruppen ab. Um verändertes und zunehmend präziseres Kodierverhalten abzubilden bieten sich elektronische Medien an, z. B. indem ein schnelles Umschalten von den Thesauren auf den gesamten Inhalt der ICD-10-GM möglich ist. Bei der Nutzung von Diagnosedaten für die Versorgungsforschung sollten die Inhalte der Thesauren bekannt sein, um so Kodiereffekte nachvollziehen zu können.