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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Assoziation von Atopie und Hautkrebs – Ergebnisse dermatologischer Screenings in Betrieben

Meeting Abstract

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  • Ines Schäfer - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Deutschland
  • Nicole Zander - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Deutschland
  • Hagen Heigel - Heigel.com, Hanstedt, Deutschland
  • Matthias Augustin - Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE), Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen (IVDP), Hamburg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP050

doi: 10.3205/16dkvf260, urn:nbn:de:0183-16dkvf2602

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Schäfer et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Frage, ob Atopie einen protektiven oder einen Risikofaktor für Hautkrebs darstellt, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Der protektive Effekt wird dabei auf ein hyperreaktives Immunsystem zurückgeführt, während u.a. die Therapie atopischer Erkrankungen als Trigger für die Entstehung von Hauttumoren diskutiert wird.

Relevanz aus Sicht der Versorgungsforschung resultiert aus der hohen Prävalenz atopischer Erkrankungen und der zunehmenden Häufigkeit von Hautkrebs in einer alternden Bevölkerung sowie aus der Notwendigkeit, einen potentiellen Effekt der medikamentösen Therapie vom dem der Atopie selbst zu differenzieren.

Ziel der Studie ist die Analyse eines Zusammenhangs von atopischen Erkrankungen und der Verdachtsdiagnose Hautkrebs bzw. deren Vorstufen in einer nicht klinisch selektierten Population.

Methodik: Durchgeführt wurde eine Sekundärdatenanalyse mit im Querschnitt erhobenen Daten aus bundesweiten betrieblichen Hautscreenings der Jahre 2006-2014. Die Beschäftigten im Alter von 16-70 Jahren der > 500 teilnehmendem Betriebe verschiedener Branchen wurden im Rahmen der Screenings dermatologisch untersucht. Dabei wurden alle Hautbefunde sowie dermatologische Vorerkrankungen standardisiert und EDV-gestützt erfasst. Für die Analyse wurde Atopie definiert durch das im Screening erfasste Vorliegen oder der ärztlich diagnostizierten Vorerkrankung von Pollen-, Hausstaub- oder Tierhaarallergie, atopischem Ekzem oder allergischem Asthma. Die Analysen wurden alters- und geschlechtsstandardisiert zunächst bivariat, dann unter Berücksichtigung aller signifikanten Einflussfaktoren als logistische Regression durchgeführt.

Ergebnisse: Insgesamt standen die Daten von 90.265 Beschäftigen (Altersmittel 43 ± 11 Jahre; 58,5% männlich) zur Verfügung. Bei 29.501 Beschäftigten (32,7%) lag entsprechend der Definition eine atopische Disposition vor. 195 (0,2%) wiesen die Verdachtsdiagnose malignes Melanom (MM), 746 (0,9%) Basalzellkarzinom (BCC) und 1.880 (2,1%) aktinische Keratose (AK) auf. In den bivariaten Analysen zeigte sich für Atopie und AK sowie Atopie und BCC ein signifikant negativer Zusammenhang (chi2 p≤ 0,001). Ein heller Hauttyp war positiv sowohl mit Atopie (p≤ 0,05) als auch mit AK und BCC (jeweils p≤ 0,01) assoziiert. Im multivariaten Verfahren erwies sich Atopie als marginal protektiv für AK (OR 0,9) und MM (OR 0,8), jedoch war die Assoziation nicht signifikant. Für die Diagnose BCC jedoch blieb Atopie als signifikant protektiver Faktor bestehen (OR 0,8; 95%CI 0,70-0,9).

Diskussion und Fazit: Ein Zusammenhang zwischen Hautkrebs und atopischer Disposition ist hiermit erstmals für Deutschland an einer umfangreichen, populationsbezogenen Kohorte untersucht worden. Zu berücksichtigen ist, dass bei dieser Sekundärdatenanalyse ausschließlich klinisch und anamnestisch erhobene Diagnosen vorlagen, so dass ein „non-differential misclassification bias“ nicht auszuschließen ist. Darüber hinaus können in dieser querschnittlichen Analyse nur Assoziationen, jedoch keine Kausalität geprüft werden. Das Ergebnis eines diagnosespezifischen erniedrigten Hautkrebsrisikos für Atopiker ist aus internationalen Publikationen bekannt und für Deutschland durch weitere Studien zu prüfen.