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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Arbeitsbedingungen und Patienten- und Beschäftigten-bezogene Sicherheitskultur aus Sicht von ärztlichem und pflegerischem Personal – erste Ergebnisse der WorkSafeMed-Studie

Meeting Abstract

  • Anke Wagner - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Antje Hammer - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Patientensicherheit, Bonn, Deutschland
  • Heidrun Sturm - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Edwin Luntz - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Juliane Hardt - Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, Tübingen, Deutschland
  • Peter Martus - Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, Tübingen, Deutschland
  • Monika A. Rieger - Institut für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Versorgungsforschung, Tübingen, Deutschland
  • Tanja Manser - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Patientensicherheit, Bonn, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP121

doi: 10.3205/16dkvf258, urn:nbn:de:0183-16dkvf2584

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Wagner et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die vom BMBF geförderte Studie “WorkSafeMed” (Working conditions, safety culture and patient safety in hospitals: what predicts the safety of the medication process?) untersucht an zwei deutschen Universitätskliniken in einem multimethodischen Design u.a. den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und Patienten- bzw. Beschäftigten-bezogener Sicherheitskultur aus Sichtweise des pflegerischen und ärztlichen Personals. Eine Hypothese der Studie ist, dass positiv bewertete Arbeitsbedingungen mit einer positiven Sicherheitskultur und einer als hoch wahrgenommenen Patientensicherheit und arbeitsbezogenen Sicherheit der Beschäftigten einhergehen.

Fragestellung: Vorliegend werden folgende Fragestellungen untersucht:

  • Wie bewerten ärztliches und pflegerisches Personal ihre Arbeitsbedingungen?
  • Wie wird die Patienten- und Beschäftigten-bezogene Sicherheitskultur von den beiden Berufsgruppen eingeschätzt und bewertet?
  • Welche Ergebnisse zeigen sich im Vergleich zur Vorgängerstudie "ABSK" (Arbeitsschutz und -patientenbezogene Sicherheitskultur im Gesundheitsdienst, 2010-2013)?
  • Welche Ergebnisse zeigen sich im Vergleich mit weiteren Referenzdaten aus der COPSOQ-Datenbank?

Methode: Eine standardisierte Befragung des ärztlichen und pflegerischen Personals wurde im Jahr 2015 an zwei Universitätskliniken durchgeführt. Der eingesetzte Fragebogen beinhaltete Skalen zu psychosozialen Arbeitsbedingungen und Beanspruchungen einschließlich Arbeitszufriedenheit (COPSOQ), Skalen zu Patientensicherheit und Patientensicherheitskultur (HSOPS), Skalen zur transformationalen Führung (TLI) sowie selbst generierte Items zur wahrgenommenen Arbeitssicherheit und Arbeitssicherheitskultur. Des Weiteren wurden über zwei offene Fragen Anregungen zur Förderung von Patientensicherheit und Arbeitssicherheit gesammelt. Dieser Beitrag präsentiert erste deskriptive Ergebnisse der Studie für die mit IBM SPSS 23 Mittelwertsvergleiche und Chi2-Tests berechnet wurden.

Die Befragung wurde bei Pflegenden und Ärzten in insgesamt 37 bettenführenden Abteilungen (89 Stationen) der beiden Universitätskliniken durchgeführt (ohne Bereiche wie Funktionsabteilungen, OP-Bereiche, Intensivstationen). Insgesamt wurden 2.880 Fragebögen ausgegeben, es erfolgte eine einmalige schriftliche oder mündliche Erinnerung der Multiplikatoren vor Ort (z.B. über Assistentensprecher oder Stationsleitung).

Ergebnisse: Der Gesamtrücklauf lag bei 39,3% (n=1.132). An beiden Unikliniken beteiligten sich zusammengefasst 730 Pflegekräfte (Rücklauf: 40,7%) und 402 Ärztinnen und Ärzte (Rücklauf: 36,9%). Von den Befragten waren 67,9% Frauen und 27,3% Männer. Das Alter betrug im Durchschnitt bei den Pflegekräften 39,1 Jahre (Spanne: 19-64 Jahre) und bei den Ärztinnen und Ärzten 36,1 Jahre (Spanne: 25-65 Jahre). Die Pflegekräfte arbeiteten mit durchschnittlich 16,8 Jahren beinahe bereits doppelt so viele Jahre im Beruf wie die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte (9,0 Jahre). Bei einem ersten Vergleich der Mittelwerte zu psychosozialen Arbeitsbedingungen und Beanspruchungen (COPSOQ) mit der Vorgängerstudie „ABSK“ zeigte sich, dass die quantitativen Anforderungen im Durchschnitt aus Sicht der Berufsgruppen in den letzten Jahren tendenziell gestiegen sind (ABSK: 64,2/WorkSafeMed: 67,6). Auch scheint sich die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben (Work-Privacy-Conflict) aus Sicht beider Berufsgruppen verschlechtert zu haben (ABSK: 59/ WorkSafeMed 62,6). Auch zeigen die Ergebnisse aus der WorkSafeMed-Befragung im Vergleich mit den Referenzwerten aus der COPSOQ-Datenbank (2012) ein schlechteres Bild. Die Skalen zu Patientensicherheit und Patientensicherheitskultur (HSOPS), zur transformationalen Führung (TLI) sowie die Items zur wahrgenommenen Arbeitssicherheit und Arbeitssicherheitskultur werden gegenwärtig noch ausgewertet und analysiert.

Diskussion: Weiterführende statistische Analysen und vor allem berufsgruppenbezogene Vergleiche werden noch vorgenommen. Auch werden die Ergebnisse mit dem vorhandenen Forschungsstand diskutiert. Es ist davon auszugehen, dass die Analyse der beiden offenen Fragen weitere Hinweise auf Unterschiede zwischen den Berufsgruppen liefert und Anregungen zur Gestaltung von Patientensicherheit und Arbeitssicherheit gibt.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse der WorkSafeMed-Studie dienen auch der Ableitung von Best-Practice-Empfehlungen im Bereich Patientensicherheit und Arbeitssicherheit. Hierzu sollen im Projektverlauf die Ergebnisse mit Vertreterinnen und Vertretern der beiden Berufsgruppen diskutiert und Erfahrungen aus der Praxis gesammelt werden. Ziel ist es, langfristig zu einer verbesserten Patienten- und Beschäftigten-bezogene Sicherheitskultur im Krankenhaus beizutragen.

Förderung: Die Studie WorkSafeMed wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (FKZ 01GY1325A).