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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Erstellung einer gematchten Fall-Kontroll-Studie mit AOK-Daten im Rahmen der Evaluation der ambulanten geriatrischen Komplexbehandlung

Meeting Abstract

  • Carsten Oliver Schmidt - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine - SHIP, Greifswald, Deutschland
  • Christoph Wagner - AOK Nordost, Berlin, Deutschland
  • Carolin Zimak - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine - SHIP, Greifswald, Deutschland
  • Simone Kiel - Universitätsmedizin Greifswald, Abteilung für Allgemeinmedizin, Greifswald, Deutschland
  • Jean-François Chenot - Universitätsmedizin Greifswald, Abteilung für Allgemeinmedizin, Greifswald, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP118

doi: 10.3205/16dkvf255, urn:nbn:de:0183-16dkvf2556

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Schmidt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die ambulante geriatrische Komplexbehandlung (AGKB) ist ein Programm der AOK Nordost zur Integrierten Versorgung (gem. §140a SGB V) für Patienten mit geriatrietypischer Multimorbidität in der Region Mecklenburg-Vorpommern, um Hospitalisierungen, Stürze und Pflegebedürftigkeit zu vermeiden oder zu verzögern und die Alltagskompetenz zu erhalten. Ergebnisse aus der Versorgungsforschung zur Effektivität und Nachhaltigkeit dieser Versorgungsform liegen bislang nicht vor. Mit einem Propensity Score Matching unter Nutzung von Routinedaten der AOK Nordost sollen Effektivität und Nachhaltigkeit der AGKB evaluiert werden. Diese Methode erlaubt die bessere Beurteilung von Interventionseffekten der AGKB auf die Endpunkte Pflegestufe, Heimaufnahme, Krankenhausaufnahme und Kosten.

Fragestellung: Wie kann ein möglichst gutes Matching unter Verwendung von Propensity-Scores zwischen AGKB Teilnehmern und Kontrollen aus der Grundgesamtheit der AOK Nordost Versicherten erreicht werden?

Methoden: Für das Matching werden Routinedaten der AOK von AGKB Teilnehmern und Kontrollen genutzt, die danach ausgewählt sind, sowohl einen Einfluss auf die Teilnahme an der AGKB als auch auf die relevanten klinischen Endpunkte zu haben. Diese umfassen Versichertenstammdaten sowie Variablen zu Pflegeattributen, ambulante Leistungen und Diagnosen, Krankenhausfälle und -diagnosen, Arzneimittelverordnungen, Heil- und Hilfsmittelverschreibungen, sowie die Ausgaben in den genannten Leistungsbereichen. Um den Zusammenhang zwischen den Variablen schematisch darzustellen und die Modellbildung zu steuern, wurde ein DAG (Directed Acyclic Graph) gebildet. Die vier der AGKB-Versorgung vorausgegangenen Quartale bilden den Beobachtungszeitraum für die Zusammenstellung der Variablen, die in das Matching einbezogen werden.

Das Matching wird anschließend in drei Schritten realisiert, um einen validen Bezug der Kontrollen auf das Versorgungsquartal der jeweils gematchten AGKB Fälle zu gewährleisten. Im ersten Schritt findet anhand von Alter, Geschlecht, gruppierten Behandlungsindikationen, und ausgewählten Versorgungsparametern ein Prämatching mittels eines exakten Matchings statt mit >200 Kontrollen pro Fall. Im zweiten Schritt werden Propensity Scores mittels logistischer Regression, stratifiziert nach Geschlecht unter Nutzung des vollen Spektrums von Prädiktoren berechnet. Im dritten Schritt findet die eigentliche Zuweisung der Kontrollen im Verhältnis 1:3 statt, wobei neben dem Propensity Score auch das Behandlungsquartal und -Jahr sowie ausgewählte Variablen des Prämatchings verwendet werden.

Ergebnisse: 699 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 79 Jahren erhielten im Zeitraum 2009 bis 2013 an drei Standorten in Mecklenburg-Vorpommern eine ca. 20-tägige Leistung der AGKB. Zum Matching standen 251tsd Kontrollen der AOK Nordost zur Verfügung. Das Prämatching musste unter gezielter Variation der Prädiktoren iterativ durchgeführt, um eine geeignete Vorauswahl von Kontrollen zu finden. Einfacher gestaltet sich demgegenüber das Hauptmatching auf Basis des Propensity Scores, wodurch für Kernvariablen des Matchings eine gute Balance erreicht werden kann.

Diskussion: Um Routinedaten für ein Propensity Score Matching sinnvoll verfügbar zu machen, bedarf es umfassender Vorarbeiten an den Routinedaten, um sinnvolle Matchingergebnisse zu erzielen. Die Umsetzung eines geeigneten Verfahrens erweist sich als komplex, wenn auch zeitliche Bezüge zwischen Fällen und Kontrollen einer mehrjährig laufenden Intervention erhalten werden sollen.

Praktische Implikationen: Selbst bei Verfügbarkeit einer großen potentiellen Kontrollpopulation wie alle Versicherten der AOK Nordost in Mecklenburg-Vorpommern ab 65 Jahren ist die geeignete Zuweisung von Kontrollen ein komplexer Prozess.