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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Was darf eine raumbasierte Pflege-Unterstützung kosten? Ein angewandtes Discrete Choice Experiment (DCE) bei ambulanter Versorgung demenzkranker Menschen aus Nachfragersicht im Versorgungsmix

Meeting Abstract

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  • Jürgen Zerth - Wilhelm Löhe Hochschule für angewandte Wissenschaften, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Deutschland
  • Peter Jaensch - Wilhelm Löhe Hochschule für angewandte Wissenschaften, Forschungsinstitut IDC, Fürth, Deutschland
  • Christian Pfarr - Universität Bayreuth, Bayreuth, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP114

doi: 10.3205/16dkvf252, urn:nbn:de:0183-16dkvf2521

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Zerth et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Versorgung von Menschen mit Demenz im ambulanten Kontext erfolgt im Rahmen eines Betreuungsmix aus informeller und formeller Pflege. In der Diskussion um technische Assistenzlösungen für derartige Betreuungsszenarien sind bisher aber kaum tragfähige Geschäftsmodelle entstanden. Ein wichtiger Punkt für eine nutzenzentrierte Innovationsbetrachtung ist die trennscharfe Abgrenzung der relevanten Stakeholder innerhalb der Prozessbetrachtung. Ansätze aus der Akzeptanzforschung versuchen Nutzer-orientierte Entwicklungsarbeit zu formulieren, es gelingt aber nur sehr eingeschränkt die Opportunitätskosten potenzieller Nachfrager zu erfassen (Lilavanichakul & Boecker 2013). An dieser Stelle können Modelle der strukturierten Präferenzerhebung eine Alternative sein.

Fragestellung: Methoden der Technology-Acceptance-Ansätze (Venkatesh 2013) fokussieren auf Einstellungs- und Nutzungsabsicht und adressieren primär potenzielle Nutzer einer Produkt-Dienstleistungsidee. Die Kauf- und Nutzungsabsicht wird disaggregiert vornehmlich über psychologische Eigenschaften, etwa der wahrgenommenen Benutzbarkeit, zu erklären versucht. DCE als ökonomisches Modell verwendet hingegen Teilnutzenwerte für Eigenschaften von Produkt-Dienstleistungs-Kombinationen, messen dem Aspekt einer Technologieakzeptanz jedoch geringere Bedeutung zu. Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Untersuchung mit der Rückführung an ein nutzerzentriertes Entwicklungsmodell ermittelt werden, inwiefern ein raumgebundenes Produkt-Dienstleistungsversprechen potenziell informell Pflegenden in ihrer Nachfragerolle ein Entlastungsversprechen vermitteln kann. Die Grundeinstellung gegenüber einer solchen Produkt-Dienstleistungsidee ist durch die Akzeptanz- und Zahlungsbereitschaft implizit beeinflusst (vgl. Messerschmidt et. al. 2010).

Methode: Vor dem Hintergrund des nutzen- und nachfrageseitigen Entwicklungsprozesses wurde ein zweistufiges Befragungsdesign gewählt. Zunächst werden unter Einbeziehung allgemeiner Technikbereitschaft (Neyer, Felber & Gebhardt 2012) und der subjektiv empfundenen Belastungen informell Pflegender (Graessel, Berth, Lichte & Grau 2014) Kovariate für die grundsätzliche Nachfrage einer Basisvariante untersucht. (Dropoutanalyse und Gruppenvergleich in Stufe 1). Kontingentiert auf die positiven Antworten der ersten Stufe werden dann über ein Entscheidungsexperiment definierte Präferenzen für Produktausprägungen im Vergleich zur Basisvariante erhoben (Discrete Choice Experiment in Stufe 2). Über ORTHOPLAN wurden aus 1152 Kombinationsmöglichkeiten 16 ausgewählt, die pro Entscheidungssituation mit jeweils zwei Kombinationen und einer Opt-out-Variante zu acht Choice-Sets zusammengefasst wurden. Die Auswertung des DCE erfolgt über ein multinominales Logit-Modell, das den erwarteten Dienstleistungspreis als kontinuierliche Variable definiert und somit den relativen Wert der Dienstleistungsfunktionen (Approximation an eine Grenzrate der Substitution) im Vergleich zum Basisangebot angibt.

Erwartete Ergebnisse: Das zweistufige Verfahren soll einen Zusammenhang zwischen der grundsätzlichen Technikaufgeschlossenheit und der damit verknüpfen Präferenzoffenbarung zeigen und insbesondere über die Wahl der Probanden eine Unterscheidung zwischen Determinanten einer grundsätzlichen Ablehnung eines spezifischen Technikeinsatzes auf der ersten Stufe und der Ablehnung von Produkteigenschaften auf der zweiten Stufe herstellen.

Diskussion: Die Vorgehensweise verknüpft Techniken der Technologie-Akzeptanz-Methodik mit gesundheitsökonomischer Methodik und kann insbesondere Situationen adressieren, in denen die Rollen von Nutzer und Nachfrager getrennt sind. Eine personenbezogene Usability- und Nutzererhebung soll mit einer zeitlich nachgelagerten Nachfrageentscheidung, durch das DCE simuliert, diskutiert werden.

Praktische Implikationen: Das gewählte Vorgehen adressiert eine stakeholderbezogene Vorgehensweise in der Innovationsbegleitung und wissenschaftlichen Innovationsforschung gerade bei Produkt- Dienstleistungskombinationen, die im Gesundheits- und Pflegebereich kontinuierlich an Bedeutung gewinnen.

Contributed equally: J. Zerth, P. Jaensch