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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Nutzen und Wirksamkeit der interprofessionellen Praxis (IPP) – die Evidenzlage aufgrund einer Literaturreview

Meeting Abstract

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  • Beat Sottas - sottas formative works, Bourguillon, Schweiz
  • Stefan Kissmann - sottas formative works, Bourguillon, Schweiz

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP062

doi: 10.3205/16dkvf226, urn:nbn:de:0183-16dkvf2269

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Sottas et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die WHO postuliert seit den 1970er Jahren, dass verbesserte Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Fachpersonen mehr Wirksamkeit, mehr Patientensicherheit, mehr Effizienz sowie letztlich tiefere Kosten bedeutet. In der Diskussion über interprofessionelle Praxis (IPP) werden regelmäßig erhebliche Vorteile gegenüber traditionellen, monoprofessionell orientierten Modellen hervorgehoben. Entscheidungsträger in Gesundheitswirtschaft und Gesundheitspolitik stellen mit Nachdruck Fragen und Forderungen nach belastbaren Wirksamkeitsbelegen.

Fragestellung: Das Ziel der Arbeit war es, aus der vorhandenen Evidenz generelle Mehrwerte von IPP bezüglich Qualität, Effizienz, Wirksamkeit, Kosten/Wirtschaftlichkeit, Organisation etc. abzuleiten.

Methodik: In einer Datenbankrecherche wurden in verschiedenen Sprachen ca. 100‘000 Publikationen identifiziert, welche sich mit IPP beschäftigen. Aus diesen wurden ca. 2800 Publikationen vorausgewählt, welche Aussagen zu IPP im Allgemeinen versprachen. In mehreren Schritten wurden Studien selektiert, welche Aussagen zu allgemeinen Aspekten machen. Daraus wurden Einflüsse von IPP auf 10 gesundheitspolitisch und weilweise auch bildungspolitisch interessierende Aspekte ermittelt.

Ergebnisse: Um den Nutzen und die Wirksamkeit fassbar zu machen, wurde bei den 10 ausgewählten Aspekten geprüft, was die Forschung sagt (Güte der Evidenz: gut, eher gut, mittel, eher gering, gering). Danach wurden die Faktoren darauf hin bewertet, wie ihre Auswirkung auf Nutzen und Wirksamkeit ist (positiv, neutral/ambivalent, negativ oder allenfalls unklar). Die Ergebnisse wurden graphisch dargestellt und die Hauptaussagen verschriftlicht.

Diskussion und Schlussfolgerungen: Viele Fallstudien liefern spezifische Argumente zu Teilaspekten. Trotz einer hohen Zahl von Fallstudien sind allgemeine Aspekte selten untersucht. Den breiten Focus auf Nutzen und Wirksamkeit mit mehreren Kriterien konnten nur zwei Metaanalyse und ein Literaturreview abdecken. Besonders ergiebig waren die sehr komplexen Arbeiten von Hewitt et al. (2014, 2015a, 2015b, 2015c) mit 128 Fallbeispielen, Barrett et al. (2007) mit 206 Fallstudien und Lemieux-Charles/McGuire (2006) mit 33 Fallstudien liefern ebenfalls robuste Ergebnisse.

Hinsichtlich der Einflüsse von IPP zeigte sich, dass einzelne positive Aussagen über IPP substantiell unterfüttert werden können, während andere, nach bisherigen Forschungsstand, eher hypothetischen bzw. Einzelfallcharakter haben.

Praktische Implikationen:

1) Die Ergebnisse zeigen die Evidenzlage zu Fragestellungen auf, mit welchen Innovatoren im bei Reformen und Reorganisationen immer wieder konfrontiert werden. Gerade weil sie in der Sprache und Form eines policy papers verfasst sind, können sie in der gesundheitspolitischen und bildungspolitischen Diskussion als Wirkungsnachweis eingesetzt werden.

2) Sie zeigen, bei welchen Aspekten und Fragen der interprofessionellen Praxis eine hinreichend robuste Evidenz für strategische und operative Umstellungen in der Bildung und in der Praxis besteht.

3) Angesichts des Pochens auf Evidenz bei klinischen Interventionen und Krankenbehandlung wird mit dem Wirkungsnachweis eine Basis für evidenzgestützte Politik- und Organisationsentwicklung geliefert.

Der Beitrag resümiert Ergebnisse einer umfassenden Literaturübersicht, die in Form eines Expertenberichts im Auftrag des Schweizerischen Bundesamtes für Gesundheit erstellt worden ist [1].


Literatur

1.
Sottas B, Kissmann S. Nutzen und Wirksamkeit der interprofessionellen Praxis (IPP). Eine Übersichtsstudie zur Evidenzlage. Unveröffentlichter Expertenbericht. Bern: Bundesamt für Gesundheit; 2016.