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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Innovative E-Health-Ansätze für komorbide Depressionen in der somatischen Versorgung – Nutzungsakzeptanz des internetbasierten Selbstmanagementprogramms MoodGYM

Meeting Abstract

  • Margrit Löbner - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland
  • Janine Stein - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland
  • Theresia Rost - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland
  • Steffi G. Riedel-Heller - Universität Leipzig, Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP), Leipzig, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP153

doi: 10.3205/16dkvf213, urn:nbn:de:0183-16dkvf2138

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Löbner et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Internetbasierte kognitive Verhaltenstherapie stellt eine neue, innovative und wirksame Behandlungskomponente bei der Behandlung von depressiven Störungen dar. Das internetbasierte verhaltenstherapeutische Selbsthilfeprogramm MoodGYM gehört international zu den bereits sehr gut evaluierten Programmen in diesem Bereich. Bisher gibt es jedoch noch keine Untersuchungen dazu, ob der Einsatz solcher Programme auch für Personen mit chronischen somatischen Erkrankungen wie Übergewicht und Adipositas und komorbiden depressiven Störungen geeignet ist. Ziel der DFG-geförderten Pilotstudie ist die Untersuchung der Nutzungsakzeptanz bezüglich eines Einsatzes des internetbasierten Selbsthilfeprogramms MoodGYM bei komorbiden depressiven Störungen in der somatischen Versorgung am Beispiel von Patienten mit Übergewicht und Adipositas.

Fragestellung: (1) Wie ist die Nutzungsakzeptanz der Intervention aus der Perspektive von somatischen Patienten (am Beispiel von Patienten mit Adipositas) mit komorbiden depressiven Störungen? (2) Welche Faktoren sind mit der Nutzungsakzeptanz der Intervention aus der Perspektive von somatischen Patienten (am Beispiel von Patienten mit Adipositas) mit komorbiden depressiven Störungen assoziiert? (3) Welche Faktoren sind mit der Nutzungsakzeptanz der Intervention aus der Perspektive von Experten aus dem medizinischen Versorgungssystem assoziiert?

Methodik: Die Nutzungsakzeptanz soll sowohl aus der Sicht von Patienten als auch aus der Perspektive von Experten des medizinischen Versorgungssystems in Anlehnung an das 5-Phasen-Modell nach Rogers (2003) erfasst werden. Im Rahmen eines Mixed-Method-Ansatzes folgt das Projekt einem sequentiellen qualitativ-quantitativen Design in zwei Phasen: In der Projektphase I finden qualitative Untersuchungen statt: (A) qualitative Patienteninterviews sowie (B) eine Expertenfokusgruppe. In der Projektphase II schließt sich eine quantitative Untersuchung an: (C) Zugang zur Intervention und schriftliche Patientenbefragung zu zwei Messzeitpunkten (T0 - Prä: vor dem Zugang zu MoodGYM; T1 - Post: 3 Monate nach dem Zugang zu MoodGYM).

Ergebnisse: Projektphase I ist bereits abgeschlossen, es wurden n = 7 Patienten qualitativ befragt sowie eine Fokusgruppe mit n = 12 Experten durchgeführt. Die Ergebnisse aus den qualitativen Interviews mit den Patienten zeigen deren grundsätzliche Offenheit gegenüber einem internetbasierten Selbstmanagementprogramm wie MoodGYM. Neben einer örtlich und zeitlich unabhängigen Nutzung erhoffen sich die Patienten von dem Programm Anregungen zur Bewältigung des Alltags sowie eine Hilfestellung zur Veränderung von festgefahrenen Gedanken- und Verhaltensmustern. Aus der Fokusgruppe geht hervor, dass sich die Experten gegenüber einem internetbasierten Programm als zusätzlichen Baustein bei der Behandlung von Patienten aufgeschlossen zeigen. Neben zahlreichen Vorteilen (z. B. Flexibilität, Erhöhung der Motivation zur Behandlung, Anonymität) werden aber auch Nachteile (z. B. fehlender Ansprechpartner, Gefahr der Isolation) von den Experten gesehen. Projektphase II hat im Dezember 2015 begonnen und dauert an. Finale Ergebnisse werden für Sommer 2016 erwartet.

Diskussion und praktische Implikationen: Die in der Pilotstudie gewonnenen Ergebnisse bilden die Grundlage für eine weiterführende DFG-Vollstudie. Die ersten Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Einsatz von MoodGYM in der somatischen Versorgung positiv bewertet wird. Die Vorteile, die internetbasierte kognitive Verhaltensprogramme wie MoodGYM bieten, wie ein örtlich und zeitlich flexibler Einsatz, eine breite Verfügbarkeit, die Gewährung von Anonymität und eine geringere Stigmatisierungsgefahr, könnten insbesondere im Bereich somatischer Erkrankungen wie Übergewicht und Adipositas – auch vor dem Hintergrund langer Wartezeiten auf einen ambulanten Psychotherapieplatz sowie einer geringeren Versorgungsdichte im ländlichen Raum – einen wirksamen komplementären Behandlungsbaustein darstellen. Dieser könnte nicht nur positive Effekte hinsichtlich der depressiven Symptomatik mit sich bringen, sondern gleichzeitig bezüglich des Verlaufs und der Bewältigung der somatischen Erkrankung.