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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Instrument zur Messung der Lebensqualität von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen in der dezentralen Wohnform

Meeting Abstract

  • Anke Rahmel - Hochschule Aalen, Studienbereich Gesundheitsmanagement, Aalen, Deutschland
  • Tanja Monzheimer - Hochschule Aalen, Studienbereich Gesundheitsmanagement, Aalen, Deutschland
  • Jennifer Zawinul - Hochschule Aalen, Studienbereich Gesundheitsmanagement, Westhausen, Deutschland
  • Elaine Fischer - Hochschule Aalen, Studienbereich Gesundheitsmanagement, Schechingen, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP157

doi: 10.3205/16dkvf201, urn:nbn:de:0183-16dkvf2016

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Rahmel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mehr und mehr Menschen erkranken in ihrem Leben an einer psychischen Störung. Gerade diese Arten von Beeinträchtigungen schränken die Betroffenen in ihrer Lebensentfaltung ein und drängen sie an den Rand der Gesellschaft. Das Resultat ist eine drastische Einbuße ihrer Lebensqualität. Es stellt sich die Frage, was in der Versorgung getan werden kann, um die Lebensqualität psychisch Beeinträchtigter weiter zu verbessern.

Eine Möglichkeit zu Verbesserung der Lebensqualität stellt die Dezentralisierung der stationären Wohnangebote von psychiatrischen Kliniken dar. Zur Messung der Lebensqualität wurde hierzu ein Fragebogen als Instrument entwickelt. Dieser wurde bei einer Ersterhebung im Klinikum und bei einer Erst- bzw. Zweiterhebung in dezentralisierten Wohnangeboten eingesetzt.

Fragestellung: Verbessert sich die Lebensqualität psychisch Beeinträchtigter durch die Dezentralisierung? Kann anhand des Fragebogens diese Veränderung deutlich gemacht werden?

Methode: Um die Komplexität der Lebensqualität zu erfassen, wurde das Instrument Fragebogen zur Messung ausgewählt. Auf Wunsch des Klinikums wurden folgende Lebensbereiche in dem Fragebogen berücksichtigt: Wohnsituation, Familie, soziale Inklusion, Kontakte zu anderen, Freizeitaktivitäten, ökonomische Situation, Gesundheit und Sicherheit.

Es wurden Fragen des Berliner Lebensqualitätsprofils (BeLP) und zwei Domänen („soziale Inklusion“ und „soziale Beziehungen“) der Personal Outcome Scale (POS) miteinander kombiniert, um die oben genannten Bereiche abdecken zu können. Des Weiteren wurden beide Instrumente für den psychiatrischen Bereich entwickelt und erfolgreich erprobt.

Bei der Erstellung des Fragebogens wurde darauf geachtet, dass sowohl die Lebensbereiche an sich, als auch die darunter stehenden Fragen, vom Allgemeinen zum Spezifischen angeordnet sind. Ziel ist es langsam Vertrauen aufzubauen und den Befragten zu motivieren, auch die persönlichen Fragen zu beantworten. In Zusammenarbeit mit dem Klinikum wurden standortindividuelle Fragen mit offenen Antwortmöglichkeiten erarbeitet. Diese stellen den letzten Teil des Fragebogens dar.

Allen Befragten wurde eine Codierung zugewiesen, um bei Folgeerhebungen eine Veränderung der Lebensqualität feststellen zu können. Außerdem wurde den Klienten die Wahl gelassen, den Bogen selbst oder mit Hilfe eines Interviewers zu beantworten.

Anhand der Durchführung eines Pre-Tests vor der Ersterhebung im Klinikum, erwies sich der Fragebogen als geeignet. Im darauffolgenden Jahr wurde ein Pre-Interview vor der Erst- bzw. Zweiterhebung in dezentralisierten Wohnangeboten durchgeführt. Auf Basis dieses Interviews wurde ein Handbuch zur Befragung entwickelt, um die einheitliche Vorgehensweise zu gewährleisten (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Das Handbuch, als Instrument, enthält klare Anweisungen und Erklärungen zu jedem Item des Fragebogens. Dies stellt eine Hilfestellung für den Interviewer dar.

Auf Grundlage der Erfahrungen aus der Erstbefragung im Klinikum, wurden bei der Erst- bzw. Zweitbefragung in den dezentralisierten Wohnangeboten, die Antwortmöglichkeiten auf große Karten gedruckt und den Befragten beim Interview vorgelegt. Zusätzlich wurden bei Fragen aus dem BeLP den Antwortkategorien Smileys zugeordnet. Dieses Hilfsinstrument hat sich bewährt.

Bei der Auswertung der Befragungen wurde darauf geachtet, dass die Teile aus POS und BeLP getrennt voneinander betrachtet werden, um die einzelnen Dimensionen bewerten zu können (Abbildung 2 [Abb. 2]).

Ergebnisse: Mit Hilfe des Fragebogens wurden bereits drei Ersterhebungen und eine Zweiterhebung erfolgreich durchgeführt. Bei dem Vergleich der Erst- und Zweiterhebung konnten Veränderungen bezüglich der Lebensqualität festgestellt werden (Abbildung 3 [Abb. 3], Abbildung 4 [Abb. 4]).

Diskussion: Die Befragung von psychisch Erkrankten stellt eine besondere Herausforderung dar. Dies wird u.a. durch mangelnde Konzentration, mangelnde Motivation, Verständnisproblemen und individuelle Tagesform begründet. Tendenzen zur Mitte, Ausfüllmuster und unvollständige Fragebögen sind die Folgen. Diese Auswirkungen wurden bei den Selbstausfüllern der Bögen deutlich. Durch die oben genannten Hilfsinstrumente, die beim Interview angewandt wurden, konnte dem negativen Effekt entgegengewirkt werden.

Infolgedessen hat sich der Fragebogen mit seinen Hilfsinstrumenten für psychisch Erkrankte mit ihren besonderen Bedürfnissen in Form des Interviews bewährt.

Der Fragebogen stößt jedoch bei einer Befragung mit hoher Teilnehmerzahl an seine Grenzen, da die Interviews der Klienten mit einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden sind.

Praktische Implikationen: Dieses Projekt wurde wie oben aufgeführt erfolgreich in die Praxis umgesetzt. Im Weiteren sind Folgeerhebungen in größeren Zeitabschnitten, sowie Erhebungen an anderen dezentralen Standorten geplant.

Contributed equally: T. Monzheimer, J. Zawinul, E. Fischer