gms | German Medical Science

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Erfassung der Lebensqualität bei Hodentumorpatienten im klinischen Stadium I: Erste Ergebnisse einer multizentrischen Pilotstudie

Meeting Abstract

  • Kristin Zimmermann - Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Klinik für Urologie, Koblenz, Deutschland
  • Karolina Müller - Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg, Deutschland
  • Michael Koller - Universitätsklinikum Regensburg, Zentrum für Klinische Studien (ZKS), Regensburg, Deutschland
  • Axel Heidenreich - Universitätsklinikum Köln, Klinik für Urologie, Köln, Deutschland
  • Hans-Ulrich Schmelz - Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Klinik für Urologie, Koblenz, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP155

doi: 10.3205/16dkvf199, urn:nbn:de:0183-16dkvf1994

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Zimmermann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Der Hodentumor ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen des jungen Mannes und kann dank der Fortschritte in der multimodalen Krebstherapie in der Mehrzahl der Fälle geheilt werden. Gemäß nationaler und internationaler Leitlinien stehen dem Hodentumorpatienten im klinischen Stadium I verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung, die gleichwertig gute Überlebensprognosen erwarten lassen. Mit einer 5-Jahres Überlebensrate von bis zu 96% ist die Überlebensrate so hoch wie bei kaum einer anderen malignen Tumorerkrankung, sodass die Lebensqualität als Zielgröße und Maßstab für die Therapieplanung immer mehr in den Vordergrund gerückt wird. Die multizentrische, bundesweite Pilotstudie soll Daten zur Lebensqualität von Hodentumorpatienten im klinischen Stadium 1 liefern.

Fragestellung: Fragestellung des großen multizentrischen Projekts ist, inwiefern die Therapieart die Lebensqualität im Verlauf der Therapie beeinflusst und/oder beeinträchtigt. Lassen sich demographische oder sozioökonomische Variablen identifizieren, die mit einer potentiell schlechteren Lebensqualität einhergehen? Diese Pilotstudie hatte zum Ziel, die Compliance der Patienten zu untersuchen und erste Ergebnisse zur Entwicklung der Lebensqualität in den ersten Monaten nach Diagnosestellung zu liefern.

Methodik: Die Datenerfassung umfasst neben den Patientenstammdaten, Daten bezüglich des sozialen Umfelds, des Bildungsniveaus, des gesundheitlichen Zustands sowie tumorspezifische Daten. Zudem werden die Lebensqualitätsfragebögen QLQ-C30 und QLQ- TC26 für eine Laufzeit von 3 Jahren erhoben. Die Auswertung liefert erste Ergebnisse zu folgenden Lebensqualitätsbereichen (Range = 0 bis 100, höhere Werte repräsentieren bessere Funktion): emotionales - (EF) und soziales Funktionieren (SF), globale Lebensqualität (QL) sowie sexuelle Aktivität (SA).

Ergebnisse: Patienten: Bisher wurden 38 Patienten in die Studie eingeschlossen, deren mittleres Alter 36 Jahre (sd = 9,72, Range = 18 bis 57) beträgt. Von den Patienten befinden sich n = 18 (47,4%) in psychoonkologischer Betreuung. Von den Patienten mit bestätigter und dokumentierter Diagnose weisen 19 (50,0%) histologisch ein Seminom und 12 Patienten (31,6%) einen Nicht-Seminomatösen Keimzelltumor. Beim Großteil der Seminompatienten, n = 15, handelt es sich um pT1 Tumore, die auf Hoden und Nebenhoden begrenzt sind, ohne Blut- und Lymphgefäßinvasion. Bei drei der Seminompatienten (n = 3) infiltriert der Tumor die Blut- und Lymphgefäße (pT2), bei einem Patienten fehlen die Angaben zur Tumorinvasion.

In der Gruppe der Patienten mit einem Nichtseminomatösen Keimzelltumor zeigen sich n = 6 mit einem Tumor begrenzt auf Hoden und Nebenhoden ohne Blut- und Lymphgefäßinvasion (pT1), n = 4 mit einem lokal begrenzten Tumor mit Blut- und Lymphgefäßinvasion (pT2) und n = 2 mit einem den Samenstrang infiltrierenden Tumor (pT3). Somit ergeben sich 6 Patienten in der Low risk Gruppe und 6 Patienten in der High –risk Gruppe. Bei den Patienten mit Nichtseminomatösem Keimzelltumor wurden in 5 Fällen die Option der Active Surveillance gewählt und 8 bekamen eine adjuvante Chemotherapie mit 1 Zyklus PEB. Bei den Patienten mit einem Seminom wurden in 13 Fällen die Option Active Surveillance gewählt und 6 bekamen eine adjuvante Chemotherapie mit einem Zyklus Carboplatin Mono AUC 7.

Veränderung ausgewählter Lebensqualitätsqualitätsbereiche: Tabelle 1 [Tab. 1].

Diskussion: Patienten, die in die Studie einwilligen, sind sehr compliant und dem Projekt gegenüber aufgeschlossen. Die ersten Daten lassen deutliche Lebensqualitätsdefizite zu Beginn der Therapie erkennen, die sich über den Zeitraum von einem halben Jahr deutlich verbessern. Weitere Analysen müssen Zusammenhänge mit Therapieoptionen, tumorspezifischen Daten sowie demografischen Faktoren untersuchen. Eine Herausforderung wird weiterhin bleiben, Schwerpunktkliniken zur kontinuierlichen Patientenrekrutierung zu motivieren und den stetigen Informationsaustausch trotz Klinikalltag zu gewährleisten.

Praktische Implikation: Da gerade bei diesem jungen Patientenklientel die Lebensqualität für einen Zeitraum von 30 Jahren und mehr aufrecht zu erhalten ist, muss der Anspruch des behandelnden Arztes sein, dem Patienten die Therapieform anbieten zu können, die bei gleichem Outcome, mit der höchsten Lebensqualität einhergeht. Die Ergebnisse der Studie könnten insbesondere die Therapieempfehlungen der aktuellen Leitlinien maßgeblich beeinflussen.