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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Warum funktioniert es (nicht)? Eine Bestandsaufnahme förderlicher und hinderlicher Faktoren für die Umsetzung von Behandlungsleitlinien

Meeting Abstract

  • Ulrich Siering - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Ressort Versorgung und Gesundheitsökonomie, Köln, Deutschland
  • Wiebke Hoffmann-Eßer - Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Ressort Versorgung und Gesundheitsökonomie, Köln, Deutschland
  • Stefanie Butz - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Cathleen Muche-Borowski - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Dagmar Lühmann - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP066

doi: 10.3205/16dkvf192, urn:nbn:de:0183-16dkvf1926

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Siering et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Evidenzbasierte Leitlinien sind ein Instrument für den Transfer komplexer Forschungsergebnisse in die klinische Praxis. Verschiedene förderliche und hinderliche Faktoren können jedoch den Umsetzungserfolg einer Leitlinie beeinflussen. Studien, die förderliche und hinderliche Faktoren bei der Implementierung von Behandlungsleitlinien untersuchen, wurden in zahlreichen systematischen Übersichten zusammengefasst.

Fragestellung: Welche förderlichen und hinderlichen Faktoren für die Umsetzung von Behandlungsleitlinien werden in systematischen Übersichten beschrieben?

Methode: Es wurde ein Overview (Review of Reviews) erstellt. In den Datenbanken MEDLINE und Embase sowie in den Datenbanken CDSR, DARE und HTA-Database erfolgte dazu eine systematische Suche nach systematischen Übersichten, die förderliche und hinderliche Faktoren für die Leitlinienimplementierung beschreiben. Eingeschlossen wurden ab 2002 publizierte systematische Übersichten, die jegliche Form der Deskription oder Klassifikation von förderlichen und hinderlichen Faktoren einschließlich modellhafter Darstellungen beinhalten.

Themenrelevanten Textpassagen aus den eingeschlossenen Übersichten wurden extrahiert. Anschließend wurden Ausprägungen förderlicher und hinderlicher Faktoren identifiziert, ähnliche Ausprägungen gruppiert und mit einer inhaltlichen Umschreibung (Paraphrase) versehen. Anschließend wurden diese Gruppierungen zu übergreifenden Themenblöcken (förderlichen bzw. hinderlichen Faktoren) zusammengefasst. Diese wurden dann den unterschiedlichen Ebenen des Implementierungsmodells von Titler und Everett zugeordnet. Dieses unterscheidet a) Leitlinieneigenschaften, b) die Art der Implementierung, c) die Kontextbedingungen der Leistungserbringung (Organisation) sowie das Wissen und Einstellungen der d) Leitlinienanwender und e) Patienten)

Ergebnisse: In den Overview wurden 13 zwischen 2007 und 2014 publizierte systematische Übersichten eingeschlossen. Diese beschreiben 28 für die Umsetzung von Behandlungsleitlinien förderliche und hinderliche Faktoren. Besonders häufig, das heißt in mindestens 7 der 13 eingeschlossenen systematischen Übersichten, werden die folgenden förderlichen und hinderlichen Faktoren genannt:

  • Leitlinieneigenschaften: lokale Anwendbarkeit der Leitlinie; Qualität und Stärke der Evidenz, die der Leitlinie zugrunde liegt
  • Organisation: vorhandene materielle, finanzielle und personelle Ressourcen; Informationsmanagement und Evaluation; hierarchisch administrative Unterstützung; Fortbildung und andere Unterstützung
  • Leitlinienanwender: Übereinstimmung mit Empfehlungen; Umsetzungsbereitschaft; Rolle der Arzt-Patient-Beziehung

Diskussion: Die identifizierten systematischen Übersichten beschreiben eine Vielzahl an Faktoren, die den Erfolg einer Leitlinienimplementierung beeinflussen. Es scheint naheliegend, dass eine Leitlinienimplementierung in einem spezifischen Versorgungskontext nur dann erfolgreich sein kann, wenn förderliche und hinderliche Faktoren zunächst erhoben und dann bei Auswahl der Implementierungsmaßnahmen berücksichtigt werden.

Praktische Implikationen: Vor der Implementierung von Leitlinien sollten förderliche und hinderliche Faktoren erhoben werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass förderliche und hinderliche Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen auftreten können.