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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Value Stream Mapping in Versorgungseinrichtungen – eine Option für Deutschland? – Systematischer Review

Meeting Abstract

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  • Marina Nowak - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Holger Pfaff - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Ute Karbach - Zentrum für Versorgungsforschung Köln, Köln, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP065

doi: 10.3205/16dkvf191, urn:nbn:de:0183-16dkvf1918

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Nowak et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Zur Erzielung von Qualitätsverbesserungen in Versorgungseinrichtungen wird eine Veränderung des Versorgungssystems benötigt, da sich Qualitätsdefizite meist auf Probleme im System beziehen. Erstrebenswert ist eine Reorganisation des Systems mit einer Patientenzentrierung ohne weitere finanzielle Investitionen [1]. Dies kann durch die Methode des Value Stream Mapping (VSM), einer Methode des Lean Management, geschehen. VSM fokussiert sich auf die Bedürfnisse des Kunden bzw. Patienten mit dem Ziel einer effizienten Gestaltung der Arbeitsprozesse durch eine Visualisierung, Quantifizierung und Verbesserung komplexer Arbeitsabläufe [2]. Ursprünglich aus der Automobilindustrie stammend (Womack & Jones, 2013) wird VSM in jüngster Zeit weltweit auch im Gesundheitswesen angewandt.

Fragestellung: Ziel der Studie ist es, den Stand zur Anwendung und Effektivität der Methode Value Stream Mapping in Versorgungseinrichtungen zu ermitteln [3]. Weiterhin soll beantwortet werden, ob bisher eine erfolgreiche Anwendbarkeit von VSM auf das deutsche Gesundheitssystem aufgezeigt werden kann.

Methode: Ein systematischer Review wurde mit Orientierung an das „Preferred Reporting Items for Systematic Reviews“ (PRISMA) Schema durchgeführt. Die Suchstrategie basiert auf der Forschungsfrage und wurde in verschiedenen Datenbanken angewendet um alle relevanten Studien in Deutsch und Englisch zu identifizieren. Der Screening Prozess wurde von zwei Reviewern unabhängig durchgeführt und Unstimmigkeiten durch Diskussion gelöst. Studien wurden inkludiert, wenn die Intervention einer bestimmen Schrittabfolge, beschrieben von Rother und Shook [4] und Jimmerson [2], nachging. Als erste Analyse wurde anhand dieser Studien ein Ländervergleich durchgeführt. Anschließend wurden die eingeschlossenen Studien für die zweite Analyse einer Qualitätsbewertung unterzogen. Für die Datensynthese wurden die Ergebnisse der verbleibenden Studien in Donabedians [5] Kategorien der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität geordnet. Eine Analyse der Effektivität wurde basierend auf diesen Kategorien durchgeführt.

Ergebnisse: 565 Artikel wurden in den Screening Prozess aufgenommen, 242 wurden durch das Titel Screening ausgeschlossen, 96 durch das Abstract Screening. Das Screening der Volltexte ergab für die erste Analyse ein Resultat von 24. Keine der inkludierten Studien wurde ich Deutschland durchgeführt. Der Großteil der Studien (45,83%) wurde in den USA durchgeführt, 12,5% in Kanada, 8,33% in Großbritannien und je 4,17% (je eine Studie) in Brasilien, China, Hong Kong, Indien, Irland, Schweden und Spanien.

Mithilfe der Qualitätsbewertung wurden für die zweite Analyse 11 Studien identifiziert, die für die Beantwortung der Wirksamkeit von VSM verwendet werden konnten. Die Ergebnisse zeigen Veränderungen der Prozessqualität über verschiedene Länder hinweg (USA, Indien, Irland, Kanada, Schweden). Ebenso wird die Ergebnisqualität, dargestellt durch eine Verringerung der Aufenthaltsdauer, in verschiedenen Ländern durch VSM erhöht. Eine Veränderung der Strukturqualität durch VSM ist nicht ersichtlich.

Diskussion: Die bisherigen Ergebnisse ermöglichen keine Aussage zur Anwendbarkeit von VSM in Versorgungseinrichtungen mit der vorausgesetzten Schrittabfolge in Deutschland. Die Studien wurden allerdings für Prozesse angewandt, die auch in der deutschen Gesundheitsversorgung stattfinden (z.B. Notfallaufnahme, Chirurgie oder Ambulanz), wodurch von einer Übertragbarkeit auf Deutschland ausgegangen werden kann. Dies gilt im Besonderen, da durch die Ergebnisse über die verschiedenen Länder hinweg eine Wirksamkeit von VSM auf die Ergebnis- und Prozessqualität aufgezeigt wird.

Praktische Implikationen: Die Ergebnisse der Studie sind für eine korrekte und beständige Einführung in das Versorgungssystem relevant. Sie erweitern den Kenntnisstand über die Anwendung von VSM in Versorgungseinrichtungen. Evaluationsstudien mit hoher methodologischer Qualität und einer Durchführung in Deutschland fehlen bisher und werden für eine Evidenzbasierung der Methode benötigt. Die Ergebnisse rechtfertigen allerdings eine Übertragbarkeit auf das deutsche Gesundheitssystem, wodurch die Studie eine erste Grundlage für eine Implementierung in Versorgungseinrichtungen darstellt.


Literatur

1.
Porter ME. Value-based health care delivery. Ann Surg. 2008 Oct;248(4):503-9. DOI: 10.1097/SLA.0b013e31818a43af Externer Link
2.
Jimmerson CL. Value stream mapping for healthcare made easy. Boca Raton: CRC Press; 2010.
3.
Nowak M, Karbach U, Pfaff H. Systematic Review of Value Stream Mapping in Care Facilities – an Evidence-Based Intervention of Organizational Development? Posterbeitrag anlässlich des AcademyHealth's 2016 ARM in Boston. 2016.
4.
Rother M, Shook J. Learning to see: value stream mapping to add value and eliminate muda. Cambridge: The Lean Enterprise Institute; 2003.
5.
Donabedian A. An introduction to quality assurance in health care. Oxford: University Press; 2002.