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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Erstellung von Patienteninformationen auf der Grundlage von Leitlinien – Wissen verfügbar machen

Meeting Abstract

  • Sabine Schwarz - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland
  • Svenja Siegert - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland
  • Lydia Bothe - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland
  • Markus Follmann - Office des Leitlinienprogramms Onkologie (OL), Berlin, Deutschland
  • Thomas Langer - Office des Leitlinienprogramms Onkologie (OL), Berlin, Deutschland
  • Monika Nothacker - AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi), Marburg, Deutschland
  • Ina Kopp - AWMF-Institut für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi), Marburg, Deutschland
  • Corinna Schaefer - Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP037

doi: 10.3205/16dkvf179, urn:nbn:de:0183-16dkvf1798

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Schwarz et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Leitlinien spielen bei der medizinischen Versorgung eine wichtige Rolle. Patientenleitlinien übersetzen die Handlungsempfehlungen einer Leitlinie in eine verständliche Sprache [1]. Dadurch werden Forschungsergebnisse zugänglich gemacht und Transparenz über empfohlenes medizinisches Handeln geschaffen. Voraussetzung ist jedoch, dass sie Anforderungen an verlässliche Patienteninformationen entsprechen, wie sie in der Guten Praxis Gesundheitsinformation (GPGI) [2] formuliert sind.

Fragestellung: Patientenleitlinien sind im Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) und im Leitlinienprogramm Onkologie (OL) obligat [1]. Der Beitrag skizziert das grundsätzliche Vorgehen sowie Qualitätssicherungsprozesse bei der Erstellung von Patientenversionen aus beiden Programmen. Er zeigt beispielhaft die Umsetzung der GPGI auf und legt Besonderheiten dar.

Methode: Eine Patientenleitlinie wird nach einem festen Ablaufplan entwickelt, der in einem Methodenpapier [1] festgehalten ist. Dort werden Aspekte der GPGI ausführlich adressiert. Als Quellen für eine Patientenleitlinie werden die zugrundeliegende Leitlinie und die darin enthaltenen Studien herangezogen. Eine systematische Literaturrecherche und -bewertung, wie von der GPGI gefordert, erfolgt schon bei der Leitlinienerstellung. Bei gesonderten Fragestellungen wird eine zusätzliche Recherche durchgeführt. Jede Patientenleitlinie ist inhaltlich an die Leitlinie gebunden, gibt diese aber nicht in voller Ausführlichkeit und im Original-Wortlaut wieder. Ein Schwerpunkt liegt auf der Übersetzung der Empfehlungen mit deren Rationale und Evidenzbasis in eine laienverständliche Sprache. Damit spricht die Patientenleitlinie Empfehlungen aus, was in den besonderen Charakteristika des Formats begründet liegt. Sie sind klar erkennbar und von anderen Inhalten getrennt. Es wird darauf verwiesen, dass im Einzelfall von Empfehlungen abgewichen werden muss. Nutzen und Schaden eines Verfahrens werden ausgewogen beschrieben. Sofern möglich, werden patientenrelevante Endpunkte und vergleichende Studien dargelegt. Die GPGI fordert, Informationsbedürfnisse zu identifizieren und die Texte dem Zielpublikum anzupassen. Um diesen Kriterien gerecht zu werden, werden Patientenvertreter in alle Erstellungsprozesse involviert. Sie werden nach einem transparenten Benennungsverfahren rekrutiert und sitzen neben ärztlichen Experten im Redaktionsgremium. Die Patientenbeteiligung erfolgt zudem über eine öffentliche Konsultation und einem speziellen Feedbackbogen. Das Redaktionsgremium diskutiert die Entwürfe und stimmt deren Inhalte ab. Wünschenswert wäre, mehr Patientenvertreter für die Mitarbeit und die breite Öffentlichkeit für die Beteiligung an den Konsultationen zu gewinnen. Für jede Patientenleitlinie wird ein eigener Report zum methodischen Vorgehen angefertigt und veröffentlicht. Dieser enthält Informationen zu Verfasser, Herausgeber, Zusammensetzung des Redaktionsteams, Interessenkonflikten, Finanzierung und allgemeiner Vorgehensweise.

Ergebnisse: Die Berücksichtigung der GPGI gewährleistet eine hohe Nutzerorientierung und eine patientengerechte Evidenzdarstellung. Bei der Erstellung kann es jedoch schwierig sein, die Balance zwischen Verständlichkeit und präziser Wiedergabe der fachlichen Inhalte und Studienergebnisse zu finden. Derzeit sind über 10 Patientenleitlinien aus dem NVL-Programm und über 20 Patientenleitlinien aus dem OL-Programm verfügbar. Rückmeldungen und Anfragen belegen eine hohe Akzeptanz und Interesse an den laienverständlichen Versionen [3].

Diskussion: Die Methodik zur Erstellung von Patientenleitlinien ist etabliert. Wenn die Texte nach Standards an evidenzbasierte Gesundheitsinformation erstellt werden, unterstützen sie das Gespräch zwischen Patient und Arzt, indem beide auf eine vergleichbare Wissensgrundlage zugreifen können. Außerdem können sie zur Implementierung der Leitlinie beitragen. Herausforderungen sind zukünftig die Aktualisierung von Patientenleitlinien und die Integration von Entscheidungshilfen.

Praktische Implikationen: Wünschenswert wäre, dass auch in anderen Leitlinienprojekten verständliche Patientenversionen erstellt werden. Das methodische Vorgehen aus dem NVL- und dem OL-Programm kann dafür als Grundlage dienen. Methodenpapiere und Manuale sind im Internet kostenlos abrufbar.


Literatur

1.
ÄZQ, Office des Leitlinienprogramms Onkologie, AWMF-IMWi. Erstellung von Patientenleitlinien zu S3-Leitlinien/NVL im Rahmen der Leitlinienprogramme. Beta-Version 2. 2016. Im Internet unter: http://www.patienten-information.de/patientenleitlinien Externer Link
2.
DNEbM. Gute Praxis Gesundheitsinformation. Ein Positionspapier des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin e.V. Version 2.0. Berlin: 2015. Im Internet unter: http://www.ebm-netzwerk.de/pdf/publikationen/gpgi2.pdf Externer Link
3.
Schaefer C, et al. Patientenleitlinien in der Onkologie: Zielsetzung, Vorgehen und erste Erfahrungen mit dem Format. Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2015;109:445-51.