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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Entwicklung einer app- und sensorbasierten assistiven Technologie für Angehörige von Menschen mit Demenz zum Umgang mit herausforderndem Verhalten – Projekt INSIDE-DEM

Meeting Abstract

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  • Sven Kernebeck - Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Standort Witten, Witten, Deutschland
  • Margareta Halek - Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE), Standort Witten, Witten, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP091

doi: 10.3205/16dkvf169, urn:nbn:de:0183-16dkvf1698

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Kernebeck et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Bis zu 90% der Menschen mit Demenz (MmD) entwickeln im Verlauf der Erkrankung herausfordernde Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Agitation oder Herumwandern. Diese Verhaltensweisen beeinträchtigen die Lebensqualität von MmD und tragen zu deren frühzeitiger Institutionalisierung bei. Ebenso sind sie eine der wesentlichen Ursachen für die Belastung der Betreuenden Angehörigen. Assistive Technologien können die Versorgung und den Verbleib von MmD in der Häuslichkeit unterstützen und einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität leisten. Die Unterstützung der Angehörigen beim Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen durch assistive Technologien ist derzeit weitestgehend unberücksichtigt.

Fragestellung und Projektziel: Individuelle und personalisierte Interventionen, die die Bedürfnisse der MmD adressieren, stellen eine wesentliche Voraussetzung dar, um mit den komplexen herausfordernden Verhaltensweisen umzugehen. Eine Grundlage um derartige Interventionen herzuleiten ist es, die Gründe die das herausfordernde Verhalten auslösen, zu Verstehen. Für professionell Pflegende steht zur Identifikation von Bedürfnissen als Ursachen dieser Verhaltensweisen, die sog. verstehende Diagnostik zur Verfügung. Ein analytischer Ansatz, wie die Verstehende Diagnostik , hilft dabei, potentielle Ursachen für die herausfordernden Verhaltensweisen zu identifizieren, indem ein strukturierter Diagnose- und Entscheidungsprozess in aufeinanderfolgenden Schritten, von der Erfassung des Verhaltens bis hin zum Monitoring von Interventionseffekten, durchlaufen wird. Eine vielversprechende Möglichkeit zur Vereinfachung und Modifizierung derartiger diagnostischer Verfahren, stellt die Entwicklung und Anwendung mobiler assistiver Technologien dar und die Integration komplexer Sensor/Aktor-Systeme. Kernanliegen des Gesamtprojektes ist es, dass komplexe Verfahren der verstehenden Diagnostik, mit Hilfe einer mobilen assistiven Technologie zu vereinfachen und anwenderfreundlich zu gestalten, dass es für pflegende Angehörige in der Häuslichkeit anwendbar wird.

Methode: Im Rahmen des Projektes INSIDE-DEM wird unter Partizipation der adressierten Nutzer, unter der Anwendung verschiedener Entwicklungsmethoden, ein Demonstrator einer assistiven Technologie entwickelt. Dieser Demonstrator wird unter Anwendung des Mixed- Method- Ansatzes hinsichtlich seiner Feasibility in der konkreten Anwendungssituation bei pflegenden Angehörigen innerhalb der Häuslichkeit evaluiert. Die assistive Technologie beinhaltet unter anderem ein sensorunterstütztes digitales Expertensystem zur Identifikation und zum Umgang mit herausforderndem Verhalten, welches mittels der „Knowledge Elicitation“ Methode entwickelt wird. Dieses Expertensystem soll mit einer App die Anwender durch Diagnose- und Entscheidungsprozesse befähigen, psychosoziale Interventionen zum Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen abzuleiten. Bei dem Einsatz dieser assistiven Technologien wird durch den im Projekt gewählten Ansatz ein neuer Anwendungsfall untersucht, der nicht nur die Unterstützung des Systemanwenders zum Ziel hat, sondern auch die indirekte Beeinflussung des Verhaltens von MmD. Die Basis für die Inhalte des Expertensystems zur zur Durchführung der verstehenden Diagnostik bei MmD stellt das sog. „Innovative demenzorientierte Assessmentsystem“ (IdA) dar, welches derzeit nur für Pflegende in der stationären Versorgung zur Verfügung steht. Neben der nutzerzentrierten Entwicklung der assistiven Technologie werden sowohl ethische als auch sozial-rechtliche Folgen bei dem Einsatz des Systems analysiert.

Erwartete Ergebnisse: Bei der Evaluation der assistiven Technologie wird erwartet, dass relevante Wirkungen der Technik identifiziert werden, die eine Weiterentwicklung des INSIDE-DEM Ansatzes ermöglichen. Diese Erkenntnisse können dazu dienen, Inhalte für die Konzeption zukünftiger Evaluationsstudien des Ansatzes zu identifizieren, wie z. B. von welchen Faktoren die Nutzerakzeptanz assistiver Technologien zum Umgang mit herausforderndem Verhalten anhängen und welche Effekte aus Perspektive der Nutzer und der MmD relevante Outcomeparameter angesehen werden. Aufgrund der noch begrenzter Erfahrungen und Erkenntnisse, sowohl bei der Entwicklung als auch bei dem Einsatz assistiver Technologien zum Umgang mit herausforderndem Verhalten, wird zudem erwartet, dass wichtige Erkenntnisse für die Konzeption zukünftiger Forschungsprojekte in diesem Bereich gewonnen werden können.