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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Die Versorgungsrealität von therapiebedürftigen Patienten mit Chronisch Lymphatischer Leukämie (CLL) in einer Schwerpunktpraxis für Hämatologie und Onkologie

Meeting Abstract

  • Rudolf Weide - Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Stefan Feiten - Institut für Versorgungsforschung in der Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Vera Friesenhahn - Institut für Versorgungsforschung in der Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Jochen Heymanns - Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Kristina Kleboth - Institut für Versorgungsforschung in der Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Jörg Thomalla - Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Christoph van Roye - Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie, Koblenz, Deutschland
  • Hubert Köppler - Praxisklinik für Hämatologie und Onkologie, Koblenz, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP112

doi: 10.3205/16dkvf149, urn:nbn:de:0183-16dkvf1498

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Weide et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Es ist bekannt, dass viele Patienten mit Chronisch Lymphatischer Leukämie (CLL) im Laufe ihrer Erkrankung keinerlei Therapie benötigen. Vor dem Hintergrund neuer Behandlungsstandards durch die Zulassung mehrerer neuer Wirkstoffe sollte im vorliegenden Projekt die Versorgungsrealität der prognostisch ungünstigeren Subgruppe therapiebedürftiger CLL-Patienten im Zeitraum 2009 - 2014 analysiert werden.

Fragestellung: Mit dieser Analyse sollten folgende Fragen zur ambulanten Routineversorgung von CLL-Patienten beantwortet werden:

1.
Wie werden CLL-Patienten diagnostiziert?
2.
Wie bzw. in welchen Sequenzen werden CLL-Patienten behandelt?
3.
Wie sind die Hospitalisierungs- und Überlebensraten?

Methode: Retrospektive Analyse aller CLL-Patienten, die zwischen 01/2009 und 12/2014 in einer Schwerpunktpraxis für Hämatologie und Onkologie behandelt wurden. Klinisch relevante Behandlungsdaten wurden aus den Patientenakten extrahiert und mit Hilfe von SPSS 19 und SURVSOFT analysiert.

Ergebnisse: 156 Patienten mit einem medianen Alter von 64 Jahren (36-85) bei Erstdiagnose wurden evaluiert. 39% waren weiblich, 61% männlich. Die Erstdiagnose erfolgte zumeist mit Hilfe von Blutuntersuchungen (Zytologie 78%, Immunphänotypisierung 73%), Knochenmarkbiopsien waren weniger häufig notwendig (Histologie 29%, Zytologie 27%, Immunphänotypisierung 19%). Im Laufe der Behandlung wurde zudem bei 63% der Patienten eine Chromosomenanalyse durchgeführt. Von diesen 99 Patienten wiesen 31% komplexe Aberrationen auf. Die Patienten erhielten im Median 2 (1 - 13) unterschiedliche Therapien, 24% waren (auch) innerhalb einer klinischen Studie behandelt worden. 90% erhielten eine Chemoimmunotherapie, 60% eine Chemotherapie, 18% eine alleinige Antikörpertherapie und 4% wurden mit einem Tyrosinkinasehemmer behandelt. 46% aller eingesetzten Therapieregime enthielten Rituximab, 37% Bendamustin, 15% Chlorambucil und 13% Fludarabin. 3% der Therapien bestanden aus Ibrutinib, 2% enthielten Ofatumumab und jeweils 1% Obinutuzumab oder Idelalisib. Mehr als die Hälfte der Patienten benötigte eine Supportivtherapie mit Granulozyten-Kolonie-stimulierendem Faktor (G-CSF) (58%) oder einem leukozytendepletierten Erythrozyten-Konzentrat (56%), weitere 38% benötigten eine Immunglobulinsubstitution. 83% der Patienten waren im Laufe ihrer Erkrankung hospitalisiert worden, davon 12% aufgrund therapiebedingter Nebenwirkungen. Die kumulierte Dauer aller Hospitalisierungen betrug im Median 25,5 Tage (1 – 164). Ein Drittel der Patienten (33%) verstarb im Beobachtungszeitraum, davon mehr als die Hälfte (53%) an der Grunderkrankung CLL. Das krankheitsspezifische Überleben ab Erstdiagnose betrug im Median 23,4 Jahre (0,7 - 41,8). Das mediane Überleben ab Therapiebeginn lag bei 11,8 Jahren (0,6 - 23,4).

Diskussion: Auf eine Knochenmarkbiopsie wird im Diagnostikprozess zumeist verzichtet. Im Laufe der Erkrankung gewinnt dagegen die Immunphänotypisierung und die Chromosomenanalyse an Bedeutung, komplexe Aberrationen werden bei einem relevanten Anteil der Patienten entdeckt. Die CLL-Therapie besteht in erster Linie aus Chemoimmuno- und Chemotherapien. Die in jüngster Vergangenheit zugelassenen Antikörper Ofatumumab und Obinutuzumab und die Tyrosinkinaseinhibitoren Ibrutinib und Idelalisib werden bei einem kleinen Teil der Patienten bereits eingesetzt. Das krankheitsspezifische Überleben ab Erstdiagnose beträgt im Median 23,4 Jahre, das mediane Überleben ab Therapiebeginn 11,8 Jahre. Dennoch versterben mehr als die Hälfte der therapiebedürftigen Patienten an ihrer CLL.

Praktische Implikationen: Für behandlungsbedürftige CLL-Patienten stehen effektive Behandlungsansätze zur Verfügung, die um einige neu zugelassene Wirkstoffe bereichert wurden. In der Versorgungsrealität einer Schwerpunktpraxis für Hämatologie und Onkologie werden alle modernen Therapien eingesetzt, was häufig zu einer guten Krankheitskontrolle führt und den Patienten ein symptomarmes Leben mit einer chronischen Krebserkrankung ermöglicht.