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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Umsetzung von Delegationskonzepten – so klappt es in der Hausarztpraxis!

Meeting Abstract

  • Karola Mergenthal - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Martin Beyer - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Ferdinand M. Gerlach - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt am Main, Deutschland
  • Corina Güthlin - Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP108

doi: 10.3205/16dkvf145, urn:nbn:de:0183-16dkvf1453

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Mergenthal et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In den letzten Jahren wurden verschiedene Qualifikationsmodelle für Medizinische Fachangestellte (MFA) bzw. für Hausarztpraxen konzipiert und auch bereits umgesetzt. In einigen Bundesländern, wie z.B. Baden-Württemberg mit >2400 Versorgungsassistentinnen in der Hausarztpraxis (VERAH) besteht schon seit 2008 eine finanzielle Förderung im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung (HzV). Ein anderes Konzept sieht vor, dass Tätigkeiten durch Nichtärztliche Praxisassistentinnen (NäPa) in der Regelversorgung (seit 01.01.2015) mit einer Vorhaltepauschale finanziell honoriert werden. Insgesamt ist in Deutschland zu beobachten, dass sowohl das VERAH-Konzept wie auch andere Konzepte, die Delegation spezifischer Leistungen an MFA umfassen, weite Verbreitung finden. Mit einem qualitativen Forschungsansatz befragten wir etablierte VERAH und Ärzte im Rahmen des „Projektes zur Evaluation der HzV Baden-Württemberg nach § 73b SGB V“, um aus deren Erfahrungen Empfehlungen zu konzipieren.

Fragestellung: Welche praxisrelevanten Faktoren fördern bzw. hemmen die Umsetzung eines Delegationskonzeptes?

Methode: Mit telefonischen leitfadengestützten Interviews wurden VERAH und Hausärzte befragt. Der Interviewleitfaden entstand auf Basis früherer Evaluationsergebnisse. Die Auswertung der transkribierten Interviews folgte der Methode der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz mit dem Auswertungsprogramm MAXQDA11.

Ergebnisse: Interviews wurden im März 2015 mit 26 VERAH (Dauer Ø 27 Minuten) und 11 Hausärzten (Dauer Ø 16 Minuten) durchgeführt. Als Einflussfaktoren auf Praxisebene wurden rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen genannt; die rechtlichen Vorgaben zur Delegation wurden als zu unklar und unspezifisch empfunden, was zu Unsicherheiten führte. Eine finanzielle Honorierung ist nach Aussage der Hausärzte unabdingbar, um z.B. die Betreuung von Hausbesuchspatienten zu delegieren.

Innerhalb des Praxisteams wurden die personelle Ausstattung und die der VERAH zur Verfügung stehende Zeit als relevant berichtet. Waren die personellen und zeitlichen Voraussetzungen ausreichend vorhanden, war dies förderlich; fehlten sie, hemmte dies die Implementierung.

Förderlich war, wenn die Implementierung vom gesamten Praxisteam getragen wurde, es dadurch zu einer klaren Rollenzuteilung der Mitarbeiter kam und im Idealfall die Verantwortung durch das gesamte Team getragen wurde. Weiterhin wurde es als förderlich beschrieben, wenn die Delegationstätigkeiten einem strukturierten Vorgehen folgten.

Diskussion: Ein Großteil der Faktoren, die eine Implementierung von Delegationskonzepten fördern, kann durch das Praxisteam selbst beeinflusst werden, z.B. die Verteilung von Verantwortlichkeiten, aber auch die zeitliche Flexibilität für MFA mit delegierter Verantwortung, um neue Tätigkeiten übernehmen zu können.

Gelingt es den Praxen die Delegationskonzepte gut zu implementieren, profitieren die Ärzte, indem sie zeitlich entlastet werden und Zeit für wichtige medizinische Aufgaben gewinnen und das qualifizierte medizinische Personal erfährt eine Kompetenzsteigerung.

Praktische Implikation: Mit der Honorierung der Leistungen von NäPa/VERAH in Kollektiv- und Selektivverträgen ist ein erster Schritt getan, um die Leistungen von MFA mit geänderten Verantwortlichkeiten – auch finanziell – anzuerkennen. Bei der Planung zukünftiger innovativer Versorgungsmodelle muss die Rolle aller nichtärztlichen Praxismitarbeiter von Beginn an mit geplant werden; damit die positiven Effekte (z. B. mehr Zeit für ärztliches Personal am Patienten) zum Tragen kommen können.