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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Analyse der hausärztlichen Versorgungsstruktur im Ruhrgebiet – Zusammenhang zwischen patientenbezogener räumlicher Entfernung zum Hausarzt und sozialen Faktoren in der älteren Allgemeinbevölkerung

Meeting Abstract

  • Jonas Rolf Knittel - Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Robynne Sutcliffe - Zentrum für Urbane Epidemiologie,Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie,Universitätsklinikum Essen,Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Dany Armand Djeudeu Deudjui - Zentrum für Urbane Epidemiologie,Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie,Universitätsklinikum Essen,Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
  • Raimund Erbel - Westdeutsches Herzzentrum Essen, Klinik für Kardiologie, Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland
  • Karl-Heinz Jöckel - Institut für Medizinische Informatik, Biometrie & Epidemiologie Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland
  • Nico Dragano - Institut für Medizinische Soziologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich Heine Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • Susanne Moebus - Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP102

doi: 10.3205/16dkvf139, urn:nbn:de:0183-16dkvf1398

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Knittel et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung ist das erklärte Ziel des Gesetzgebers (§72 SGBV). Im Gegensatz zur hausärztlichen Versorgung im ländlichen Raum, wurde die Perspektive der Einwohner/innen in Städten selten explizit erforscht. Darüber hinaus gibt es keine differenzierte Aufschlüsselung der Patientengruppen nach sozialen Faktoren, die eine wohnortnahe hausärztliche Versorgung im urbanen Raum in Anspruch nehmen.

Fragestellung: Ziel dieser Arbeit ist die Analyse von Zusammenhängen zwischen den räumlichen Entfernungen der Studienteilnehmer/innen und ihren Hausärzten unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, individuellem und stadtteilbezogenem sozioökonomischen Status (SES).

Methoden: Daten von n=1.959 Probanden (55-85 Jahre, Männer 48%) aus der Dritterhebung der populationsbezogenen Heinz Nixdorf Recall Studie (Ruhrgebiet, 2010-2013) wurden eingeschlossen. Neben sozioökonomischen Faktoren (Probanden: Ausbildungsjahre, Stadtteil: Einwohnerdichte, Ausländeranteil), wurden die Hausarztadressen ermittelt. Die Entfernung zwischen den geocodierten Wohnorten der anonymisierten Probanden und der Hausärzte wurden mittels euklidischer Distanzen unter Verwendung eines Geoinformationssystem (ArcGIS) berechnet. Deskriptive Statistiken (Median, Q1, Q2) werden berichtet.

Ergebnisse: Im Median beträgt die Entfernung zum Hausarzt bei Männern 1,37km (Q1: 0,62km/Q3: 3,10km), bei Frauen 1,15km (0,59km/2,64km). Ein deutlicher Alterseffekt mit steigender Entfernung bei sinkendem Alter ist ebenso erkennbar, wie ein Zusammenhang des individuellen SES und der Hausarztentfernung, mit größten Entfernungen von 1,58km (0,71km/3,90km) in der Gruppe mit dem höchsten Ausbildungsstatus (≥18 Ausbildungsjahre) und geringsten Entfernungen von 0,98km (0,44km/2,25km) in der Gruppe mit niedrigstem Ausbildungsstatus (≤10 Jahre). Die Einwohnerdichte, Arbeitslosen- oder Migrantenanteil in einem Stadtviertel spiegeln diese Ergebnisse wider. So sind die Entfernungen etwas größer in der Probandengruppe, die im Stadtviertel mit einer Arbeitslosenquote unter 10% wohnen, als bei der Probandengruppe, in Stadtvierteln mit Arbeitslosenquoten zwischen 15% und 29% (1,40km resp. 1,00km).

Diskussion/ praktische Implikationen: Die vom Gesetzgeber angestrebte wohnortnahe medizinische Versorgung wird überwiegend von Älteren in Anspruch genommen. Ein höherer sozialer Status ist dagegen mit einer größeren Entfernung zum Hausarzt verbunden. Dies könnte bedeuten, dass diese Gruppe bei der Arztwahl flexibler agiert und Entfernung kein wesentlicher Entscheidungsfaktor ist. Weitere Analysen sollen die Arztdichte in den Stadtteilen schätzen und diese mit der Hausarztwahl der Probanden verknüpfen.