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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Versorgungforschung im klinischen Alltag: Akzeptanz und Umsetzbarkeit der DACAPO-Studie in teilnehmenden Kliniken

Meeting Abstract

  • Sebastian Blecha - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik für Anästhesiologie, Regensburg, Deutschland
  • Susanne Brandstetter - Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin/ Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Frank Dodoo-Schittko - Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin/ Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Magdalena Brandl - Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin/ Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Philipp Seboek - Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin/ Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland
  • Kathrin Thomann-Hackner - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik für Anästhesiologie, Regensburg, Deutschland
  • Thomas Bein - Universitätsklinikum Regensburg, Klinik für Anästhesiologie, Regensburg, Deutschland
  • Christian Apfelbacher - Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin/ Medizinische Soziologie, Regensburg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP027

doi: 10.3205/16dkvf128, urn:nbn:de:0183-16dkvf1286

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Blecha et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Durchführung von Studien der Versorgungsforschung während der Routineversorgung auf Intensivstationen ist in Zeiten der Arbeitsverdichtung und Engpässen für Studienärzte oder (wenn vorhanden) study nurses belastend. Es gilt zwischen dem Aufwand für die beteiligten Kliniker und der Integrierbarkeit in den Alltag einerseits und den Anforderungen an eine wissenschaftlich hochwertige Studie andererseits abzuwägen.

Fragestellung: Wie werden verschiedene Aspekte einer multizentrischen Beobachtungsstudie aus Sicht der für die Rekrutierung und Datenerfassung verantwortlichen Personen hinsichtlich Verständlichkeit und Umsetzbarkeit im klinischen Alltag bewertet?

Methode: Im Rahmen einer laufenden nationalen Versorgungsforschungsstudie (DACAPO-Studie: „Gesundheitsbezogene Lebensqualität nach Überleben eines akuten Lungenversagens“) wurden alle Personen, die in 75 verschiedenen Kliniken an der Rekrutierung von Patienten und der Datenerhebung beteiligt waren, mithilfe eines Onlinefragebogens anonym befragt. Der Fragebogen umfasste insgesamt 42 Items. Es wurden Angaben zur Verständlichkeit von Einweisung und Schulung, zur Durchführbarkeit des Einwilligungsprozederes („informed consent“ durch die Angehörigen), zur Erhebung der klinischen Daten und der Eingabe in ein Online-Dokumentationssystem (OpenClinica®) sowie die allgemeine Einstellung zur Studie und deren klinischer und wissenschaftlicher Relevanz erfasst.

Ergebnisse: Der Online-Fragebogen wurde an 169 Personen verschickt. Insgesamt haben 78 Teilnehmer (46%) an der Umfrage teilgenommen, 75 Fragebögen konnten ausgewertet werden (44%). Die Teilnehmer der Studie waren zu 51% Fachärzte mit Leitungsfunktion, 24% study nurses und 19% Fachärzte. 85% der Befragten nahmen an der Einweisung durch einen Studienarzt des koordinierenden Regensburger Studienzentrums (KRS) teil. Der zeitliche Umfang für die Schulung wurde zu 95% als angemessen, die Präsentation zu über 93% als „gut/sehr gut verständlich“ eingestuft. Die Teilnehmer der Umfrage waren zu 72% mit der Einholung von Angehörigen-/Betreuer- bzw. Patienteneinwilligungen betraut. Die Befragten gaben an, dass 78% der Angehörigen und 89% der Patienten keine oder kaum Fragen zur Studienteilnahme hatten. Für die Einwilligung, Datenerhebung und -dokumentation pro Studienpatient benötigten 46% der Befragten 1-2 Stunden, 24% gaben einen Aufwand von 2-3 Stunden an. Dieser zeitliche Umfang wurde von 41% als Belastung angesehen. 72% der Befragten (n=54) registrierten selbständig Studiendaten im elektronischen Dokumentationssystem OpenClinica®, nur 44% bewerteten den Aufbau der elektronischen Case-Report-Forms (eCRFs) als logisch. Die Unterstützung durch das KRS wurde von über 90% der Befragten als "gut/sehr gut" eingestuft. 81% gaben an, die DACAPO-Studie für wissenschaftlich sehr relevant zu halten, aber nur 45% waren der Meinung, dass sich anhand der Studienergebnisse die Patientenversorgung entscheidend verbessern werde.

Diskussion: Die Onlinebefragung zeigt eine hohe Zufriedenheit mit der Vorstellung des Studiendesigns durch den einweisenden Studienarzt und mit dem Support durch das KRS. In über 70% wird die Rekrutierung und Datenerfassung durch Ärzte durchgeführt und häufig als zusätzliche zeitliche Belastung im klinischen Alltag angesehen. Möglicherweise könnte eine Vereinfachung der eCRFs zu einer Entlastung beitragen. Die Studie wird von über 80% der Befragten als klinisch relevant und mit einem hohen wissenschaftlichen Nutzen angesehen, aber nicht einmal die Hälfte erwartet eine entscheidende Verbesserung der Patientenversorgung.

Praktische Implikationen: Obwohl die DACAPO-Studie mit großem Dokumentationsaufwand in den beteiligten Zentren einhergeht, ist die Erhebung grundsätzlich machbar und wird akzeptiert. Allerdings besteht Optimierungsbedarf in Bezug auf den Umfang der Datenerhebung und die Anwendung des Dateneingabesystems. Darüber hinaus sind Strategien zur Vermittlung der unmittelbaren Bedeutung klinisch-wissenschaftler Erkenntnisse bedeutsam für die Motivation.