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Versorgungsqualität und -realität bei Kindern mit Behinderung und Hilfsmittelbedarf
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Veröffentlicht: | 28. September 2016 |
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Hintergrund: Die Versorgung von Kindern mit Behinderung (bspw. mit Rollstühlen) ist in der Rehabilitation ein Bereich, der ein hohes Maß an qualitätsgesicherter Zusammenarbeit aller am Prozess Beteiligten bedarf. Die besondere Herausforderung ist dabei, das Wachstum und die Entwicklungsschritte der Kinder im Versorgungsprozess zu berücksichtigen. Denn diese stellen besondere und sich verändernde Ansprüche an die jeweiligen Hilfsmittel. Es gibt Hinweise auf ein heterogenes Qualitätsbild der Versorgungspraxis in der Hilfsmittelversorgung von Kindern. Daher hat die Techniker Krankenkasse (TK) in 2012 das Instrument der internationalen Fördergemeinschaft rehaKIND e.V., den sogenannten Bedarfsermittlungsbogen (BEB), in ihren Versorgungsverträgen mit den Leistungserbringern eingeführt. Ziel des BEB ist es, den Versorgungsablauf und die Kommunikation zwischen den Beteiligten zu erleichtern und Transparenz zu schaffen. Um den Einsatz des BEB bei TK-versicherten Kindern zu evaluieren, wurden Experteninterviews durchgeführt (qualitative Studie), die Eltern betroffener Kinder zum Einsatz des BEB in der Versorgungspraxis befragt (quantitative Studie) sowie Routinedaten ausgewertet.
Fragestellung: Die vorliegende Analyse untersucht, welche Auswirkungen der Einsatz des BEB in Bezug auf die Leistungsausgaben von mit dem BEB-versorgten Kindern im Vergleich zu Kindern, die nicht mit dem BEB versorgt wurden, hat.
Methodik: Im Rahmen der Studie wurden Routinedaten der TK analysiert. Hierbei wurden Kinder mit Behinderung, bei denen die Behandlung mit dem BEB erfolgte, mit Kindern verglichen, bei denen der BEB nicht im Einsatz war. Die Identifikation erfolgte über entsprechende Leistungsverordnungen aus den Jahren 2012 bis 2014. Es wurden folgende Produktgruppen in der Analyse berücksichtigt: 18 (Kranken-/Behindertenfahrzeuge), 26 (Sitzhilfen), 19 (Krankenpflegeartikel), 20 (Lagerungshilfen), 4 (Badehilfen), 10 (Gehhilfen), 22 (Mobilitätshilfen), 33 (Toilettenhilfen), 28 (Stehhilfen). Mittels eines Propensity-Score-Matchings (PSM) wurden Paare von Fällen und Kontrollen gebildet. Dabei gingen neben soziodemographischen Faktoren auch die Ausgaben der Initialversorgung, die Produktgruppe sowie die Komorbidität in den 180 Tagen vor der Erstverordnung (Elixhauser Score) in die Analyse ein.
Auf Basis der Initialversorgung für die Analyse wurde die sektorale Leistungsinanspruchnahme der Versicherten für 360 Tage verfolgt und anhand von vier 90-Tages-Intervallen verglichen.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 3.564 Kinder in die Untersuchung einbezogen, von denen bei 286 der BEB abgerechnet wurde. Sowohl für die Ausgaben der initialen Hilfsmittelversorgung als auch für den Elixhauser Score findet sich ein signifikant positiver, jedoch abnehmender Effekt. Für ältere Kinder sinkt die Wahrscheinlichkeit der Abrechnung des BEB signifikant. Im Rahmen des PSM konnten 250 Paare gematcht werden. Beim Vergleich der Leistungsausgaben zwischen der Interventions- und Kontrollgruppe zeigen sich nur geringfügige Unterschiede in den Kosten. In allen vier Intervallen zeigen sich keine signifikanten Abweichungen in den Gesamtkosten zwischen den Gruppen. Lediglich in Bezug auf die Hilfsmittelausgaben finden sich Unterschiede. Auf Basis einzelner Produktgruppen konnte ein Vergleich aufgrund der geringen Besetzungszahl nur für die drei häufigsten Gruppen (18 (Kranken-/Behindertenfahrzeuge), 22 (Mobilitätshilfen), 26 (Sitzhilfen)) vorgenommen werden. Auch hierbei finden sich keine strukturellen Unterschiede.
Diskussion: Die Ergebnisse der Studie tragen dazu bei, Versorgungsabläufe zu optimieren und einen sinnvollen Ressourceneinsatz in der Kinderreha zu garantieren. Der BEB stellt nach wie vor das derzeit beste Dokumentationsverfahren in der Hilfsmittelversorgung von Kindern dar. Bei der Analyse der Routinedaten ergaben sich nur geringe Unterschiede im Zeitablauf hinsichtlich des Kostenvergleichs zwischen Interventions- und Kontrollgruppe. Die geringen Unterschiede in den Ergebnissen könnten zum Teil auf die eher geringe Fallzahl TK-versicherter Kinder, die in die Studie eingeschlossen werden konnten, zurückzuführen sein. Weiterhin ist der Nachverfolgungszeitraum mit 360 Tagen relativ kurz gewählt. Bestehende Unterschiede bspw. bei den Ausgaben für Hilfsmittel bedürfen einer vertieften Analyse.
Praktische Implikationen: Der Einsatz eines Instruments wie der BEB kann die Qualität von komplexen Versorgungsprozessen steigern. Er fördert die Kommunikation, erhöht die Transparenz und damit den sinnvollen und zielgerichteten Einsatz von Ressourcen. Das Instrument bietet die Grundlage für eine Weiterentwicklung und die Anwendung in unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens, bei denen viele verschiedene Akteure am Prozess beteiligt sind. Versorgungsprozesse können somit optimiert werden und erfolgreiche Instrumentarien weiterentwickelt und für andere Anwendungsfelder adaptiert werden.