gms | German Medical Science

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Zahnärztliche und zahntechnische Vergütung beim Zahnersatz – Empirische Schlaglichter aus einem europäischen Ländervergleich

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • David Klingenberger - Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), Projektleitung Gesundheitsökonomie, Köln, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP022

doi: 10.3205/16dkvf123, urn:nbn:de:0183-16dkvf1239

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Klingenberger.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Vergleicht man die Kosten für Zahnersatz in Europa, so zeigt sich eine erhebliche Spannbreite. Um die Ursachen und Hintergründe für diese Kostenunterschiede aufklären zu können, ist es erforderlich, die Gesamtkosten zahnprothetischer Versorgungen in einzelne Kostenbestandteile zu zerlegen und diese getrennt voneinander zu analysieren.

Fragestellung: Die Kosten für Zahnersatz werden von den Patienten häufig als ein homogener Kostenblock wahrgenommen, obwohl die Gesamtsumme sowohl die zahnärztliche Arbeitsleistung (Honorar) als auch die zahntechnische Leistung (Material- und Laborkosten) enthält, also letztlich das Produkt einer Arbeitsteilung von Zahnarzt und Zahntechniker darstellt. Die konkrete Aufteilung auf diese beiden Kostenbestandteile kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Ziel der Analyse ist es, das Verhältnis dieser beiden Kostenblöcke zueinander im Rahmen eines europäischen Preisvergleichs zu analysieren, Unterschiede herauszuarbeiten und deren Ursachen zu diskutieren.

Methode: Ausgangspunkt des Preisvergleiches zwischen fünf europäischen Ländern (Dänemark, Deutschland, Niederlande, Schweiz und Ungarn) sind fünf konkrete Versorgungen aus dem Bereich der Zahnprothetik. Das Studiendesign geht von fest definierten zahnmedizinischen Behandlungsanlässen aus und entspricht somit einer krankheitsbezogenen Preismessung, wie sie zunehmend in der gesundheitsökonomischen Literatur gefordert wird. Um den zahnmedizinischen Leistungsrahmen länderübergreifend vergleichen zu können, werden die Behandlungen über detaillierte konsentierte Therapieschrittlisten definiert und entsprechenden Gebührenpositionen der nationalen Honorarverzeichnisse zugeordnet. Hierdurch können etwaige Produktheterogenitäten in Bezug auf den Zahnersatz reduziert werden (zur Frage der Qualitätsunterschiede siehe Diskussion).

Für alle fünf zahnprothetischen Versorgungen werden zudem die nationalen Preise für die zahntechnischen Material- und Laborkosten detailliert ermittelt.

Die Länderauswahl berücksichtigt unterschiedliche Gesundheitssysteme, das sozialversicherungsdominierte Bismarck-System (D, F) ebenso wie das staatlich ausgerichtete Beveridge-System (DK). Mit Ungarn wird zudem ein ehemals sozialistisch geprägtes Gesundheitssystem (Semashko-Modell) berücksichtigt. Die Schweiz gilt als Beispiel für eine weitestgehend privatzahnärztliche Versorgung.

Die Datenerhebung erfolgt anhand länderspezifischer Fragebögen und anschließenden vertiefenden persönlichen Interviews von zahnmedizinischen Experten, die in der Regel von den jeweiligen nationalen zahnärztlichen Standesorganisationen benannt sind. Abschließend werden Plausibilitätskontrollen anhand frei verfügbarer Honorarverzeichnisse und Preislisten vorgenommen.

Da länderübergreifende Preisunterschiede in hohem Maße auch auf Wechselkursentwicklungen beruhen, wird im Rahmen der Datenauswertung auf eine Darstellung der nationalen Preisniveaus mittels Kaufkraftparitäten fokussiert.

Ergebnisse: Im Preisvergleich zeigt sich, dass Deutschland hinsichtlich der Höhe der Material- und Laborkosten nach der Schweiz an zweiter Stelle steht, während Deutschland beim zahnärztlichen Honorar den vorletzten Platz nach Ungarn einnimmt. Der durchschnittliche Anteil der Material- und Laborkosten an den Gesamtkosten liegt in Deutschland bei 59,2 Prozent, in Dänemark hingegen bei 43,6 Prozent. Die anderen drei Vergleichsländer bewegen sich zwischen diesen Extremen.

Diskussion: Bei der Diskussion der ermittelten Preisunterschiede werden ressourcenorientierte Erklärungsansätze (Zahnärzte- und Zahntechnikerdichte) und qualitätsbezogene Begründungsversuche herangezogen. Es zeigt sich, dass die Kostenvarianz zwischen den Ländern nur teilweise erklärt werden kann. Dominierende Unterschiede auf der Gesundheitssystemebene (Marktregulierung, Marktzugang, Produktintransparenz) hemmen bis dato eine weitergehende Preisangleichung im Bereich der zahnmedizinischen Versorgung.

Praktische Implikationen: Transparenz gilt als eine wichtige Voraussetzung für Innovationen in der Versorgung(sforschung). Die Analyse stellt darauf ab, über mehrere Berechnungsschritte hinweg Preis- und Leistungstransparenz im zahnmedizinischen Versorgungsbereich über Ländergrenzen hinweg herzustellen. Dies beinhaltet eine Auflistung der Kostenbestandteile ebenso wie die nachgelagerten Aspekte der methodischen Gewährleistung einer Vergleichbarkeit auf der Leistungsebene (Therapieschritte) sowie auf der Preisebene (Kaufkraftparität).

Der vorliegende Bericht stellt eine unveröffentlichte Vertiefungsanalyse zu einem im Oktober 2014 abgeschlossenen und im März 2015 publizierten Projekt dar.