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Kassenärztlicher Bereitschaftsdienst oder Notaufnahme – Betrachtungen zur Patientenverteilung
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Veröffentlicht: | 28. September 2016 |
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Hintergrund: Die Frage der Notfallversorgung durch eine Kassenärztliche Bereitschaftsdienstpraxis (BDP) oder einer Zentralen Notaufnahme (ZNA) steht im Fokus aktueller Diskussionen [1]. Der Anteil der ambulant zu behandelnden Fälle in den Notaufnahmen nimmt stetig zu und führt zu Überfüllungen und erhöhter Arbeitsbelastung des Personals. Bisher gibt es nur wenig Literatur zur Fragestellung, warum die Patienten eine Notaufnahme aufsuchen und welche weiteren Gründe für die Entscheidung eine Rolle spielen [2].
Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es, die ambulanten Fälle mit geringer Behandlungsdringlichkeit in einer ZNA in ländlicher Struktur zu ermitteln und die Gründe für das Aufsuchen einer Notaufnahme darzustellen. Dabei soll auch eruiert werden, wie hoch der Anteil der Patienten ist, die die ZNA trotz zur Verfügung stehender kassenärztlicher Versorgung in Anspruch nehmen.
Methode: Die vorliegende Arbeit ist eine deskriptive Sekundärdatenanalyse. Es wurde ein anonymisierter Datensatz einer Klinik inkl. der Daten einer in der ZNA als Stichprobe durchgeführten Patientenbefragung mit ESI (Emergency Severity Index) Stufe 4&5 triagierten Patienten mittels IBM SPSS Statistics 22 ausgewertet. Die Datenerfassung der Patientenbefragung erfolgte in einer proprietären Software des Hauses. Die Daten aller im Befragungszeitraum ambulant behandelten Patienten lagen in Form eines von der Klinik aus dem KIS zur Verfügung gestellten anonymisierten Sekundärdatensatzes vor.
Ergebnisse: In einem 4-Wochenzeitraum (09/2015) wurden in der ZNA 1.422 Fälle behandelt, davon 815 Fälle ambulant. Nach Triage wurden 506 amb. Fälle (62%) in ESI 4&5 eingestuft und näher betrachtet: bei 263 Fällen (52%) war keine radiologische Diagnostik erforderlich. Trotz geöffneter Hausarzt- der BDP suchten 167 Fälle (33%) die ZNA auf. Davon erhielten 90 Fälle (54%) eine radiologische Leistung. Daten der Stichprobe waren bei 164 ESI-Stufe 4&5-Patienten verfügbar. 156 Fälle (95%) wurden ambulant behandelt, bei 8 Fällen (5%) sind die Daten vom Medizincontrolling nicht zuzuordnen. Stationäre Aufnahmen erfolgten nicht. Im Rahmen der Patientenbefragung gaben 138 Fälle (84%) an, ohne vorherigen Arztkontakt die ZNA aufgesucht zu haben. Als Grund für das direkte Aufsuchen der ZNA führten 81 Fälle (59%) "Es ist ein Notfall" auf, 16 Fälle (12%) wussten nicht, welche Praxis Bereitschaftsdienst hat bzw. wie sie diese erreichen sollen. Keine Zeit für einen Praxisbesuch während der Öffnungszeiten hatten 12 Fälle (9%). Auf die Frage, seit wann die Beschwerden bestehen, gaben 62 Fälle (38%) seit einem Tag oder länger an. Eine radiologische Leistung erhielten 72 Fälle (44%). Mit der Empfehlung, sich einem Haus- oder Facharzt vorzustellen, wurden 98 Fälle (60%) aus der ZNA entlassen.
Diskussion: Über 60% der ambulanten Fälle in der ZNA wurden nach ESI 4&5 triagiert. Die vitale Bedrohung dieser Patienten ist gering, so dass je nach Krankheitsbild eine Behandlung durch niedergelassene Ärzte bzw. der BDP möglich ist. Davon erhielten 48% der Fälle eine radiologische Leistung. Es verbleiben 52% der Fälle mit nicht-dringlichem Behandlungsbedarf, für deren medizinische Versorgung nicht umgehend die Ressourcen einer ZNA erforderlich sind. Somit hätte die Hälfte aller ambulanten Notfälle mit nicht-dringlichem Behandlungsbedarf sowohl aus medizinischen als auch organisatorischen Gründen tatsächlich im vertragsärztlichen Bereich behandelt werden können. 33% dieser Fälle suchten die ZNA trotz geöffneter Hausarzt- bzw. Bereitschaftsdienstpraxis auf und zogen aus unbekannten Gründen die Behandlung in der ZNA statt im niedergelassenen Bereich vor. Betrachtet man die Stichproben-Ergebnisse der Patientenbefragung, zeigt sich, dass mehr als 4/5 der befragten Patienten die ZNA ohne vorherigen Arztkontakt aufsuchten und davon 59% sich selbst als Notfall einschätzen. Die strengere Betrachtung aus medizinischer Sicht zeigt allerdings, dass es sich um nach ESI 4&5 eingestufte Fälle handelt und folglich die Dringlichkeit der Behandlung eher niedrig ist. Insgesamt zeigt sich eine regelmäßige Inanspruchnahme der ZNA durch Patienten, die durch niedergelassene Ärzte adäquat versorgt werden können.
Praktische Implikation: Zur Entlastung der Notaufnahmen müssen Strukturen geschaffen werden, die eine Steuerung der Patienten in die entsprechende Versorgungseinheit ermöglichen. Möglicherweise kann dies durch eine örtlich zusammenhängende Notfallversorgung und enge Zusammenarbeit der beteiligten Akteure erreicht werden [3]. Zuvor sind politische Entscheidungen notwendig, um die finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Literatur
- 1.
- DGINA. http://www.dgina.de/pages/posts/fallkostenkalkulation-und-strukturanalyse-gutachten-zur-ambulanten-notfallversorgung-im-krankenhaus-veroeffentlicht-534.php
- 2.
- Klute G, Steffen W, et al. Falsche Patientenanreize in der Ersten Hilfe der Krankenhäuser. Dtsch Ärztebl. 2007;104:A1088-A1091.
- 3.
- SVR-Gesundheit. 2014. http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=465