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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Gesundheitsökonomische Evaluation des Hautkrebsscreenings – Skin Cancer Screening Education Study

Meeting Abstract

  • Karolina Beifus - Bergische Universität Wuppertal, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health, Wuppertal, Deutschland
  • E.W. Breitbart - Elbe Klinikum Buxtehude, Dermatologisches Zentrum, Hamburg, Deutschland
  • Kohelia Choudhury - Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention e.V., Hamburg, Deutschland
  • Susanne Fengler - Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention e.V., Buxtehude, Deutschland
  • Juliane Köberlein-Neu - Bergische Universität Wuppertal, Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health, Wuppertal, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocP019

doi: 10.3205/16dkvf120, urn:nbn:de:0183-16dkvf1203

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Beifus et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das gesetzliche Hautkrebsscreening in Deutschland zur Früherkennung des Malignen Melanoms und nicht-melanozytären Karzinoms steht aufgrund fehlender Evidenz zur Wirksamkeit in der Kritik. Ergebnisse aus kontrollierten Studien zur Überprüfung der im gesetzlichen Hautkrebsscreening eingesetzten Methodik wurden bei Einführung des Screenings versäumt und können in die geführten Debatten nicht einfließen. Ebenso fehlt aufgrund der bisher noch zu kurzen Beobachtungszeit der Nachweis über die Screening-bedingte Inzidenz- und Mortalitätsreduktion. Mit dem Ziel, Evidenz und Hinweise für die Wirksamkeit der geschulten im Vergleich zu ungeschulten Screeningmaßnahmen zu erlangen, wurde in Kanada eine kontrollierte Interventionsstudie initiiert, welche auch für Deutschland wichtige Hinweise gibt.

Fragestellung: Kann durch die Verbesserung der ärztlichen Fähigkeiten mit geschultem Hautkrebsscreening die Diagnosepräzision gemessen an der Anzahl „richtig-positiver“ Befunde in früheren Stadien erhöht werden? Welche Kosten-Nutzen-Relation ergibt sich hierbei für das Verhältnis Kosten der Intervention „Screening“ je richtig-positivem Befund je Stadium im Vergleich beider Kohorten?

Methode: Das Studiendesign sieht eine nicht-randomisierte, kontrollierte Interventionsstudie vor. Mindestens 40.000 Personen über 20 Jahre alt sollen durch 50-100 Dermatologen und Hausärzte in den jeweiligen Zentren eines Bundesstaates in Kanada untersucht werden. In der Interventionskohorte „geschultes Screening“ erhalten die Ärzten eine Schulungsmaßnahme zum Screening, welche u.a. eine Ganzkörperuntersuchung mit bloßem Auge und Risikofaktoren beinhaltet. Die Schulungsmethode entspricht der des deutschen gesetzlichen Hautkrebsscreenings. In der Kontrollkohorte wenden die Ärzte ihre, im Studium erworbenen Kenntnissen zur Erkennung von verdächtigen Hautstellen an und erhalten nach Ablauf der Beobachtungszeit ebenfalls die Schulungsmaßnahme. Die Ärzte rekrutieren die teilnehmenden Personen aus dem laufenden Praxisalltag. Mittels pseudonymisiertem CRF werden die Ergebnisse der ärztlichen und pathologischen Untersuchung dokumentiert. Daten für die Kostenberechnung werden über die Abrechnungsprozeduren des bundesstaatlichen Gesundheitswesens in Kanada ermittelt. Die Erhebungsphase der Studie beträgt 20 Monate. Soziodemografische Daten der Teilnehmer, Teilnehmerraten, Detektionsraten, Anzahl der Überweisungen, Exzisionen, Biopsien und die Stadienverteilungen der gefundenen Tumore werden für die Bewertung einbezogen. Als richtig-positiver Befund werden Fälle bezeichnet, die nach der Ganzköperuntersuchung histopathologisch bestätigt werden. Die Kosten der Interventionen enthalten Schulungskosten, Kosten der Konsultation, Überweisung, Exzision und Biopsie. In der Kontrollkohorte entfallen entsprechende Kosten für Schulungsmaßnahmen. Mittels deskriptiver, statistischer Analyse wird die quantitative Evaluation der Ereignisse innerhalb beider Kohorten (geschult vs. ungeschult) vorgenommen. Zur Berechnung der durchschnittlichen Kosten und der Effektivität wird ein gemischtes Regressionsmodell angewandt, mit den Kosten bzw. der Effektivität als abhängige Variable, der Treatment-Variable (Intervention ja/nein) als fixed effect und der Zentrumszugehörigkeit als random effect. Die Kosten-Effektivität des geschulten Hautkrebsscreenings wird über das ICER als Kosten pro Screening je richtig-positivem Befund bestimmt. Durch eine probabilistische Sensitivitätsanalyse mit Bootstrap-Verfahren wird das Model auf Unsicherheiten getestet. Derzeit werden Daten von 2093 Teilnehmern ausgewertet.

Ergebnisse: Mit den vorliegenden Daten sind erste Rückschlüsse auf die Anzahl sowie Kosten je richtig-positivem Befund jeder Kohorte möglich. Weiterhin wird das inkrementelles Kosten-Effektivitäts-Verhältnis der Screeningmethoden berechnet. Die Auswertung wird gegenwärtig vorgenommen, sodass endgültige Ergebnisse erst auf dem Kongress präsentiert werden können. Diskussion Neben dem hier beschriebenen kurzfristigen Effekt des Wissenszuwachses halten die Gesamtergebnisse der Studie weitere klinische sowie epidemiologische Outcomes, eine Bewertung der Screeningsituation aus Patientenperspektive, die Selbsteinschätzung der Ärzte, diagnostische Genauigkeit sowie eine umfassende Kosten-Effektivitäts-Analyse mithilfe einer Markov Modellierung der hier verglichenen Screeningmethoden bereit.

Praktische Implikationen: Durch die Ergebnisse dieser Evaluation werden wertvolle Rückschlüsse über den kurzfristigen Effekt des geschulten Hautkrebsscreenings im Vergleich zu einem Screening ohne Schulung ermöglicht. Weiterhin kann durch das in Kanada gewählte Setting eine Übertragung auf den deutschen Kontext vorgenommen werden und Daten zur Berechnung langfristiger Effekte eine Screenings systematisch gewonnen werden.

Contributed equally: J. Köberlein-Neu