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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Abbildung ambulanter Versorgungsverläufe aus Routinedaten von Patienten mit Herzinsuffizienz in Deutschland mittels Inanspruchnahmesequenzen

Meeting Abstract

  • Wolfram J. Herrmann - Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Verena Vogt - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Management im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Christoph Heintze - Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Leonie Sundmacher - Ludwig-Maximilians-Universität München, Fachbereich Health Services Management, München, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV47

doi: 10.3205/16dkvf102, urn:nbn:de:0183-16dkvf1021

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Herrmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die ambulante Versorgungslandschaft in Deutschland ist komplex. Insbesondere chronisch erkrankte Patienten sind bei mehreren Ärzten unterschiedlicher Fachgruppen in Behandlung. Die Messung der durchschnittlichen Anzahl der Arzt-Patienten-Kontakte eignet sich daher nur bedingt zur Abbildung der vielschichtigen Inanspruchnahme. In einem qualitativen Forschungsprojekt entwickelten wir das Konzept der Inanspruchnahmesequenzen, um Versorgungsverläufe von Patienten besser abzubilden zu können.

Ein Beispiel für die komplexe Versorgung sind Patienten mit Herzinsuffizienz. In einem ersten Schritt war es daher unser Ziel, das Modell der Inanspruchnahmesequenzen für den Bereich der ambulanten ärztlichen Versorgung - beispielhaft an Patienten mit Herzinsuffizienz - zu erproben.

Fragestellung: Lassen sich die ambulanten Versorgungsverläufe von Patienten mit Herzinsuffizienz anhand von Routinedaten mittels Inanspruchnahmesequenzen abbilden?

Methode: Für die Jahre 2009 bis 2011 standen für 500.014 zufällig ausgewählte Patienten mit Herzinsuffizienz die ambulanten Abrechnungsdaten über das Wissenschaftliche Institut der Ortskrankenkassen (WIdO) zur Verfügung. Auswahlkriterien waren ein Mindestalter von 35 Jahren und mindestens eine ICD-Diagnose zu Herzinsuffizienz (I10.0, I13.0, I13.2 oder I50).

Mittels eines in der Programmiersprache R implementierten Algorithmus wurden aus den individuellen Abrechnungsdaten der ambulanten Versorgung bei Kassenärzten sowie aus den Medikationsverordnungsdaten für jeden Patienten individuell Inanspruchnahmesequenzen abgeleitet. Diese Sequenzen bestehen aus Knoten für jeden Kontakt mit einem ambulant tätigen Arzt, welche durch Überweisungen und Wiedervorstellungen als Kanten verbunden sind. Als Bezugspunkt für Ärzte dienten deren Betriebsstättennummer.

Ein Sample von 100 Sequenzen wurde graphisch auf Konsistenz überprüft und bei Inkonsistenzen die individuellen Abrechnungsdaten mit der abgeleiteten Sequenz verglichen. Die Sequenzen wurden anhand vorhandener und selbst programmierter Funktionen und aufbauend auf dem igraph-Paket netzwerktheoretisch analysiert. Anhand der so abgeleiteten Maße wurden die Inanspruchnahmesequenzen mittels k-means-Clustering in Cluster eingeteilt.

Ergebnisse: Es war möglich aus den Routinedaten mittels des entwickelten Algorithmus Inanspruchnahmesequenzen für die ambulante ärztliche Versorgung abzuleiten. Die Patienten waren 2010 im Mittel bei 6 verschiedenen ambulant tätigen Ärzten (Betriebsstätten) gewesen. Die vorläufig ausgewerteten abgeleiteten Sequenzen hatten im Mittel ungefähr 30 Knoten und 35 Kanten. Der durchschnittliche Durchmesser (Diameter) der Sequenzen betrug 19 Kanten. Insgesamt zeigt sich eine vorrangige Bedeutung der Versorgung durch Hausärzte. Eine endgültige Analyse werden wir auf dem Kongress präsentieren.

Diskussion: Aus den Routinedaten von 500.014 Patienten mit Herzinsuffizienz ließen sich für die Jahre 2009 bis 2011 Inanspruchnahmesequenzen ableiten. Einschränkend ist dabei, dass nur AOK-Mitglieder in die Analyse einbezogen werden konnten. Da es sich um Abrechnungsdaten handelt, ist die Validität der zugrundeliegenden Daten teilweise eingeschränkt.

Praktische Implikationen: Die Methode der Inanspruchnahmesequenzen bietet einen neuen Ansatz Versorgungsverläufe chronisch kranker Patienten abzubilden und zu erforschen. In einem nächsten Schritt soll diese auf stationäre und nicht-ärztliche Leistungen ausgedehnt werden. So können über die Versorgungsverläufe Schnittstellen in der Versorgung, und Verbesserungsbedarf in der Versorgung dargestellt werden.