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Implementierung einer elektronischen Patientenbefragung zur Erfassung von Patient-Reported Outcomes (PRO) und Lebensqualität in der onkologischen Routineversorgung
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Veröffentlicht: | 28. September 2016 |
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Hintergrund: Patient-Reported Outcomes (PRO) beschreiben Parameter wie Symptome, Befinden und Lebensqualität, die auf der Selbsteinschätzung des Patienten basieren. Obwohl PRO von zentraler Bedeutung für die gemeinsame therapeutische Entscheidungsfindung sind und deren Berücksichtigung eine valide Symptomerfassung darstellt, die einer rein ärztlichen Erhebung überlegen ist, sind PRO bisher nicht in der klinischen Versorgung implementiert.
Fragestellung: Das Projekt stellt die Entwicklung und Implementierung einer Anwendung zur systematischen Erfassung von PRO sowie deren Integration in den Klinikalltag einer onkologischen Station dar. Weiterhin werden die patientenberichtete Symptomlast und Lebensqualität beschrieben und Veränderungen während des Klinikaufenthaltes dargelegt.
Methode: Stationär aufgenommene Patienten mit onkologischer Grunderkrankung erhielten bei Aufnahme und Entlassung einen elektronischen Fragebogen, zur Erfassung der aktuellen Lebensqualität und Symptomlast des Patienten anhand validierter Instrumente (EORTC QLQ-C30, EQ-5D). Die erfassten Konstrukte wurden mittels Tablet-PCs erhoben, direkt in die elektronische Patientenakte übermittelt und standen für die weitere Behandlung des Patienten zur Verfügung. Die Datenanalyse erfolgte für den Zeitraum von August 2013 bis Dezember 2014. Akzeptanz und Praktikabilität des Instrumentes wurden über Teilnahmeraten in Abhängigkeit verschiedener Parameter und über Feedback des Pflegepersonals erfasst. Lebensqualität und Symptomlast sowie deren Veränderung zwischen Aufnahme und Entlassung wurden mittels deskriptiver Statistik sowie entsprechenden statistischen Testverfahren analysiert.
Ergebnisse: Von insgesamt 1.124 Patienten, welche mindestens drei Tage in stationärer Behandlung waren und nicht intern verlegt wurden, nahmen 33% (n=371) bei Aufnahme, 17% (n=195) bei Entlassung sowie 17% (n=192) bei Aufnahme und Entlassung an der Befragung teil. Teilnehmende und nicht teilnehmende Patienten, unterschieden sich nicht bezüglich Alter, Erkrankungsschwere, Verweildauer und Aufnahmeart. Jedoch lehnten Männer häufiger die Teilnahme ab als Frauen (4.9% Männer; 0,6% Frauen). 60.5% der Patienten (n=116) waren wegen maligner hämatologischer Erkrankungen und 22% (n=42) wegen eines Sarkoms (Weichteil- oder Knochen- und Knorpelsarkom) in Behandlung. Bei 33% der Patienten (n=64) lag, verglichen zur Aufnahme, eine klinisch relevante Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Entlassung vor. Die Patienten berichteten eine Vielzahl an Symptomen. Appetitsverlust, Schmerzen, Schlafstörungen und Fatigue wurden als besonders schwerwiegend eingeschätzt. Über die Hälfte des Pflegepersonals (52%) schätzte den zusätzlichen Aufwand im Klinikalltag als gering ein und empfand PRO Erfassung als praktikabel.
Diskussion: Patientenberichtete Symptome und Lebensqualität stellen eine wertvolle Informationsquelle dar, die in Kombination mit klinischen Parametern in den Behandlungsprozess integriert werden sollten, um die Behandlung besser an den relevanten Beschwerden und Präferenzen des Patienten auszurichten. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die systematische Erfassung von PRO im Klinikalltag praktikabel und aufwandsarm möglich ist und eine hohe Akzeptanz durch das Pflegepersonal erreicht werden kann. Die Implementierung stellt jedoch einen komplexen Prozess dar, der ein systematisches Vorgehen bei Planung und Umsetzung erfordert.
Praktische Implikationen: Die Erfassung von PRO stellt eine wichtige Voraussetzung hin zu einer individuellen, personalisierten Versorgung von Patienten mit Tumorerkrankung dar. Zur erfolgreichen Integration von PRO in die Routineversorgung sollten Anforderungen, Bedarf, die Umsetzung im Klinikalltag, das Monitoring sowie eine Evaluation von Beginn an sorgfältig geplant und analysiert werden.
Contributed equally: F. Trautmann, M. Schuler