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Arzt-Patient-Kommunikation und gesundheitsbezogene Lebensqualität nach radikaler Prostatektomie – eine längsschnittliche Mehrebenenanalyse aus der HAROW-Studie
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Veröffentlicht: | 28. September 2016 |
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Hintergrund: Die psychosoziale Anpassung von Patienten mit der Diagnose lokal begrenztes Prostatakarzinom (PCa) ist u.a. von emotionalem Distress, traumatischen Belastungssymptomen und Unsicherheit beim Treffen von Behandlungsentscheidungen gekennzeichnet. Insbesondere bei heuristischen Entscheidungsprozessen der Patienten und deren Abwägungen zwischen potenziellen Nebenwirkungen und erwartetem Nutzen verschiedener Behandlungsarten, ist die Kommunikation vollständiger und unvoreingenommener Informationen wichtig. Insgesamt sehen Prostatakrebspatienten ihre Ärzte als wertvollste Quellen für Informationen und Unterstützung an. Eine fürsorgliche Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist bedeutsam, um insbesondere Informationsbedarfe und emotionalen Distress zu reduzieren. In der Versorgung von PCa-Patienten wurde der Zusammenhang zwischen der Arzt-Patient-Kommunikation und Patient-Reported Outcomes jedoch bisher nicht untersucht.
Fragestellung: Das Ziel dieser Arbeit ist es, Zusammenhänge zwischen der Arzt-Patient-Kommunikation und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) bei Patienten mit lokal begrenztem PCa nach radikaler Prostatektomie über den Behandlungs- und Nachsorgeverlauf zu untersuchen. Wir vermuten, dass die psychosoziale Versorgung durch den Arzt signifikant und positiv mit den Funktionsskalen der HRQoL assoziiert ist. Dies würde Hinweise darauf geben, dass eine gute Kommunikation die Funktionsfähigkeit und das Wohlbefinden von Patienten über die Zeit verbessert.
Methode: Die HAROW-Studie war darauf ausgelegt, Daten von Patienten mit primärem lokal begrenztem PCa nach verschiedenen Behandlungsoptionen in der realen Versorgungssituation in Deutschland zu erheben. Es handelt sich um eine prospektive Beobachtungsstudie über den Zeitraum von 5 Jahren nach Diagnosestellung. Im Abstand von 6 Monaten wurden klinische Daten, Aspekte der Arzt-Patient-Kommunikation und die HRQoL erhoben. Die Arzt-Patient-Kommunikation wurde mittels der Skala „Psychosoziale Versorgung“ gemessen. Die HRQoL wurde mit dem EORTC QLQ-C30 erfasst. Wir haben Daten von 1.772 Patienten mit radikaler Prostatektomie in einem Follow-Up über 3,5 Jahre analysiert. Die Daten werden mittels längsschnittlicher Mehrebenenanalyse ausgewertet, in der Messungen verschiedener Erhebungszeitpunkte in Patienten geclustert sind. Diese Methode hat den Vorteil, dass sowohl zeitstabile Patientencharakteristika (z. B. Soziodemographie) als auch zeitvariable Charakteristika (z. B. Psychosoziale Versorgung durch Ärzte) modelliert werden können.
Ergebnisse: Die Patienten bewerten die Arzt-Patient-Kommunikation überwiegend als sehr gut mit leichten Veränderungen über den Behandlungs- und Nachsorgezeitraum. Die HRQoL variiert deutlich über die Zeit und zwischen den berichteten Funktionsskalen der HRQoL. Bis 1,5 Jahre nach Baseline steigt die Lebensqualität graduell an. Danach stagnieren die Werte oder nehmen leicht ab. Unterschiede zwischen den Funktionsskalen sind zu allen Zeitpunkten zu erkennen: während die globale Lebensqualität die geringsten Werte aufweist, besitzt die körperliche Funktionsfähigkeit die höchsten Werte. Die durchschnittlichen Werte der Subskalen der psychosozialen Versorgung durch Ärzte variieren zwischen 3,52 und 3,83 auf einer Skala von 1 bis 4; jedoch sind über die Zeit kaum Veränderungen zu erkennen.
Die längsschnittlichen Mehrebenenanalysen ergeben, dass die Variation der HRQoL-Funktionsskalen über die Zeit durch drei der vier Subskalen der psychosozialen Versorgung erklärt werden können: Zuwendung, Unterstützung und Ko-Therapie. Unabhängig vom Zeitverlauf zeigte sich, dass Patienten, die sich besser unterstützt fühlten, auch eine signifikant höhere emotionale Funktionsfähigkeit berichteten. Patienten, die sich stärker in die Behandlung einbezogen fühlten, lassen eine signifikant höhere soziale Funktionsfähigkeit erkennen.
Diskussion: Die Ergebnisse bestätigen unsere Hypothese, dass eine unterstützende, zugewandte und partizipatorische Kommunikation zwischen dem Arzt und seinem Patienten über den Behandlungsverlauf mit einer besseren HRQoL assoziiert ist. Folglich ist die Arzt-Patient-Kommunikation nicht nur eine Frage des Wohlbefindens und Akzeptanz-Gefühls des Patienten, sondern auch eine Frage der körperlichen, kognitiven, emotionalen, sozialen und rollenbezogenen Funktionsfähigkeit von Patienten, die mit der Erkrankung und den Nebenwirkungen der Behandlungsregime leben müssen.
Praktische Implikationen: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Lebensqualität von PCa-Patienten in der Betreuung durch Ärzte im Erkrankungsverlauf berücksichtigt werden sollte. Zukünftige - auf Urologen zugeschnittene Maßnahmen – wie beispielsweise Kommunikationstraining in Aus-, Weiter- und Fortbildung sollten das Bewusstsein für den Einfluss der Kommunikation und der Beziehungsgestaltung zu PCa-Patienten auf Behandlungsoutcomes erhöhen.