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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Vereinbarkeit Familie und Gesundheitsberuf: ein Überblick zum aktuellen Forschungsstand

Meeting Abstract

  • Matthias Lukasczik - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie, Würzburg, Deutschland
  • Jutta Ahnert - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie, Würzburg, Deutschland
  • Veronika Ströbl - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie, Würzburg, Deutschland
  • Heiner Vogel - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie, Würzburg, Deutschland
  • Elzbieta Voigtländer - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Landesinstitut für Gesundheit, Nürnberg, Deutschland
  • Alfons Hollederer - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Landesinstitut für Gesundheit, Nürnberg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocV003

doi: 10.3205/16dkvf071, urn:nbn:de:0183-16dkvf0717

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Lukasczik et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Beschäftigte im Gesundheitswesen (z.B. Ärzte, Pflegekräfte) sind mit besonderen beruflichen Rahmenbedingungen und Anforderungen konfrontiert, die sich auf das Verhältnis von Familie und Arbeit/Beruf auswirken können und mittelbar auch die Qualität der Gesundheitsversorgung beeinflussen. Dies betrifft unterschiedliche Ebenen von der individuellen Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit von Ärzten, beruflich Pflegenden oder therapeutischen Berufen bis hin zur Gewährleistung einer ausreichenden medizinischen Versorgungsdichte in ländlichen Gebieten in Abhängigkeit von der Verfügbarkeit einer familienfreundlichen Infrastruktur.

Fragestellung: Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über den Forschungsstand zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Gesundheitsberuf geben. Er basiert auf einer Expertise, die anlässlich der Weiterentwicklung der Fördersäule „Innovative medizinische Versorgungskonzepte“ im Auftrag des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege erstellt wurde. Der Forschungsstand kann als Ausgangspunkt dafür dienen, Strukturen im Gesundheitswesen dahingehend zu verändern, dass sie eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Damit ist er für die Versorgungsforschung von Relevanz.

Methode: Es wurde eine systematische nationale und internationale Literaturrecherche durchgeführt, um den aktuellen Forschungsstand zur Vereinbarkeit von Familie und Gesundheitsberuf zu dokumentieren. Als inhaltliche Suchkriterien wurden definiert: Vereinbarkeit von Beruf und Familie (allgemein); Vereinbarkeitserleben und -konflikte bei Gesundheitsberufen; Vereinbarkeit von Familie und Gesundheitsberuf im ländlichen Raum; Interventionsansätze zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Im Ergebnis eines mehrstufigen Selektionsprozesses wurden 145 Publikationen in die inhaltliche Auswertung einbezogen.

Ergebnisse: Die Recherche zeigt insgesamt, dass es zu diesem Bereich national wie international nur wenig systematische Forschung gibt. Die dokumentierte Literatur bezieht sich schwerpunktmäßig auf die Berufsgruppen Ärzte und beruflich Pflegende, für andere Berufsgruppen liegen kaum Arbeiten vor. Der Evidenzlevel der Studien ist meist niedrig, es handelt sich überwiegend um Querschnittsstudien oder Ein-Gruppen-Prä-Post-Designs, Metaanalysen wurden nicht gefunden. Mehrere Arbeiten dokumentieren eine Unzufriedenheit bei Ärzten und beruflich Pflegenden wegen unzureichender Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Es konnten nur wenige Interventionsstudien zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefunden werden, diese sind wiederum nur teilweise spezifisch auf Gesundheitsberufe ausgerichtet. Defizite bestehen zudem hinsichtlich der Verknüpfung des Themas mit Analysen zur Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten.

Diskussion: Zur Thematik „Vereinbarkeit von Familie und Gesundheitsberuf“ bestehen national wie international erhebliche Forschungsdefizite, insbesondere zur Evaluation von Maßnahmen. Angesichts der Komplexität des Gegenstands und der unterschiedlichen Ebenen, an denen Interventionen ansetzen können, ist eine genaue Beschreibung und Auswahl geeigneter Outcomes, die durch eine Intervention auch veränderbar sind, notwendig. Aufgrund der Forschungsdefizite scheint es zudem erforderlich, vor der Entwicklung, Implementierung und Evaluation von Maßnahmen Bedarfs- und Bestandsanalysen durchzuführen.

Praktische Implikationen: Der Literaturüberblick ermöglicht die Ableitung von Ansatzpunkten, um eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Gesundheitsberuf zu erreichen. Dies betrifft in erster Linie Zielsetzungen für mögliche Forschungs- und Interventionsansätze sowie konkrete, möglichst evaluierte Modellprojekte für eine Verbesserung der Strukturen mit dem Schwerpunkt ländlicher Raum.