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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Onkologische qualitätsgesicherte Handlungsstandards in Deutschland – 2016 Statusaufnahme und Gegenüberstellung von 3 Portalen

Meeting Abstract

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  • Martina Bischoff - Universitätsklinikum Freiburg, Department für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik, Freiburg, Deutschland
  • Werner Vach - Universitätsklinikum Freiburg, Department für Medizinische Biometrie und Medizinische Informatik, Freiburg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV55

doi: 10.3205/16dkvf053, urn:nbn:de:0183-16dkvf0539

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Bischoff et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Um als Versorger in der Onkologie Entscheidungshilfen für Diagnostik und Therapie zu finden, besteht die Möglichkeit Leitlinien und Standard Operation Procedures sogenannte SOPs zu nutzen. Aktuell gibt es 3 unterschiedliche Handlungsunterstützungslinien, die sich durch individuelle Merkmale auszeichnen.

Die S3 Leitlinien werden im Leitlinienprogramm Onkologie gefördert, welches von der Deutschen Krebshilfe (DKH), der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Arbeitsgemeinschaften der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften (AWMF)getragen wird. Im Nationalen Krebsplan ist die Entwicklung evidenzbasierter Behandlungsleitlinien der höchsten Entwicklungsstufe S3 als Basis einer effizienten Versorgung onkologischer Patienten ein definiertes Ziel. Beim Erstellungsprozess dieser S3 Leitlinien ist die evidenzbasierte Wissensaufbereitung verbunden mit dem Konsens der medizinischen Fachexperten unter Einbeziehung von Patientenvertretern essentiell.

Onkopedia Leitlinien werden koordiniert von der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). Die Erstellung erfolgt durch berufene Experten, auch aus anderen Fachdisziplinen. Basis sind Ergebnisse randomisierter Studien, weitergehende Empfehlungen beruhen auf Expertenkonsens. Das Onkopediaportal wird zentral durch die DGHO koordiniert.

Standard Operation Procedures im Netzwerks der onkologischen Spitzenzentren (CCCs) sind Prozessbeschreibungen zur Diagnostik und Therapie bei onkologischen Erkrankungen. Die SOPs werden von den jeweiligen Kliniken erstellt und sind auf diese abgestimmt. Basis für die Entwicklung sind die nationalen und internationalen Leitlinien sowie aktuelle Studien. Als Anleitung für die Erstellung von SOPs dient das SOP-Handbuch der Arbeitsgruppe SOPs der DKH.

Fragestellung:

Gegenüberstellung der onkologischen SOPs und onkologischen Leitlinien im deutschsprachigen Raum.

Zu welchen Themen (ICD Diagnosen) sind diese verfügbar? In welcher Weise unterscheiden sich diese?

Methode: Prospektiv-retrospektive Ist-Zustanderhebung; Befragung aller CCCs (Januar 2016) und Erfassung der vorhandenen SOPs bezogen auf die International classification of deseases and health related problems (ICD10); webbasierte Recherche im Onkopediaportal und onkologischen Leitlinienprogramm; Zuordnung der Leitlinien nach ICD10; Prüfung der Verfügbarkeit der SOPs und Leitlinien; Prüfung weiterer Qualitätskriterien durch Befragung(CCCs) und Internetrecherche (Leitlinien); Auswertung durch quantitativen Vergleich und Gegenüberstellung hinsichtlich Qualitätskriterien.

Ergebnisse: In einer Übersichtsliste werden alle SOPs der CCCs, die Onkopedia- und die S3 Leitlinien thematisch einer ICD10 zugeordnet und zusammengefasst dargestellt als quantitativer Vergleich. Für 12% der C-Diagnosen liegen aus allen drei Bereichen Behandlungspfade vor. Die SOPs der CCCs decken 95% der Onkologischen Diagnosen (C-Diagnosen ) ab. Verfügbarkeit: Die S3-Leitlinien sind über das Internetportal für die Behandler frei zugänglich. Im Internet bietet Onkopedia Leitlinien für alle Nutzer und zusätzlich (kostenpflichtig) Therapiepläne und eine Analyse der Studienergebnisse für Fachleute an. Die SOP-Liste der CCCs ist auf der Seite der DKH einsehbar. Von Behandlern können SOPs bei der Koordinationsstelle SOPs angefordert werden. Die Darstellungsweise der drei Portale ist verschieden, zudem gibt es innerhalb des CCC-Netzwerkes und der Leitlinien Unterschiede im Format.

Der Entwicklungsprozesse der Leitlinien und SOPs der 3 Portale hinsichtlich Erstellungsdauer und benötigte Ressourcen sind vergleichbar mit einem Überseefrachter für die S3 Leitlinie, mit einem Hochseeschiff für die Onkopedia-Leitlinien und mit Motorbooten für die SOPs der CCCs. Bezüglich der Qualität gibt es weitere Aspekte die bewertet wurden z.B. Transparenz des Erstellungsprozesses, Aktualität und Evidenz. Die Ergebnisse zeigen, dass jedes Portal Vorteile und Nachteile hat, die die Nutzer jeweils abwägen müssen.

Diskussion: Entsprechend der ICD10 Übersichtsliste werden durch die 3 Portale fast alle onkologischen Diagnosen abgedeckt. Es konnten Versorgungslücken benannt werden wie z.B. familiäre Krebserkrankungen. Die freie Verfügbarkeit der Leitlinien ist ein wichtiger Aspekt hinsichtlich der Nutzerfreundlichkeit, hier hat das CCC Netzwerk noch Verbesserungspotential. Die Entwicklungsprozesse der Leitlinien zu verschlanken könnte zu Qualitätseinbußen führen. Die untersuchten Qualitätsaspekte werden durch die finanziellen und zeitlichen Ressourcen beeinflusst und durch den Behandler letztendlich bewertet. Um die Portale zu verbessern bedarf es weiterer Untersuchungen zur Nutzerfreundlichkeit und zum Patientenoutcome.

Praktische Implikation: Die verschiedenen Portale haben für die Behandler einen individuellen, spezifischen Stellenwert in der Versorgung der onkologischen Patienten. Durch die Zusammenarbeit der Verantwortlichen für die 3 Portale könnten in Zukunft Ressourcen effizient genutzt werden und aufgedeckte Versorgungslücken gemeinsam geschlossen werden.

Contributed equally: M. Bischoff