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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Ergebnisqualität Gesundes Kinzigtal – quantifiziert durch Mortalitätskennzahlen

Meeting Abstract

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  • Timo Schulte - Optimedis AG, Health Data Analytics, Hamburg, Deutschland
  • Alexander Pimperl - University of California, Berkeley, School of Public Health -­ Health Policy and Management, Berkeley, USA

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV16

doi: 10.3205/16dkvf042, urn:nbn:de:0183-16dkvf0422

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Schulte et al.
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Gliederung

Text

Zielsetzung: Der Vertrag zur populationsorientierten Integrierten Versorgung „Gesundes Kinzigtal“ (IV GK) wurde im Jahr 2006 zwischen der AOK Baden-Württemberg sowie ein Jahr später mit der LKK Baden-Württemberg und der Gesundes Kinzigtal GmbH für inzwischen ca. 33.000 Versicherte geschlossen. Er wird in seinen Ergebnissen seitdem intern wie extern wissenschaftlich evaluiert. Diese Studie legt den Fokus auf die Outcome-Qualität der Versorgung, soweit sie über Routinedaten der Krankenkassen mittels Mortalitätskennzahlen gemessen werden kann.

Methodik: Um den Effekt der IV abgrenzen zu können, wird das Design einer quasi-experimentellen Kohortenstudie gewählt. Versicherte, die in die IV Gesundes

Kinzigtal eingeschrieben sind, werden in einem vergleichenden Design Versicherten gegenübergestellt, die primär bei nicht-teilnehmenden Hausärzten in Behandlung sind und insofern nicht direkt an der Intervention teilnehmen. Konfundierungseffekte sollen über ein Propensity Score-Matching eliminiert werden. Als Indikatoren für die Evaluation von Ergebnisqualität in der IV werden die Mortalitätsrate, Überlebenszeiten sowie eine modifizierte Years of potential life lost and won Kennzahl herangezogen, die auch gewonnene Lebensjahre berücksichtigt. Betrachtet werden die Ergebnisse von Versicherten, welche in den Jahren 2006 bis 2009 in die IV eingeschrieben wurden. Für die gesamte Auswertung sowie die Vor- und Nachbeobachtung wurden Daten der Kalenderjahre 2005 bis einschließlich 2013 ausgewertet.

Ergebnisse: Die Analyse der Güte des Propensity Score Matching Verfahrens zeigt die gewünschte Angleichung von Untersuchungs- und Kontrollgruppe im Vergleich der standardized differences sowie der Anteilsdifferenzen der im Modell verwendeten Variablen vor und nach Matching. Bezüglich der Outcome-Variablen lassen sich für die Untersuchungsgruppe bei allen Mortalitätskennzahlen positive Tendenzen erkennen. In der Analyse der Mortalität zeigt sich, dass in den ersten drei Jahren nach Intervention die Mortalitätsrate in der Untersuchungsgruppe geringer ist als in der Kontrollgruppe. Insgesamt versterben in den vier Folgejahren nach Einschreibung 33 Versicherte weniger in der Untersuchungsgruppe als in der Kontrollgruppe (IV:3,8% vs. Nicht-IV:4,4%; Chi-Quadrat: 0,111). Zusätzlich zeigen sich auch signifikant längere Überlebenszeiten (Kaplan-Meier-Kurven) in diesem Zeitraum bei der Untersuchungsgruppe (IV: 1.430,1vs. Nicht-IV: 1.420,7; [Log-Rank ]: 0,030*). Bei analogem Ausschluss des ersten halben Jahres wie bei der Mortalitätsrate erfüllt das Ergebnis die Bedingung p<0,05 nicht mehr (IV: 1.433,8 vs. Nicht-IV: 1.427,1; [Log-Rank ]: 0,082). Auch bei dem YPLLW-Indikator zeigen sich Ergebnisse zugunsten der IV GK. Insgesamt ergeben sich in Summe über den Betrachtungszeitraum von vier Jahren signifikant weniger verlorene Lebensjahre in der Untersuchungsgruppe (IV: 2005,79 vs. Nicht-IV: 2.641,38 verlorene Lebensjahre; T-Test Sig. p<0,05*).

Diskussion: Die Ergebnisse dieser Studie sind vor dem Hintergrund des Studientyps der kontrollierten Kohortenstudie zu betrachten. Hiermit lassen sich zwar keine kausalen Effekte, aber statistische Zusammenhänge und damit erste Indizien über die Ergebnisqualität der Versorgung aufzeigen. Vor dem Hintergrund der verfügbaren Daten ist die quasi-experimentelle Kohortenstudie der bestmögliche Studientypus, welcher realisierbar war. Mögliche Verzerrungen wie eine Selbstselektion gesundheitsbewussterer Kranker zur Teilnahme an der Integrierten Versorgung können in ihrem Effekt weder vollständig ausgeschlossen noch konkret abgeschätzt werden. Darüber hinaus wird zur Diskussion gestellt, inwieweit die hier genutzten Indikatoren geeignet sind, die Zieldimension Ergebnisqualität adäquat zu repräsentieren bzw. wie die Indikatoren auch in Abhängigkeit von dem gewählten Studiendesign zu interpretieren sind. Die Auswertung ist zum heutigen Zeitpunkt sicherlich noch als eher indikativ anzusehen. Eine Fortschreibung der Studie auf der Basis der Ergebnisse weiterer Interventionsjahre ist vorgesehen.