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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Zeitpunkt der ersten Urethrozystoskopie in der Nachsorge des nicht muskelinvasiven Urothelkarzinoms – Erste Ergebnisse einer Analyse auf Basis von Sekundärdaten

Meeting Abstract

  • Johannes Hartrampf - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Thomas Deickert - SpectrumK, Essen, Deutschland
  • Frank Krause - SpectrumK, Essen, Deutschland
  • Dirk Sunder-Plaßmann - SpectrumK, Berlin, Deutschland
  • Holger Pfaff - IMVR - Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Köln, Deutschland
  • Ute Karbach - Zentrum für Versorgungsforschung Köln, Köln, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV69

doi: 10.3205/16dkvf032, urn:nbn:de:0183-16dkvf0328

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Hartrampf et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Mehr als 28.000 Männer und Frauen erkranken in Deutschland jährlich an einem Harnblasenkarzinom.[1] Eine die Nachsorge umfassende S3-Leitlinie ist für Deutschland derzeit angekündigt.[2] Nach der Guideline der European Association of Urology (EUA) gibt es abhängig von prognostischen Faktoren unterschiedliche Empfehlungen für die Nachsorge von Patienten mit nicht muskelinvasiven Harnblasenkarzinomen.[3] Prognoseunabhängig stimmen diese Empfehlungen darin überein, eine erste Urethrozystoskopie (UC) drei Monate nach der transurethralen Resektion von (erkranktem) Gewebe der Harnblase (TUR-B) durchzuführen. Über die Realisierung dieser Empfehlung in der Versorgungspraxis ist bisher wenig bekannt.

Fragestellung: Ziel ist es den Zeitpunkt der ersten UC nach der Resektion eines Harnblasenkarzinoms in der Versorgungspraxis anhand von Sekundärdaten zu ermitteln.

Methode: Die retrospektive Sekundärdatenanalyse basiert auf Daten von ca. 11,6 Millionen hauptsächlich in Betriebskrankenkassen versicherten Personen. Über Krankenhausdiagnosen (C67.-, D41.4) und OPS-Codes werden stationäre Fälle mit einem Operationsdatum im Jahr 2014 identifiziert. Ausgeschlossen werden Fälle, bei denen binnen drei Monaten eine erneute Resektion folgte oder eine Zystektomie durchgeführt wurde und jene, bei denen der oder die Versicherte im Betrachtungszeitraum verstorben ist. Für die verbleibenden Fälle wird die Zeit zwischen dem Operationsdatum und der ersten Kontrolluntersuchung mittels UC ermittelt. Die Behandlungsdaten, zu denen die UCs durchgeführt worden sind, werden aus den Abrechnungen im ambulanten Sektor gewonnen (GOPs: 08311, 26310, 26311). Dies schließt Belegärzte und zur ambulanten Versorgung zugelassene Krankenhausambulanzen mit ein.

Ergebnisse: Insgesamt sind 5622 Versicherte identifiziert worden, die im Jahr 2014 bei entsprechender Diagnose (C67.-, D41.4) eine TUR-B erhielten. 926 Versicherte sind im Betrachtungszeitraum verstorben. Bei weiteren 341 wurde eine Zystektomie durchgeführt, weshalb sie in der weiteren Analyse nicht berücksichtigt werden. Von den verbleibenden 4355 Versicherten konnte bei 2499 ein Datum der ersten UC nach der TUR-B ermittelt werden. Da eine TUR-B bei vielen Versicherten mehrmals im Jahr 2014 durchgeführt wurde, konnten den 2499 Versicherten insgesamt 3612 Fälle zugeordnet werden. Bei 897 Fällen folgte binnen drei Monaten eine erneute Resektion. Die Daten der Nachuntersuchung wurden für die verbleibenden 2715 Fälle untersucht.

Bei 266 Fällen (9,8 %) erfolgte die erste Nachuntersuchung innerhalb von 10 Wochen. Der Zeitpunkt der ersten UC lag bei 670 Fällen (24,7 %) zwischen 10 und 14 Wochen nach der TUR-B und damit im Zielzeitraum (drei Monate). In 1779 Fällen (65,5 %) lang der Zeitpunkt mehr als 14 Wochen nach der Resektion und bei 1297 Fällen (47,8 %) ist die UC mehr als 16 Wochen nach TUR-B erfolgt. Bei 490 Fällen (18,1 %) ist der Zeitpunkt der ersten UC mehr als ein halbes Jahr nach der Resektion gewesen.

Diskussion: Nur bei etwa einem Viertel der Fälle wird die Nachsorgeuntersuchung zum empfohlenen Zeitpunkt (10-14 Wochen) durchgeführt. In etwa zwei Drittel der Fälle erfolgt die UC später, für einen Teil erheblich später. Ursachen hierfür könnten vielfältig sein und sowohl bei den Versicherten als auch bei niedergelassenen Urologen und Krankenhäusern gesucht werden. Beispielhaft genannt seien hier mangelnde Compliance, Komorbidität, schlechte Terminverfügbarkeit oder ein Entlassungsmanagement, dass die fachurologische Anbindung nicht ausreichend fördert. Ein möglicher Alterszusammenhang sowie Fälle bei denen eine andere schwerwiegendere Erkrankung handlungsleitend ist, werden in nachfolgenden Subgruppenanalysen weiter untersucht.

Praktische Implikationen: Das vorliegende Ergebnis zeigt, dass in einer Vielzahl von Fällen, der Zeitpunkt der Nachsorge nicht der Empfehlung der europäischen Leitlinien entspricht. Dies sollte Anlass sein, zu klären, welche Faktoren zu einer Verzögerung der Nachsorgeuntersuchung beitragen können.