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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Angebote in der Hospiz- und Palliativversorgung – Eine deskriptive Erhebung in der Stadt und im Landkreis Oldenburg zu Barrieren, Hindernissen und beeinflussenden Faktoren der Inanspruchnahme

Meeting Abstract

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  • Alexander Pauls - Institut für Palliative Care (ipac) e.V., Oldenburg, Deutschland
  • Christine Scheve - Institut für Palliative Care (ipac) e.V., Oldenburg, Deutschland
  • Verena Gerdes - Institut für Palliative Care (ipac) e.V., Oldenburg, Deutschland
  • Andreas Hein - Universität Oldenburg, Department für Versorgungsforschung, Oldenburg, Deutschland
  • Steffen Simon - Institut für Palliative Care (ipac) e.V., Oldenburg, Deutschland; Uniklinik Köln, Zentrum für Palliativmedizin, Köln, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV61

doi: 10.3205/16dkvf017, urn:nbn:de:0183-16dkvf0175

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Pauls et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Gesellschaftliche, gesundheitspolitische und epidemiologische Gründe führten in den letzten Jahren zu einer rasanten Entwicklung in der Hospiz- und Palliativversorgung. Dennoch fehlen bis heute vor allem in ländlichen und strukturschwachen Gebieten Versorgungsangebote. Aus dem beruflichen Alltag heraus werden u.a. Schnittstellen- und Kommunikationsprobleme zwischen den Sektoren sowie zwischen den Versorgenden beschrieben. Vernachlässigte Themen aus Sicht der Public Health- und Versorgungsforschung sind bis heute die nicht beachteten Barrieren der Betroffenen und Angehörigen sowie der Zugang zu und die Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten. Weitere Forschungslücken bestehen zu den Bedarfen in der praktischen Arbeit der Versorgenden.

Fragestellung: Ziel war die Ermittlung von Barrieren/Hindernissen für eine angemessene Versorgung sowie von Faktoren, die eine Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten beeinflussen. Die Studie war Teil einer größeren regionalen Erhebung zur Beschreibung der Versorgungssituation sowie zu den zukünftigen Bedarfen. Zudem sollten Unterschiede zwischen den größten Gruppen und zwischen den Gebieten (Stadt-Land) untersucht werden.

Methode: Die Studie wurde mit einem deskriptiven Querschnittsdesign und einem teilstandardisierten Fragebogen (schriftlich-postalisch) durchgeführt, der anhand des systemtheoretischen Modells der Versorgungsforschung abgeleitet wurde und aus geschlossenen und offenen Frage- und Antwortformaten bestand. In der allgemeinen ambulanten Palliativversorgung (AAPV) wurden Pflegedienste sowie Haus- und Fachärzte für Hämatologie/Onkologie, in der spezialisierten Palliativversorgung (SPV) die beteiligten Versorgenden aus allen Sektoren in der Stadt und im Landkreis (LK) zur Teilnahme eingeladen. Die Analyse der geschlossenen Antworten erfolgte deskriptiv, die offenen Antworten wurden inhaltsanalytisch codiert und ausgewertet.

Ergebnisse: Von 523 versendeten Fragebögen wurden 174 in die Analyse eingeschlossen (Rücklauf 33,3 %). Darunter gehörten Ärzte (n = 68), Pflegefachkräfte (n = 57) und Ehrenamtliche (n = 28) zu den größten Gruppen. Nach Einschätzung der Teilnehmenden gehören am häufigsten Angst/Unsicherheit bei den Angehörigen (21,7 %; n = 132) und bei den Schwerstkranken (20,2 %; n = 123) sowie wenige Informationen über Angebote (12,2 %; n = 74) zu den Barrieren/Hindernissen, die eine angemessene Versorgung erschweren. Unterteilt nach Gruppen benennen die Ärzte nicht bekannte Ansprechpartner und Zuständigkeiten (55,0 %; n = 33), die Pflegefachkräfte wenige Informationen über Angebote (38,8 %; n = 26) und die Ehrenamtlichen die fehlende Kommunikation unter den Versorgern (20,0 %; n = 12). Zu den drei Faktoren, die am ehesten die Inanspruchnahme von Angeboten beeinflussen, gehören nach Einschätzung der Teilnehmenden Angst/Unsicherheit (21,7 %; n = 112), Informationen über Angebote (20,9 %; n = 108) und positive/negative Erfahrungen (12,2 %; n = 63). Unterteilt nach Gruppen schätzten die Ärzte (45,4 %; n = 26) und die Ehrenamtlichen (19,6 %; n = 11) das soziale Umfeld als beeinflussenden Faktor in der Inanspruchnahme von Angeboten ein. Um den Zugang zu verbessern, wurde anhand von offenen Antworten eine Koordinierungsstelle für Betroffene, Angehörige und Ärzte vorgeschlagen. Die finanzielle Unterstützung, der Personalaufbau sowie die Qualifikation von Ärzten und Pflegefachkräften sind weitere Angaben. Zudem könnte nach Einschätzung der Teilnehmenden die frühe Einbindung der Versorgenden durch z.B. Beratungen im Krankenhaus und durch Hausärzte sowie die Verbreitung von mehr Informationen über z.B. Ansprechpartner für Betroffene und Angehörige, den Zugang verbessern.

Diskussion: Es konnten Barrieren/Hindernisse für eine angemessene Versorgung und Faktoren ermittelt werden, die die Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten beeinflussen. Die Erhebung schließt mit den selbsteingeschätzten Angaben aus der Versorgungspraxis eine in der Literatur oft beschriebene Lücke im Bereich der Inanspruchnahme- und Zugangsforschung.

Praktische Implikationen: In Kombination mit den offenen Antworten können diese Ergebnisse helfen, bedarfsgerechte Angebote in den zwei untersuchten Gebieten zu entwickeln, um die Situation in der AAPV und SPV zu optimieren.