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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Zusammenarbeit von Hausärzten und anderen ärztlichen Leistungserbringern bei der Versorgung von Krebspatienten

Meeting Abstract

  • Insa Koné - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland
  • Jennifer Engler - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland
  • Gudrun Klein - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland
  • Anne Dahlhaus - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland
  • Andrea Siebenhofer - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland
  • Corina Güthlin - Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Frankfurt, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV58

doi: 10.3205/16dkvf014, urn:nbn:de:0183-16dkvf0145

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Koné et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Eine Krebserkrankung ist für Patienten belastend und bedeutet häufig Veränderungen in vielen Lebensbereichen. Hausärzte als langjährige ärztliche Vertrauenspersonen scheinen in dieser Zeit zusätzlich an Bedeutung zu gewinnen. Das zeigt sich an erhöhten Kontaktraten und den vielseitigen Versorgungsaufgaben, die sie übernehmen. Allerdings wurde wiederholt gezeigt, dass Hausärzte und Krebspatienten eine schlechte Kommunikation und fehlende Informationsweitergabe zwischen behandelnden Ärzten und insbesondere zwischen stationärem und ambulantem Sektor erleben.

Fragestellung: Wie zufrieden sind Hausärzte mit der Zusammenarbeit mit anderen ärztlichen Leistungserbringern bei der Versorgung von Krebspatienten und welche Faktoren sind für die Zufriedenheit relevant?

Methode: In einem deutschlandweiten postalischen Survey mit Hausärzten wurde unter anderem gefragt: „Wenn Sie an die Versorgung Ihrer Krebspatienten denken: wie gut treffen folgende Aussagen auf die Zusammenarbeit zu?“. Elf Aussagen zur Zusammenarbeit sollten an Hand einer vier-stufigen Ratingskala jeweils für niedergelassene Onkologen, Ärzte in kleineren Krankenhäusern (≤400 Betten), Ärzte in größeren Kliniken (>400 Betten), ambulante Pflegedienste, ambulante Psycho(onko)logen/Psychotherapeuten, Hospize/Palliativstationen und die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) bewertet werden.

Für die genannte Fragestellung wurden die Antworten zu niedergelassenen Onkologen, Ärzten in kleinen und großen Kliniken ausgewertet, da es sich bei den übrigen Kooperationspartnern nicht eindeutig um ärztliche Leistungserbringer handelt.

Zur Beantwortung der Fragestellung erfolgten neben der deskriptiven Darstellung multivariate logistische Regressionsanalysen. Die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit (dichotomisiert: trifft voll/eher zu vs. trifft (eher) nicht zu) wurde jeweils als abhängige Variable verwendet. Soziodemographische Variablen und weitere Aussagen zur Zusammenarbeit, z.B. „Die Kommunikation erfolgt zeitnah.“, wurden als unabhängige Variablen berücksichtigt. Die Modellbildung erfolgte jeweils in einem mehrstufigen Variablenselektionsverfahren.

Ergebnisse: Die Rücklaufquote der Befragung betrug 34,1% (1453/4500).

81,0% der Hausärzte geben an, es trifft voll zu bzw. eher zu, dass sie mit der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Onkologen zufrieden sind. Entsprechend geben dies 65,5% für Ärzte in kleineren Kliniken und 47,9% für Ärzte in größeren Kliniken an.

Signifikant positive Prädiktoren für die hausärztliche Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit sind bei allen drei Gruppen eine zeitnahe Kommunikation (niedergelassene Onkologen: OR=12,56; Ärzte in kleinen Krankenhäusern: OR=11,67; Ärzte in großen Krankenhäusern: OR=7,16), das Erhalten ausreichender Informationen (niedergelassene Onkologen: OR=4,66; Ärzte in kleinen Krankenhäusern: OR=2,93; Ärzte in großen Krankenhäusern: OR=1,88), das schnelle Erhalten von Terminen (niedergelassene Onkologen: OR=2,14; Ärzte in kleinen Krankenhäusern: OR=2,06; Ärzte in großen Krankenhäusern: OR=1,54) und die Möglichkeit sich bei Bedarf einen Rat einzuholen (niedergelassene Onkologen: OR=3,32; Ärzte in kleinen Krankenhäusern: OR=2,79 ; Ärzte in großen Krankenhäusern: OR=2,16).

Als einzige soziodemographische Variable ist eine Fortbildung in Palliativmedizin auf Seiten der Hausärzte im Modell für niedergelassene Onkologen und Ärzte in kleineren Krankenhäusern signifikant negativ mit der Zufriedenheit assoziiert (niedergelassene Onkologen: OR=0,52; Ärzte in kleineren Krankenhäusern: OR=0,51).

Diskussion: Hausärzte sind mit der Zusammenarbeit mit niedergelassenen Onkologen und Ärzten in kleineren Krankenhäusern eher zufrieden, die Zusammenarbeit mit Ärzten in größeren Kliniken wird schlechter bewertet.

Die wichtigsten Prädiktoren für die Zufriedenheit mit der Zusammenarbeit sind die zeitnahe Weitergabe von ausreichend Informationen und die Möglichkeit, einen Rat einzuholen und schnelle Termine zu bekommen. Der einzige relevante soziodemographische Prädiktor ist eine Fortbildung in Palliativmedizin: Möglicherweise haben palliativmedizinisch geschulte Hausärzte spezifische Anforderungen, die durch niedergelassenen Onkologen und Ärzten in kleineren Krankenhäusern nicht gut gedeckt werden.

Je größer die Institution ist, desto geringer scheint die Zufriedenheit der Hausärzte mit der Zusammenarbeit. Die Prädiktoren deuten an, dass kurze Kommunikationswege und persönliche Kontakte eine Rolle spielen. Dass die interdisziplinäre und sektorenübergreifende Zusammenarbeit schwierig ist, zeigt sich auch daran, dass das Problem der Versorgungsbrüche seit vielen Jahren diskutiert wird, bislang aber keine flächendeckend umsetzbaren Lösungsansätze gefunden wurden.

Praktische Implikationen: Diese Ergebnisse gingen in ein weiteres Teilprojekt unserer übergeordneten Studie „Onkologie in der Hausarztpraxis“ ein. Folgerichtig untersuchen wir gerade die Kooperation aus Sicht der Onkologen, um später Verbesserungsideen entwickeln zu können.