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15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

5. - 7. Oktober 2016, Berlin

Noch Fragen? Kommunikation zwischen Patienten und ihren Behandlern während des stationären Aufenthalts

Meeting Abstract

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  • Katja Stahl - Picker Institut Deutschland gGmbH, Hamburg, Deutschland

15. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 05.-07.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocFV22

doi: 10.3205/16dkvf007, urn:nbn:de:0183-16dkvf0070

Veröffentlicht: 28. September 2016

© 2016 Stahl.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der Deutsche Ethikrat fordert in seiner aktuellen Stellungnahme zum Patientenwohl in Krankenhäusern neben einer guten medizinischen Behandlungsqualität und einem gleichberechtigten Zugang die Möglichkeit eines selbstbestimmten Handelns sowie eine gute subjektive Patientenerfahrung. Zwingend notwendig sei in diesem Zusammenhang eine bessere Kommunikation zwischen Patienten und ihren Behandlern.

Fragestellung: Wie erleben erwachsene Patienten und Eltern minderjähriger Patienten die Kommunikation mit den Ärzten und Pflegekräften sowie die Einbindung in Entscheidungsfindungsprozesse in deutschen Krankenhäusern?

Methode: Sekundärdatenanalyse zweier Datensätze zu den Erfahrungen erwachsener Patienten akutsomatischer Abteilungen sowie von Eltern stationär behandelter Kindern in deutschen Krankenhäusern. Die Datenerhebung erfolgte mit Hilfe validierter Fragensets als poststationäre, postalische Befragung zwischen 2013 und 2015. Die Analyse der Patientenerfahrung erfolgte in Form einer deskriptiven Analyse des Patienten- bzw. Elternanteils mit negativen Erfahrungen (Problemhäufigkeiten), die Prüfung der Mittelwertunterschiede über den Student’s t-test für unabhängige Stichproben und eine einfaktorielle Varianzanalyse (Signifikanzniveau α=0,05).

Ergebnisse: Analysiert wurden die Angaben von mehr als 41.000 Patienten aus 86 verschiedenen Krankenhäusern sowie die Rückmeldungen von mehr als 6300 Eltern aus 43 verschiedenen Krankenhäusern. Im Schnitt fühlten sich 34% der Patienten und 37% der Eltern nicht adäquat in Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden, 22% der erwachsenen Patienten und 23% der Eltern bekamen keine verständlichen Antworten auf wichtige Fragen und 16% bzw. 30% (p<0,001) erhielten widersprüchliche Aussagen von den betreuenden Fachkräften zu Erkrankung und Behandlung. Von den erwachsenen Patienten erhielten 29% keine verständliche Erklärung ihrer Untersuchungsergebnisse. Die Gelegenheit für Angehörige zu einem Gespräch mit dem Arzt erlebten 41% von ihnen nicht als angemessen. Vor der Entlassung wurden 62% der erwachsenen Patienten und 59% der Eltern nicht adäquat über Medikamentennebenwirkungen informiert, auf zu beachtende Gefahrensymptome wurden 43% bzw. 44% nicht oder nur unzureichend hingewiesen. Über die Wiederaufnahme von Alltagsaktivitäten wurden 50% der erwachsenen Patienten und 41% der Eltern nur unzureichend informiert (p=0,001). Bei den erwachsenen Patienten zeigten sich darüber hinaus hinsichtlich der Kommunikationsmängel z.T. signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Fachabteilungen sowie eine Tendenz zu größeren Schwierigkeiten bei älteren Patienten.

Diskussion: Die Ergebnisse bestätigen die Resultate internationaler Untersuchungen, dass aus Patientensicht insbesondere im Bereich der Kommunikation mit den betreuenden Fachkräften ein deutlicher Handlungsbedarf besteht und damit in dem Bereich, den die Literatur als zentrales Qualitätskriterium aus Patientensicht und darüber hinaus als wichtigste menschlich bedingte Ursache für unerwünschte Ereignisse ausweist. In der vorliegenden Stichprobe sind Krankenhäuser mit > 500 Betten überrepräsentiert, darüber hinaus muss der bei schriftlichen Befragungen bekannte Bias bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden.

Praktische Implikationen: Maßnahmen zur Verbesserung der Kommunikation bergen ein großes Potenzial, die Versorgungsqualität zu steigern. Die systematische Integration von Kommunikationstrainings in die grundständige Ausbildung aller Gesundheitsberufe sowie in berufsbegleitende Fortbildungen im Sinne eines lebenslangen Lernens ist daher erforderlich, ebenso wie eine feste Verankerung der Erhebung der Patientenperspektive in Strategien des klinischen Risikomanagements.