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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Das Zugangsverfahren zur psychosomatischen Rehabilitation aus Sicht von Psychotherapeuten und Psychiatern

Meeting Abstract

  • Jutta Ahnert - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Würzburg, Deutschland
  • Michael Schuler - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Würzburg, Deutschland
  • Reinhard Legner - Deutsche Rentenversicherung Bayern Süd, Landshut, Deutschland
  • Harald Berger - Deutsche Rentenversicherung Nordbayern, Würzburg, Deutschland
  • Heiner Vogel - Universität Würzburg, Abteilung für Medizinische Psychologie und Rehabilitationswissenschaften, Würzburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP055

doi: 10.3205/15dkvf290, urn:nbn:de:0183-15dkvf2904

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Ahnert et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Den Anträgen auf medizinische Rehabilitation von Patienten mit psychischen Störungen (F-Diagnose/n nach ICD-10) liegen zu 44% nur Befundberichte vom Hausarzt bei; diese Reha-Anträge von Patienten mit F-Diagnosen ohne Befundbericht vom Psychiater/Psychotherapeuten sind für die Deutsche Rentenversicherung bei der Erstvorlage häufig nicht entscheidbar, so dass ein Befundbericht vom Psychiater/Psychotherapeuten nachträglich angefordert werden muss (vgl. [1]). Insofern könnte es sinnvoll sein, bei Anträgen auf psychosomatische Rehabilitation von vorneherein Psychiater/Psychotherapeuten einzubeziehen. Die nachfolgende Studie untersucht, ob und unter welchen Bedingungen Psychiater und Psychotherapeuten zur Befundberichtserstellung bereit wären.

Methodik: In einer Beispielregion wurden 53 niedergelassene Psychiater, Psychotherapeuten, Ärzte für Psychosomatik und Leiter von psychiatrischen Institutsambulanzen nach Berufsgruppen geschichtet zufällig ausgewählt und um Teilnahme an einem Telefoninterview gebeten. Im Telefoninterview wurden die folgenden Parameter erfasst: Erfahrungen mit psychosomatischen Reha-Maßnahmen sowie mit der Erstellung von Befundberichten für die Deutsche Rentenversicherung; Bereitschaft zur Erstellung eines erweiterten Befundberichts für Patienten, die bisher nicht bei ihnen in Behandlung waren; Inhalte eines Beratungsgesprächs für Antragsteller einer psychosomatischen Reha; Anzahl möglicher Befundberichte pro Monat; geschätzter Zeitaufwand und angemessene Vergütung. Die Auswertung erfolgte deskriptiv und mittels qualitativer Inhaltsanalyse.

Ergebnisse: Von den 53 angeschriebenen Psychiatern/ärztlichen bzw. psychologischen Psychotherapeuten/Ärzten für Psychosomatik und psychiatrischen Institutsambulanzen nahmen 19 Personen am Interview teil (30%). 52% der Befragten berichten von überwiegend positiven, 42% von gemischten Erfahrungen mit psychosomatischen Reha-Maßnahmen.

Die Mehrheit der Antwortenden (68%) wäre bereit einen erweiterten Befundbericht für Antragsteller einer psychosomatischen Reha, die bisher nicht bei ihnen in Behandlung waren, zu erstellen. Im Mittel geben sie an, pro Monat vier Beratungsgespräche (Spannweite: 0–8) mit Antragstellern einer psychosomatischen Reha durchführen zu können. Der geschätzte zeitliche Beratungsaufwand pro Reha-Antragsteller beträgt M=75 Min. (Spannweite: 30–200) und M=45 Min. (Spannweite: 10–90) für die Verschriftlichung der Befunde. Die angemessene Aufwandsentschädigung für eine Beratungsstunde wird auf M=82 Euro (Spannweite: 50–120), für die Erstellung des Befundberichts auf M=41 Euro (Spannweite: 10–90) geschätzt. Die Ergebnisse variieren in Abhängigkeit von der Berufsgruppe.

Als wichtige Inhalte für das Beratungsgespräch stufen die Befragten die Anamnese, die Prüfung der Diagnose sowie die Abklärung der Reha-Motivation ein. Gewünscht werden zudem eine hohe Standardisierung des Verfahrens und eine Überarbeitung des ärztlichen Befundberichts.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die Idee bei Anträgen auf eine psychosomatische Reha regelhaft einen Befundbericht vom Psychiater/Psychotherapeuten anzufordern, vermutlich auch in der Versorgungspraxis umsetzbar wäre. Dieses veränderte Zugangsverfahren könnte die Aussagekraft der Reha-Anträge erhöhen und den Prüfärzten eine bessere Entscheidungsgrundlage liefern.


Literatur

1.
Ahnert J, Schuler M, Legner R, Berger H, Vogel H. Anträge auf psychosomatische Rehabilitation: Häufigkeit, Qualität und Befürwortungsrate. In: DRV-Bund, editor. DRV-Schriften; 107. 2015. p. 330-2.