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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Gut informiert in die Reha? Wunsch oder Wirklichkeit?

Meeting Abstract

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  • Anna Lena Walther - Universität Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Lübeck, Deutschland
  • Dora Schreiber - Universität Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Lübeck, Deutschland
  • Ruth Deck - Universität Lübeck, Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie, Lübeck, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP054

doi: 10.3205/15dkvf289, urn:nbn:de:0183-15dkvf2897

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Walther et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Wer eine medizinische Reha macht, hat Anspruch über Inhalte und Ablauf informiert zu werden. Einheitliche Informationsmaterialien der Deutschen Rentenversicherung existieren bisher nicht. Je nach Träger erhält der zukünftige Rehabilitand Merkblätter oder eine Broschüre, deren Inhalte und Umfang sich stark unterscheiden [1]. Als weitere Informationsquelle wird auf die niedergelassenen Ärzte verwiesen, die jedoch selbst einen hohen Informationsbedarf angeben [2]. Daher verwundert es nicht, dass die Hälfte von Rehabilitanden zu Reha-Beginn wenig darüber weiß, wie eine Reha abläuft [1]. Studien aus der Health-Literacy-Forschung zeigen jedoch, dass Informiertheit und verschiedene gesundheitsbezogene Outcomes zusammenhängen [3].

Fragestellung: Welche Informationen haben zukünftige Rehabilitanden bisher erhalten, welche fehlen noch und welche wünschen sie sich? Wie gut fühlen sie sich auf die anstehende Reha vorbereitet?

Methode: Es wurden 24 telefonische Interviews mit Versicherten der Deutschen Rentenversicherung durchgeführt, deren Reha-Antrag im Heilverfahren (ambulant und stationär) bei den Indikationen Orthopädie, Psychosomatik und Kardiologie/Innere Medizin bewilligt wurde. Die telefonischen Interviews erfolgten leitfadengestützt, wurden digital aufgezeichnet und vollständig transkribiert. Die Auswertung orientierte sich am Konzept der Inhaltsanalyse und wurde mit dem Programm MAXQDA durchgeführt [4]. Das Kategoriensystem wurde deduktiv und induktiv gebildet. Das gesamte Material wurde zunächst von 2 Personen unabhängig voneinander kodiert. Die gemeinsame Diskussion der Kodierungen sowie die Konsensfindung erfolgten ggf. mit der Projektleiterin.

Ergebnisse: Viele Rehabilitanden haben versucht sich u.a. bei Ärzten, Angehörigen oder über das Internet zu informieren. Dennoch sind viele Fragen offen geblieben: Rückblickend hätten sich einige Informationen hinsichtlich der Möglichkeiten der Durchführung einer Reha (ambulant und stationär) gewünscht. Andere gaben an, über das Wunsch- und Wahlrecht nicht informiert gewesen zu sein. Die Frage des Kostenträgers ist für viele verwirrend und auch nach der Bewilligung teilweise noch unklar.

Ungeklärte Fragen bezüglich der bevorstehenden Reha betreffen vorwiegend das Therapieangebot und den Tagesablauf, aber auch die Freizeitgestaltung und der Frage, was man mitbringen soll. Der selbsteingeschätzte Grad der Informiertheit über die Reha variiert stark: Einige fühlen sich gut vorbereitet und wünschen sich keine weiteren Informationen. Andere hingegen haben gar keine Vorstellung, was auf sie zukommt. Auch der Umgang mit fehlenden Informationen ist unterschiedlich: Einige lassen die Reha auf sich zukommen und geben an, offene Fragen direkt in der Reha-Klinik anzusprechen. Andere möchten sich noch vorher telefonisch an die Reha-Klinik wenden oder sich über Bekannte und das Internet weiter informieren. Rehabilitanden mit Informationsdefiziten fahren mit unterschiedlichen Gefühlen zur Reha: Einige lassen sich überraschen, was passiert und fahren optimistisch in die Reha. Anderen wiederum bereitet die Unwissenheit über die konkrete Ausgestaltung der Reha Sorgen und ein mulmiges Gefühl.

Diskussion: Der qualitative Studienteil hat bereits einen hohen Informationsbedarf identifiziert. Dieser wird derzeit anscheinend nur unzureichend gedeckt. Angebote wie die Gemeinsamen Servicestellen oder die Website http://www.vor-der-reha.de/, die einen Teil des Informationsbedarfs decken könnten, sind unter den Rehabilitanden kaum bekannt. Durch eine verstärkte Bekanntmachung dieser Angebote innerhalb der Zielgruppe könnte ein Teil des Informationsbedarfes bereits befriedigt werden.

Aus den Ergebnissen der telefonischen Interviews wurden Inhalte für eine standardisierte Befragung erarbeitet. Die Befragung wird im April 2015 mit je 200 Versicherten mit bewilligtem Reha-Antrag der o.g. Indikationen durchgeführt.

Praktische Implikationen: Wer gut informiert ist, profitiert mehr von der Reha: Aus den Daten der schriftlichen Befragung lassen sich weitere Hinweise für eine bedarfsgerechte Informationsgestaltung hinsichtlich gewünschter Themen, Art und Umfang der Informationsmaterialien ableiten, deren Umsetzung passgenau für zukünftige Rehabilitanden erfolgen kann.


Literatur

1.
Höder J, Deck R. Vorbereitung auf die Reha: Was wissen die Rehabilitanden über die Rehabilitation? Abschlussbericht. 2014. Verfügbar unter: http://www.forschung-patientenorientierung.de/files/abschlussbericht_hoeder.pdf Externer Link
2.
Walther AL, Pohontsch, NJ, Deck R. Informationsbedarf zur medizinischen Rehabilitation der Deutschen Rentenversicherung – Ergebnisse eines Online-Surveys mit niedergelassenen Ärzten. Gesundheitswesen. 2014;EFirst. DOI: 10.1055/s-0034-1377034 Externer Link
3.
Berkman ND, Sheridan SL, Donahue KE, et al. Health Literacy Interventions and Outcomes - An Updated Systematic Review. Evidence Report/Technology Assessment. 2011;199.
4.
Mayring P. Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken. Weinheim: Beltz-Verlag; 2010.