gms | German Medical Science

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Methamphetaminkonsum in Mitteldeutschland. Eine qualitative Studie zu Bedarf und Herausforderungen für die rehabilitative Versorgung (METH_MD) – Studiendesign

Meeting Abstract

  • Laura Hoffmann - Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
  • Nadine Schumann - Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland
  • Thomas Fankhänel - Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Sektion Allgemeinmedizin, Halle (Saale), Deutschland
  • Andreas Klement - Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Sektion Allgemeinmedizin, Halle (Saale), Deutschland
  • Matthias Richter - Institut für Medizinische Soziologie, Halle (Saale), Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP053

doi: 10.3205/15dkvf288, urn:nbn:de:0183-15dkvf2884

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Hoffmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Methamphetamin („Crystal Meth“) besitzt ein enormes Abhängigkeitspotential und ist mit schweren psychischen und physischen Auswirkungen für die Betroffenen assoziiert [1]. In Deutschland weist der Konsum von Crystal Meth in den letzten Jahren die höchsten Steigerungsraten im Vergleich zu anderen Suchtmitteln auf [2], wobei die Region Mitteldeutschland besonders stark vom Konsumanstieg betroffen ist [3]. Dies stellt die gesundheitliche Versorgung vor neue Herausforderungen. Untersuchungen, die die bestehenden Versorgungsstrukturen von Crystal-Konsumenten systematisch bewerten, fehlen bislang. Eine erste vom Bundesministerium für Gesundheit in Auftrag gegebene Studie zu Konsumierendengruppen und -motiven von (Meth)-Amphetamin zeigt, dass eine Begrenzung auf bestimmte Personengruppen mittlerweile kaum mehr feststellbar ist und Crystal-Konsumenten in allen Gesellschaftsschichten zu finden sind [4]. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die Anforderungen an den gestiegenen Versorgungsbedarf von Methamphetaminsüchtigen in Mitteldeutschland und die damit verbundenen Herausforderungen für die Rentenversicherung als zentralen Leistungsträger aus Expertensicht zu explorieren.

Fragestellung:

1.
Wie ist die Versorgungsstruktur Methamphetaminsüchtiger aktuell aufgebaut, wo liegen zentrale Herausforderungen?
2.
Mit welchen Konsumierendengruppen von Crystal Meth werden die Experten der Beratungs- und Behandlungseinrichtungen konfrontiert, worin unterscheiden sie sich und wie müssen sich rehabilitative Versorgungseinrichtungen künftig auf den wachsenden Versorgungsbedarf dieser Betroffenengruppen einstellen?
3.
Welche motivationalen Barrieren beeinträchtigen die bedarfsgerechte Versorgung von Methamphetaminkonsumenten auf Seiten der Akteure unterschiedlicher Professionen in der Versorgungskette? Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um z.B. Hausärzte für eine wirksame Umsetzung suchtpräventiver Maßnahmen zu motivieren?
4.
Welche Optimierungsmöglichkeiten für eine bedarfsgerechte Versorgung von Methamphetaminkonsumenten können für den Kostenträger abgeleitet werden?

Methode: Die explorative Fragestellung bedingt ein qualitatives Forschungsdesign, welches die Chance bietet, die Sichtweisen der befragten Experten nachzuvollziehen, um den Versorgungsbedarf und bestehende Herausforderungen für den Leistungsträger zu rekonstruieren. Die Datenerhebung erfolgt in einem konsekutiven, zweistufigen Verfahren durch Experteninterviews sowie professionenübergreifende Fokusgruppen. In einer ersten Erhebungsphase werden in semi-strukturierten Einzelinterviews Erfahrungen und Perspektiven von Experten aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen zu Crystal-Betroffenen exploriert, durch das Projektteam sondiert und in einer zweiten Erhebungsphase in professionsübergreifenden Fokusgruppen gebündelt diskutiert. Die Interviews werden digital aufgezeichnet, transkribiert und inhaltsanalytisch nach Meuser & Nagel [5] ausgewertet.

Erwartete Ergebnisse: Die Ergebnisse der Untersuchung stellen erstmalig eine interdisziplinär gefächerte Bestandsaufnahme hinsichtlich des Versorgungsbedarfs Methamphetaminsüchtiger in Mitteldeutschland dar sowie der Herausforderungen einer erfolgreichen trägerorientierten Versorgung aus professionsübergreifender Expertensicht. Aktuell bestehende Versorgungsstrukturen der einzelnen Sektoren für die Betroffenen werden erfasst, Defizite identifiziert sowie wahrgenommene Optimierungsmöglichkeiten exploriert.

Diskussion & Praktische Implikationen: Die gravierend steigende Zahl Methamphetaminabhängiger stellt das gesamte Versorgungssystem vor neue Herausforderungen. Leistungserbringer und Leistungsträger müssen sich dem steigenden Versorgungsbedarf anpassen und bedarfsgerechte Leistungen bereitstellen. Die Ergebnisse dieser Studie tragen dazu bei, die steigende Zahl an Betroffenen künftig frühzeitig in das Suchthilfesystem zu integrieren, um damit eine bedarfsgerechte Versorgung der wachsenden Gruppe Methamphetaminsüchtiger sicherzustellen und bestehende Versorgungslücken zu schließen.


Literatur

1.
EMCDDA. Problem amphetamine and methamphetamine use in Europe. Luxemburg: . European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction; 2010.
2.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. Drogen- und Suchtbericht. Berlin: Bundesministerium für Gesundheit; 2014.
3.
Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren eV. Sucht 2014 – Bericht der Suchtkrankenhilfe in Sachsen. Dresden: 2015.
4.
Milin S, et al. Amphetamin und Methamphetamin - Personengruppen mit missbräuchlichem Konsum und Ansatzpunkte für präventive Maßnahmen. Sachbericht. Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS); 2014.
5.
Meuser M, Nagel U. Experteninterview und der Wandel der Wissensproduktion. In: Bogner A, Littig B, Menz W, editor. Experteninterviews. Theorien, Methoden, Anwendungsfelder. 3rd ed. VS Verlag für Sozialwissenschaften; 2009.