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Wirksamkeit und Kosten-Effektivität eines professionsübergreifenden Medikationsmanagement zur Unterstützung der hausärztlichen Versorgung multimorbider Patienten: Ergebnisse der WestGem-Studie
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Veröffentlicht: | 22. September 2015 |
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Hintergrund: Die bei multimorbiden Patienten bestehende Poly-, Selbst-, und Fremdmedikation erschwert dem Hausarzt oftmals die Versorgungssteuerung. Häufig ist der Hausarzt auf die umfängliche Information durch den Patienten bzgl. fachärztlicher Leistungsinanspruchnahmen und Selbstmedikation angewiesen, da eine verlässliche Hausarzt-Facharzt-Kommunikation in der Regel nur bei vorliegender hausärztlicher Überweisung erfolgt. Der Blick auf das Verhalten des Patienten im häuslichen und sozialen Umfeld bleibt meist vollständig verwehrt.
In der von der EU und dem Land NRW geförderten WestGem-Studie wird die Arzneimitteltherapie von Patienten mit Multimorbidität im Rahmen eines professionsübergreifenden Medikationsmanagements durch verschiedene Professionen (Hausarzt, Pharmazie, Pflege- und Wohnberatung) erfasst und mit Blick auf bestehende arzneimittelbezogene Probleme, Interaktionen sowie Optimierungspotentiale im Rahmen eines Medikationsreviews (PCNE Typ 3) überprüft. Änderungsvorschläge, welche durch den professionsspezifischen Blick auf die Patienten entstehen, werden an den Hausarzt zur Information sowie ggf. Entscheidung über eine Therapieanpassung übermittelt.
Fragestellung: Verbessert das professionsübergreifende Medikationsmanagement die Angemessenheit der Arzneimitteltherapie?
Methodik: Das professionsübergreifende Medikationsmanagement wird im Rahmen einer prospektiven, cluster-randomisierten kontrollierten Studie im Stepped-wedge Design hinsichtlich der Wirksamkeit und Kosten-Effektivität evaluiert. Darüber hinaus werden im Rahmen qualitativer Interviews und Fokusgruppen die Erwartungen an einen solchen Austausch sowie die während des Vorhabens wahrgenommenen Umsetzungsbarrieren erfasst. Die Beobachtungszeit setzt sich aus einem 6-monatigen retrospektiven Zeitraum und einer 15-monatigen prospektiven Studienphase mit 7 Erhebungszeitpunkten zusammen. Eingeschlossen werden Patientinnen und Patienten älter als 64 Jahre, welche an mind. drei chronischen Erkrankungen aus zwei unterschiedlichen Organsystemen leiden, wovon eine aus dem kardiovaskulären Bereich stammen muss. Die Patienten müssen mind. einen Hausarztkontakt in jedem der letzten drei Quartale aufweisen und fünf oder mehr Dauermedikationen mit systemischen Effekten einnehmen. Grundlage für die Evaluation bilden die studienbegleitende Dokumentationen des Arztes, Patientenfragebögen zur Lebensqualität (SF-12, EQ-5D), quartalsweise durchgeführte Telefoninterviews, Anwenderbefragungen und interventionsbegleitende Prozessdokumentationen. Neben einer grundsätzlichen Analyse der Arzneimitteltherapie und dem reinen Wirksamkeits- sowie Kosten-Effektivitätsvergleich zwischen Interventions- und Kontrollgruppe wird zudem untersucht, welche Fremd- und Selbstmedikation kurzfristigen Änderungen unterliegt.
Ergebnisse: In die Studie konnten 166 Patienten eingeschlossen werden. Dabei liegt der Anteil an Frauen im Studienkollektiv bei 53,1%, das mittlere Alter der Patienten bei 77,1 (± 6,4) Jahren. Bei der Anzahl der eingenommenen Arzneimittel ergaben sich signifikante Geschlechterunterschiede (p=0,038). So nahmen Frauen im Mittel 11,2 (± 3,9) und Männer 9,6 (± 3,4) Präparate ein. Beim Abgleich der Medikationspläne des Hausarztes und dem tatsächlichen Einnahmeverhalten der Patienten zeigte sich eine Übereinstimmung von 64%. 17% der Abweichungen gehen auf Facharztverordnungen zurück, 22% der Abweichungen entstanden aufgrund von Selbstmedikation und 61% waren auf ein geändertes Einnahmeverhalten zurückzuführen. Insgesamt konnten dem Hausarzt somit 4 bis 5 weitere Medikamente mitgeteilt werden, die der Patient täglich einsetzt. Darüber hinaus zeigte sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Grad der Übereinstimmung (bzgl. hausärztlichem Medikationsplan und Patientenverhalten) und der Anzahl arzneimittelbezogener Probleme (klassifiziert nach PCNE v 6.2). Potentiell inadäquate Arzneimittel (nach PRISCUS) wurden von 39,6% der Patienten eingenommen. Die Ergebnisse zur Wirksamkeit (primärer Endpunkt: Änderung im MAI-Score) und Kosten-Effektivität, sowie die Resultate der sekundären Zielparameter (HRQL, etc.) werden Ende Juni 2015 vorliegen.
Schlussfolgerung: Das in dieser regionalen Studie untersuchte Patientenkollektiv ähnelt sowohl in demographischer Struktur als auch hinsichtlich des Morbiditätsprofils andern regionalen und nationalen Untersuchungen. Ein Großteil der identifizierten Therapieunstimmigkeiten geht auf ein abweichendes Patientenverhalten zurück, welches sich dem betreuenden Hausarzt nur selten zeigt.
Praktische Implikationen: Interprofessionelle Zusammenarbeit von Medizin, Pharmazie sowie Pflege- und Wohnberatung kann zu einer deutlichen Reduktion von Diskrepanzen in den Arzneimittelprofilen der Patienten führen. Damit würden arzneimittelbezogene Probleme verringert und die Patientensicherheit deutlich erhöht werden.