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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Notfallversorgung in Deutschland – Eine Erfassung der rettungsdienstlichen Strukturen

Meeting Abstract

  • Natalie Baier - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Karsten Roth - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Cornelia Henschke - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Leonie Sundmacher - LMU München, Health Services Management, München, Deutschland
  • Reinhard Busse - TU Berlin, Management im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP014

doi: 10.3205/15dkvf155, urn:nbn:de:0183-15dkvf1554

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Baier et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Bereits seit längerem steigt das wissenschaftliche und mediale Interesse an den Strukturen und Abläufen der Notfallversorgung in Deutschland. Gründe hierfür liegen in der steigenden Inanspruchnahme des Rettungsdienstes, welche sich unter anderem aus dem ländlichen Hausärztemangel und der daraus resultierende Unterversorgung ergibt. Gleichzeitig droht ein Notarztmangel in der rettungsdienstlichen Versorgung. Der Rettungsdienst, welcher mit der präklinischen Versorgung und dem Patiententransport eine Schlüsselstelle in der Notfallversorgung einnimmt, wurde bisher auf bundesweiter Ebene wenig erforscht. Hier setzt das Projekt „Preclinical Emergency Medical Services in Germany“ (EMSiG) des Gesundheitsökonomischen Zentrums Berlin an, welches sich zum Ziel gesetzt hat, die rettungsdienstliche Versorgung auf regionaler und Bundesebene umfassend zu analysieren.

Fragestellungen:

1.
Wie ist der Rettungsdienst in Deutschland gesetzlich geregelt? Welche Unterschiede bestehen zwischen den Bundesländern?
2.
Wie ist die rettungsdienstliche Versorgung regional strukturiert, d.h. wie sind Leitstellen, Rettungswachen und Notarztstandorte verteilt und mit Rettungsmitteln bzw. Personal besetzt?

Methode: In einem qualitativen Verfahren erfolgte in einem ersten Schritt eine systematische Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen (Gesetze und Verordnungen) auf Bundeslandebene. Um darauf aufbauend die Struktur der regionalen rettungsdienstlichen Versorgung zu erheben, wurden Fragebögen entwickelt, welche in einem zweistufigen Pretest auf Verständlichkeit und Handhabung geprüft wurden. Hierfür werden zunächst die Ärztlichen Leiter Rettungsdienst kontaktiert, um Informationen hinsichtlich der im Rettungsdienstbereich tätigen Leistungserbringer zu erheben. Darauf aufbauend werden die Leistungserbringer (DRK, Malteser, etc.) hinsichtlich der Rettungswachen, der Rettungsmittel, der Finanzstruktur sowie der personellen Besetzung befragt. Die Fragebögen für die Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) wurden über den Mailverteiler des Bundesverbandes ÄLRD sowie direkt an die ÄLRD versandt. Auf diesem Weg wurden insgesamt 214 ÄLRD kontaktiert.

Vorläufige Ergebnisse: Die Analyse der Rahmenbedingungen zeigt zwischen den Bundesländern divergierende rettungsdienstliche Vorgaben hinsichtlich der Trägerschaft, der Hilfsfristvorgaben und der personellen Besetzung. So variiert die gesetzliche Vorgabe der Hilfsfrist, welche die Zeit zwischen Beginn und Ende der Notfallrettung definiert, zwischen 8 Minuten in städtischen Gebieten Nordrhein-Westphalens und 20 Minuten für Notärzte in Sachsen-Anhalt. Darüber hinaus wird der Erreichungsgrad sowie Beginn und Ende der Hilfsfrist von den Bundesländern unterschiedlich definiert. Die Rücklaufquote der Befragung der ÄLRD beträgt zum jetzigen Zeitpunkt 63%. Erste Analysen dieser Daten zeigen, dass sich auf regionaler Ebene Unterschiede hinsichtlich der im Rettungsdienst tätigen Leistungserbringer ergeben.

Diskussionen: Die ersten Ergebnisse des Projektes verdeutlichen bereits die Unterschiede in Struktur und Organisation der rettungsdienstlichen Versorgung zwischen den Bundesländern. Zurzeit stellt der Rettungsdienst hinsichtlich der verfügbaren Informationen eine Black Box dar. Daten zur Anzahl der Rettungswachen sowie Einsatzzahlen sind zurzeit ausschließlich auf Bundesebene zugänglich. Auf Bundesland- bzw. Kreisebene liegen außer für Bayern keine Daten vor.

Praktische Implikationen: Eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Vorgaben ist insgesamt anzustreben, da durch abweichende Definitionen bzw. Auslegungen dieser Vorgaben Unterschiede in der Versorgung auftreten können. Darüber hinaus wäre die Implementierung von einheitlichen Datenbanken zu Strukturdaten auf Bundeslandebene wünschenswert.