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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Merkmale von Todesfällen bei Cholezystektomien und Herniotomien – Analyse der deutschlandweiten Krankenhausabrechnungsdaten von 2009 bis 2013

Meeting Abstract

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  • Ulrike Nimptsch - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland
  • Thomas Mansky - Technische Universität Berlin, Fachgebiet Strukturentwicklung und Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen, Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV33

doi: 10.3205/15dkvf047, urn:nbn:de:0183-15dkvf0476

Veröffentlicht: 22. September 2015

© 2015 Nimptsch et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Cholezystektomien und Herniotomien sind häufige Eingriffe in der Viszeralchirurgie. Todesfälle, die im Zusammenhang mit diesen meist planbaren Routineeingriffen auftreten, sind seltene Ereignisse. Systematische Zusammenhänge sind deshalb im klinischen Alltag schwer zu erkennen. Ihre Aufdeckung kann jedoch zur Verbesserung der Patientensicherheit wesentlich beitragen.

Fragestellung: Diese Arbeit untersucht Merkmale von Patienten, die im Zusammenhang mit einer Cholezystektomie (CE) oder einer Herniotomie (HT) im Krankenhaus verstorben sind im Vergleich zu den überlebenden Patienten und analysiert den Einfluss von kodierten Begleiterkrankungen auf das Sterberisiko. Daneben werden Komplikationen im Behandlungsverlauf betrachtet.

MethodeDatengrundlage sind die Mikrodaten der Fallpauschalenbezogenen Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) der Jahre 2009 bis 2013. Einbezogen wurden CE aufgrund von Gallensteinleiden unter Ausschluss von bösartigen Neubildungen und erweiterten oder simultan zu anderen Eingriffen durchgeführten CE. Als HT werden Eingriffe aufgrund von Leisten-, Schenkel-, Nabel- oder Bauchwandbrüchen gezählt, wobei Fälle mit zusätzlicher Darmoperation ausgeschlossen sind. Die Analysen beschränken sich auf Patienten mit einem Alter ab 20 Jahren.

Patientenmerkmale, Begleiterkrankungen und Komplikationen werden nach dem Überlebensstatus stratifiziert dargestellt. Zur Analyse des Einflusses von Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen auf das Sterberisiko im Krankenhaus wurden anhand logistischer Regressionsverfahren adjustierte Odds Ratios (OR) ermittelt.

Ergebnisse: Im Betrachtungszeitraum wurden rund 731.000 Fälle mit CE und 1.023.000 Fälle mit HT identifiziert. Insgesamt traten bei CE 2.957 Todesfälle (Krankenhaussterblichkeit 0,40%), bei HT 1.316 Todesfälle (0,13%) auf.

Die verstorbenen Patienten waren im Vergleich zu den Überlebenden deutlich älter (Anteil Patienten ab 65 CE 93% vs. 34%; HT 88% vs. 43%) und hatten häufiger Begleiterkrankungen (Anteil mit mindestens einer untersuchten Begleiterkrankung CE 99% vs. 67%; HT 91% vs. 47%).

Assoziiert mit dem Sterberisiko sind ein Alter ab 65 (adjustiertes OR CE 10,0 [95% KI 8,5-11,7]; HT 5,2 [4,4-6,2]) sowie Begleiterkrankungen wie z.B. Herzinsuffizienz (CE 3,6 [3,3-4,0]; HT 4,3 [3,6-5,0]), chronische Niereninsuffizienz (CE 2,2 [2,0-2,5]; HT 2,7 [2,3-3,2]), oder ein reduzierter Ernährungszustand (CE 3,5 [2,6-4,7]; HT 8,0 [5,5-11,7]). Komplikationen sind bei Verstorbenen deutlich häufiger kodiert als bei Überlebenden (Anteil mit mindestens einer untersuchten Komplikation CE 83% vs. 7%; HT 78% vs. 6%).

Diskussion: In dieser Arbeit stützt sich die Messung der Begleiterkrankungen allein auf die Dokumentation der entsprechenden Diagnosen in den Abrechnungsdaten. Da die Kodierung einer Begleiterkrankung impliziert dass diese im Verlauf der klinischen Behandlung bekannt war, lassen sich Optimierungspotentiale durch ein risikoadaptiertes Vorgehen in der Indikationsstellung, der Operationsvorbereitung und der peri- und postoperativen Versorgung vermuten.

Die Mehrzahl der Begleiterkrankungen, die in dieser Arbeit betrachtet wurden, waren mit einer signifikanten Erhöhung des Sterberisikos assoziiert. In der Literatur ist der Einfluss dieser Erkrankungen auf das Komplikations- oder Sterblichkeitsrisiko bei chirurgischen bzw. viszeralchirurgischen Eingriffen gut belegt (Crit Care 2013; 17(3):226. Langenbecks Arch Surg 2011; 396:591-606.). Eine exakte Anamnese mit körperlicher Untersuchung gilt deshalb als zentrales Element der präoperativen Vorbereitung, um nicht erkannte oder nicht suffizient therapierte Erkrankungen mit Einfluss auf das perioperative Risiko zu erfassen (Dtsch Arztebl Int 2014; 111:437-46.). Die Bedeutung dieses Vorgehens wird durch die Ergebnisse dieser Arbeit, gerade in Bezug auf erkennbare Risikofaktoren, nochmals unterstrichen. Bei den hier untersuchten, überwiegend elektiv durchgeführten Eingriffen kann eine prä- und perioperative Optimierung, z.B. bei Herzinsuffizienz (Kardiologe 2011; 5:13-26.) oder Mangelernährung (Chirurg 2014; 85(6):520-8.), das Risiko für Komplikationen deutlich verringern.

Praktische Implikationen: Diese Analyse zeigt, dass Todesfälle auch bei weniger komplexen, überwiegend planbaren Routineeingriffen wie Cholezystektomien und Herniotomien stark mit kodierten Begleiterkrankungen assoziiert sind. Aufgrund der Seltenheit solcher Todesfälle im einzelnen Krankenhaus ist die Sensibilisierung für eine Berücksichtigung patientenindividueller Risikofaktoren bei diesen scheinbar einfachen Eingriffen, anders als bei Hochrisikooperationen, möglicherweise nicht immer ausreichend. Maßnahmen zur Senkung der Sterblichkeit bei Herniotomien und Cholezystektomien mittels einer Beeinflussung präoperativ bekannter Risikofaktoren würden erheblich zur Verminderung des individuellen Risikos der Patienten beitragen und könnten damit die Patientensicherheit deutlich verbessern.