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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Zeigen patientengerechte Broschüren mit Darstellung von Informationen zu Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln im RCT einen Nutzen?

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Stefan Wilm - Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Dusan Simic - Institut für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author Verena Mülders - Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • author David Schwappach - Stiftung für Patientensicherheit, Zürich, Zürich, Schweiz
  • author Petra A. Thürmann - Philipp Klee-Institut für Klinische Pharmakologie, Helios Klinikum Wuppertal, Wuppertal, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf250

doi: 10.3205/11dkvf250, urn:nbn:de:0183-11dkvf2502

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Wilm et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Darstellung des Nutzens sowie potenzieller Risiken von Arzneimitteln ist eine wesentliche Voraussetzung für die informierte Entscheidungsfindung der Patienten zur Therapie. Neben der mündlichen Aufklärung durch den Hausarzt dient hierzu die Packungsbeilage von Medikamenten. Diese wird jedoch von vielen Patienten als zu lang und unverständlich empfunden. Bisher gibt es in Deutschland nur wenige Untersuchungen darüber, welche Informationen Patienten zu ihren Medikamenten wünschen und welche Art der Darstellung dieser Information sie präferieren.

Material und Methoden: In 6 Fokusgruppen mit Patienten aus Hausarztpraxen, die an Diabetes mellitus, Hypertonie und/oder Hypercholesterinämie erkrankt sind, wurden zunächst deren Wünsche in Bezug auf eine schriftliche Arzneimittelinformation erfasst. Die aus den Interviews gewonnenen Attribute sowie deren Ausprägungen wurden in einem zweiten Schritt in einer quantitativen Präferenzmessung an 1000 Personen über 50 Jahre in einer Straßenbefragung überprüft. Die als wichtig bzw. patientenfreundlich erkannten Merkmale von Patienteninformationen wurden als Grundlage zur Erstellung von zehn ergänzenden Medikamentenbeilagen verwendet (Broschüren für die Arzneistoffe Amlodipin, Bisoprolol, Candesartan, Enalapril, Glibenclamid, Glimepirid, Metformin, Metoprolol, Ramipril und Simvastatin). Diese werden prospektiv randomisiert bei Patienten aus Hausarztpraxen evaluiert. Dabei erhalten die Probanden der Interventionsgruppe Broschüren zu ihren Medikamenten, während der Kontrollgruppe eine Broschüre zu der Aufgabe von Forschungspraxen ausgehändigt wird. Im Anschluss an die Rekrutierung erfolgen vier telefonische Befragungen der Patienten (1 Woche, 1 Monat, 3 Monate und 6 Monate nach Rekrutierung). Der primäre Zielparameter Patientenwissen wird einen Monat nach Erhalt der Information überprüft. Weiterhin werden Patientenzufriedenheit und Adhärenz mittels validierter Fragebögen (SIMS-D und MARS-D) ermittelt. Die Datenerhebung wird im Sommer 2011 abgeschlossen.

Ergebnisse: Für den RCT konnten insgesamt 462 Patienten aus 26 Hausarztpraxen rekrutiert werden. Über beide Gruppen hinweg konnten die meisten richtigen Antworten zum langfristigen Nutzen des Medikamentes beim Wirkstoff Bisoprolol (23,2%) gemessen werden. Die wenigsten richtigen Antworten zur gleichen Frage wurden bei den Wirkstoffen Glibenclamid und Glimepirid gegeben (0%). Bei dieser Fragestellung ist besonders auffällig, dass viele Probanden zwar wissen, gegen welche Erkrankung dieses Medikament eingenommen wird und was die kurzfristige Wirkung sein soll, jedoch den langfristigen Nutzen nicht benennen können. Bei der Abfrage von wichtigen Nebenwirkungen wurden die meisten richtigen Antworten bei Metoprolol und Metformin (> 20%) genannt, die wenigsten zu Candesartan (0%). Zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe können signifikante Unterschiede festgestellt werden.

Schlussfolgerung: Ergänzende Medikamentenbeilagen können zu einer Verbesserung des Patientenwissens zu den eingenommenen Medikamenten beitragen. Bei der Darstellung besonders des langfristigen Nutzens von Medikamenten ist jedoch zusätzlich erheblicher Beratungsbedarf durch den Hausarzt von Nöten.