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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Pflegende Angehörige im Spannungsfeld zwischen Berufstätigkeit, Krankheit und Armut: Welche Daten eignen sich für eine Ist- und Bedarfsanalyse?

Meeting Abstract

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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf174

doi: 10.3205/11dkvf174, urn:nbn:de:0183-11dkvf1741

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Emrich et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Zu den physischen und psychischen Belastungen der Pflege gibt es gibt bereits verschiedene Studien, doch ist über die Auswirkungen der Pflege auf die Pflegenden Angehörigen in Bezug auf Armut und soziale Exklusion noch wenig bekannt. Die Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Pflegekosten und schützt nicht vor sozialer Isolation.

Exklusion ist ein Prozess, der unter anderem mit dem Verlust der Berufstätigkeit, Krankheit oder Verarmung beginnen kann. Pflegende Angehörige im erwerbsfähigen Alter (zu 73% Frauen) weisen mit 45% einen erhöhten Anteil an Nichterwerbstätigen auf, etwa 15% mehr als in der Gesamtbevölkerung und 10% mehr als unter allen Frauen.

Ziel der Arbeit ist es deshalb herauszufinden, welche sozialwissenschaftlichen Datensätze geeignet sind, um das Teilkollektiv der pflegenden Angehörigen hinsichtlich Armut und sozialer Exklusion im Vergleich zu Personen im erwerbsfähigen Alter, die nicht pflegen, zu untersuchen. Welche Daten erlauben das Identifizieren von Risikokonstellationen und -kollektiven, die spezielle Unterstützung brauchen?

Material und Methoden: Verschiedene sozialwissenschaftlichen Datensätze wurden hinsichtlich ihrer Möglichkeiten und Grenzen bezüglich der Aussagekraft zu folgenden Bereichen analysiert:

1.
Soziodemographische Informationen über pflegende Angehörige, inkl. ihrer finanziellen Situation
2.
Abbild der Pflegesituation, inkl. Inanspruchnahme von professioneller Hilfe und Unterstützung durch andere Familienmitglieder/Freunde
3.
Daten zu Erwerbstätigkeit und sozialen Netzen

Ergebnisse: Die umfassendsten Informationen zu pflegenden Angehörigen (u.A. Erwerbsbiographie; Pflegesituation innerhalb und außerhalb des eigenen Haushalts) enthält das Panel Arbeitsmarkt und Soziale Sicherung (PASS) des Instituts für Arbeits- und Berufforschung (IAB), das einen besonderen Fokus auf Haushalte mit Bezug von Arbeitslosengeld-II legt. Allerdings gibt es bisher erst drei Wellen dieses Panels, so dass Veränderungen durch die Pflegesituation noch kaum beobachtet werden können. Das Sozioökonomische Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gibt es dagegen schon seit 1984, so dass die Analyse der Veränderungen durch die Pflegesituation bei vielen Haushalten und selbst Vergleiche der Situation vor und nach Einführung der Pflegeversicherung möglich sind. Die Stichprobe umfasst mit etwa 22.000 Personen derzeit fast doppelt so viele wie das PASS. Allerdings wird nur die Pflege von Angehörigen im eigenen Haushalt erfasst und Angaben zum Vermögen nur in drei Erhebungswellen. Daneben gibt es weitere Informationen aus Querschnittsbefragungen wie dem Monitor Familienleben des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2010 (Einstellungen zur Pflege und Berufstätigkeit) und dem Mikrozensus (MZ) des statistischen Bundesamtes (Pflegebedürftige im Vordergrund). Diese Informationen können das Bild zwar ergänzen, doch bleibt es nach wie vor lückenhaft. Einzelne Merkmale, Querverbindungen und Defizite sollen vorgestellt werden.

Schlussfolgerung: Aufgrund der Datenlücken und Limitationen reicht keiner der Datensätze allein, um pflegende Angehörige hinsichtlich ihres Armutsrisikos, Armut und sozialer Exklusion zu untersuchen, Risikokollektive zu erkennen und Handlungsbedarfe zu analysieren. Vielmehr zeichnet sich weiterer Forschungsbedarf ab, wie die besten Informationen durch inferenzstatistische Methoden, wie bspw. Small Area-Verfahren, verbunden werden können und welcher Teil der Informationen in Primärerhebungen ergänzend erhoben werden muss.