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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Patientenorientierte Arzneimittelinformation in Deutschland – die Herausforderungen

Meeting Abstract

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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf169

doi: 10.3205/11dkvf169, urn:nbn:de:0183-11dkvf1698

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Günther.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Der Gesundheitsmarkt boomt – auch in Deutschland. 2009 stiegen hierzulande die Gesundheitsausgaben um 5,2 Prozent auf fast 278,3 Mrd. € an. Im selben Jahr investierte jeder Bundesbürger durchschnittlich rund 600 Euro für private Gesundheitsleistungen wie freiverkäufliche Medikamente, Prävention, alternative Medizin und Wellness. Aktuellen Modellrechnungen zufolge ordern die Deutschen pro Jahr etwa für 1,5 Mrd. € IGEL-Leistungen. Dabei sind die Belege für einen therapeutischen Nutzen dieser Maßnahmen häufig unzureichend. Daneben weisen aktuelle Untersuchungen darauf hin, dass eine geringe Gesundheitskompetenz (health literacy) negative Auswirkungen auf den Gesundheitsstatus hat, gar die Sterberate sogar erhöhen kann.

Problemstellung: A. Der deutsche Arzneimittelmarkt umfasst nahezu 60.000 Arzneimittel. 2010 wurden 1,52 Mrd. Arzneimittelpackungen im Wert von 25,9 Mrd. € von der pharmazeutischen Industrie umgesetzt (geschätzter Apothekenumsatz ca. 45 Mrd. €). Hinzu kommen zulassungspflichtige Medizinprodukte, (diätetische) Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika, von deren Anwendung gesundheitliche Verbesserungen erwartet werden. Die Voraussetzung für den Marktzugang der verschiedenen Produktgruppen unterscheidet sich erheblich. Eine patientenorientierte Arzneimittelinformation muss diese Unterschiede aufgreifen und die sich daraus ergebenden Implikationen für VerbraucherInnen verdeutlichen. B. Die Forderung nach einer umfassenden unabhängigen Gesundheitsinformation (UGI) trägt der Tatsache Rechnung, dass VerbraucherInnen verstärkt eine Beteiligung am Entscheidungsprozess medizinischer Maßnahmen einfordern. Eine „informierte Entscheidung“ lässt sich nur auf Grundlage der besten Informationen treffen. Eine UGI fokussiert die Patientenrelevanz und folgt einer stringenten und transparenten Methodik. Zur Beurteilung von Wirksamkeit und Verträglichkeit therapeutischer Interventionen und des patientenrelevanten Nutzens sind die Kriterien der evidenzbasierten Medizin anerkannt. Qualitätsaussagen zu Arzneimitteln oder arzneimitteltypischen Produkten können nur anhand klinischer Studien überprüft und bewertet werden. Die Forderung nach Nutzenbelegen mündet infolgedessen häufig in einem Negativurteil oder eine Bewertung kann nicht vorgenommen werden. Für den Marktzugang von ca. 20% der im Markt befindlichen Arzneimittel sind klinische Studien mit valider Methodik, wie sie heute gefordert werden, überhaupt nicht erforderlich. C. VerbraucherInnen sind die KundInnen einer UGI. Werbliche Aussagen zur Wirksamkeit therapeutischer Interventionen in Rundfunk, Fernsehen und Internet beeinflussen die Wahrnehmung der VerbraucherInnen. Wird eine UGI inmitten dieser Informationsflut überhaupt wahrgenommen? Wie hoch ist das Verständnis für die Darstellung der komplexen Zusammenhänge? Kundenerwartungen und -wünsche sowie deren Rezeptionsmöglichkeiten müssen bei der Erstellung von Gesundheitsinformationen berücksichtigt werden.

Schlussfolgerung: Eine patientenorientierte Arzneimittelinformation in Deutschland muss sich folgenden Herausforderungen stellen: Kontinuierliche Erweiterung der Produktpalette, intransparente Produktänderungen oder fehlende Belege für einen Nutzen der angebotenen Produkte sowie ausreichende „Kunden“nähe der erstellten Information.