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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

Analyse der medikamentösen Versorgung von Hypertonikern mit Hilfe von GKV-Routinedaten

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Sveja Eberhard - MHH, Hannover, Deutschland
  • Matthias Schönermark - MHH, Hannover, Deutschland

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf006

doi: 10.3205/11dkvf006, urn:nbn:de:0183-11dkvf0065

Veröffentlicht: 12. Oktober 2011

© 2011 Eberhard et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: GKV-Routinedaten rücken zunehmend in den Fokus der Versorgungsforschung. Dabei ist oftmals noch unklar, wo Chancen, aber auch wo Grenzen von Krankenkassendaten liegen. Hypertonie stellt die häufigste Diagnose in Allgemeinarztpraxen, gleichzeitig wird bei ihrer Versorgung wird ein hoher Anteil an Über-, Unter- oder Fehlversorgung konstatiert. In einer Querschnittsstudie wurde daher untersucht, welche Erkenntnisse sich aus GKV-Routinedaten hinsichtlich der Versorgungslage von Bluthochdruckpatienten gewinnen lassen, welche Wirkstoffklassen bei Hypertonikern in Niedersachsen primär eingesetzt werden und ob soziodemographische Unterschiede bei der Wirkstoffauswahl zu erkennen sind.

Material und Methoden: Die in GKV-Daten verfügbaren Merkmale wurden hinsichtlich ihrer Validität und Reliabilität bewertet und den für die Abbildung von Versorgungsaspekten benötigten Informationen gegenübergestellt. Hieraus wurden machbare Fragestellungen abgeleitet und im Anschluss Routinedaten von Hypertonie-Patienten der AOK-Niedersachsen aus dem Jahr 2008 in Form einer Querschnittsstudie ausgewertet (n=554.276). Die verfügbaren Versichertenmerkmale wurden dabei über ein Pseudonym patientenbezogen mit Arzneimitteldaten und Diagnosedaten verknüpft und mittels deskriptiver Statistik und einem multivariaten logistischen Regressionsmodell ausgewertet.

Ergebnisse: Insgesamt erhielt jeder (diagnostizierte) Hypertoniker 7,4 unterschiedliche Wirkstoffe pro Jahr, darunter 2,1 antihypertensive Wirkstoffe. Die Diagnosehäufigkeit der Hypertonie lag bei Frauen ab 55 Jahren im Bereich der erwarteten Prävalenz, insbesondere bei jüngeren Männern zeigte sich jedoch eine Diskrepanz zwischen erwarteter und entdeckter Prävalenz. Etwa zwei Drittel der medikamentös behandelten Hypertoniker erhielten eine antihypertensive Kombinationstherapie aus mindestens zwei Wirkstoffen. Die Auswahl der Wirkstoffklassen unterschied sich nach Geschlecht, Alter und Einkommen der Patienten: beispielsweise wurden Betablocker häufiger jüngeren männlichen Patienten verordnet, ältere Patienten erhielten eher ein Diuretikum oder einen Kalziumkanalblocker. Das Einkommen der Patienten war leicht positiv mit den Arzneimittelkosten pro DDD assoziiert, u.a. bekamen Besserverdienende etwas häufiger ein Sartan. Hinsichtlich der betrachteten Komorbiditäten Asthma, COPD und Diabetes zeigte sich, dass nur ein Teil der Patienten die in den Leitlinien primär empfohlenen Wirkstoffe erhielt.

Schlussfolgerung: Trotz inhaltlicher und methodischer Beschränkungen stellen GKV-Routinedaten eine wertvolle Basis dar, um erste Einblicke in das Versorgungsgeschehen zu erhalten. Die Ergebnisse der Datenanalyse spiegeln summatorisch größtenteils die Empfehlungen aktueller Hypertonieleitlinien wider. Dies weist darauf hin, dass ein großer Teil der Hypertoniker bedarfsgerecht versorgt wird. Allerdings geben die Daten auch Hinweise auf Über-, Unter- und Fehlversorgung, insbesondere bei der differenzialtherapeutischen Arzneimittelauswahl bei Patienten mit weiteren Erkrankungen. Dies könnte darauf hindeuten, dass bei komplexeren Versorgungsaufgaben wie der Behandlung multimorbider Patienten noch Erfahrungs- oder Wissensdefizite bestehen. Auch der gefundene Einfluss von Geschlecht und Einkommen auf die Wirkstoffauswahl sollte mit detaillierteren Daten näher untersucht werden.