gms | German Medical Science

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2024)

22. - 25.10.2024, Berlin

Welche Faktoren beeinflussen den intradiskalen Druck der lumbalen Wirbelsäule? Auswertung einer In-vitro-Datenbank mit 107 Humanpräparaten

Meeting Abstract

Suche in Medline nach

  • presenting/speaker Christian Liebsch - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Germany
  • Hans-Joachim Wilke - Institut für Unfallchirurgische Forschung und Biomechanik, Ulm, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2024). Berlin, 22.-25.10.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocAB92-2355

doi: 10.3205/24dkou534, urn:nbn:de:0183-24dkou5348

Veröffentlicht: 21. Oktober 2024

© 2024 Liebsch et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Fragestellung: Der hydrostatische Druck im Nucleus pulposus, besser bekannt als intradiskaler Druck (IDP), stellt einen wesentlichen Parameter für die Wirbelsäulenbelastung dar und ist ein wichtiger biomechanischer Indikator für viele Wirbelsäulenerkrankungen. Welche Faktoren den IDP beeinflussen, ist jedoch weitgehend unbekannt. Ziel dieser Studie war es, die Einflüsse von Bandscheibendegeneration, Alter, Geschlecht und segmentalem Level auf den IDP der lumbalen Wirbelsäule mit einem umfangreichen In-vitro-Datenkollektiv zu untersuchen.

Methodik: 107 humane Bewegungssegmente (32x L2-L3, 16x L3-L4, 59x L4-L5) von 68 Spendern (50±12 bzw. 19–74 Jahre, 42% weiblich) wurden weggesteuert (1°/s) mit reinen Momenten von 7,5 Nm in Flexion/Extension, Seitneigung und axialer Rotation belastet. Der IDP wurde mit Hilfe von flexiblen Drucksensoren gemessen. Der Degenerationsgrad wurde mit einem validierten Klassifikationssystem für lumbale Bandscheiben bestimmt [1]. Statistische Unterschiede zwischen IDP-Werten wurden mit dem Kruskal-Wallis-Test mit Dunn-Bonferroni-Post-hoc-Korrektur für Bandscheibendegenerationsgrad, Alter und segmentales Level, sowie dem zweiseitigen Mann-Whitney-U-Test für das Geschlecht ermittelt.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Der IDP war für die Degenerationsgrade 1 und 2 (milde bzw. mittlere Degeneration) gegenüber Grad 0 (keine Degeneration) in allen Bewegungsrichtungen sowie beim intrinsischen Druck bei 0 Nm signifikant reduziert (p<0,05). Bandscheiben mit Grad 3 (starke Degeneration) waren nicht im Gesamtkollektiv vorhanden. Der IDP korrelierte signifikant mit dem Alter (p< 0,05), vor allem in Extension (Pearson’s r=-0.687) und war für ein Alter>40 Jahre signifikant in allen Bewegungsrichtungen sowie beim intrinsischen Druck verringert (p< 0,05). Das Geschlecht beeinflusste den IDP in keiner Bewegungsrichtung signifikant (p >0,05). Der IDP in L4-L5 war in allen Bewegungsrichtungen und beim intrinsischen Druck signifikant gegenüber dem IDP in L2-L3 verringert, ebenso gegenüber dem IDP in L3-L4 nur beim intrinsischen Druck (p<0,05). Die IDP-Momenten-Kurven zeigten generell V-förmige Verläufe für junge, nicht-degenerierte Bandscheiben in Flexion/Extension und Seitneigung, wohingegen sie eher flache Verläufe für ältere, degeneriertere Bandscheiben sowie bilaterale axiale Rotationsbewegungen aufwiesen (Abbildung 1 [Abb. 1]).

Zunehmende Bandscheibendegeneration, zunehmendes Alter und kaudaleres Level verringern den lumbalen intradiskalen Druck erheblich und können damit zentrale Auslöser sein für Wirbelsäulenerkrankungen, bei denen die Bandscheibe involviert ist. Das Geschlecht hingegen scheint keinen Einfluss auf den intradiskalen Druck zu haben.


Literatur

1.
Wilke HJ, Rohlmann F, Neidlinger-Wilke C, Werner K, Claes L, Kettler A. Validity and interobserver agreement of a new radiographic grading system for intervertebral disc degeneration: Part I. Lumbar spine. Eur Spine J. 2006 Jun;15(6):720-30. DOI: 10.1007/s00586-005-1029-9 Externer Link