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Die TVT bei Patienten mit Becken- und Azetabulumfrakturen: Wie hoch ist die Inzidenz unter semitherapeutischer Antikoagulation in einem standardisierten Screening?
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Veröffentlicht: | 21. Oktober 2024 |
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Fragestellung: Patienten mit Becken- oder Acetabulumfrakturen weisen ein per se deutlich erhöhtes Risko für thromboembolische Komplikationen auf. Die Inzidenz einer Beinvenenthrombose (TVT) variiert in der Literatur zwischen 35% und 61%. Neben der Inzidenz sind auch Risikofaktoren für das Auftreten von Thrombosen bei Patienten mit Becken- oder Azetabulumfrakturen bisher nur wenig untersucht. Im Rahmen dieser Studie sollen daher folgende Fragen beantwortet werden: Wie hoch ist die Inzidenz der TVT’s bei Becken- oder Azetabulumfrakturen unter semitherapeutischer Antikoagulation?
Methodik: Im Zeitraum vom 01.12.2013 bis 01.03.2022 wurden insgesamt 855 Becken- und Azetabulumfrakturen operativ versorgt. Alle Patienten mit offen versorgten Becken- oder Azetabulumfrakturen erhielten routinemäßig eine semiherapeutische Antikoagulation und ein postoperatives TVT-Screening. Im Rahmen dieser retrospektiven Analyse wurden u.a. folgende Daten erhoben: Alter, Geschlecht, Ätiologie, Nebenerkrankungen, Klassifikation der Becken- oder Azetabulumfraktur, Intervall bis zur operativen Versorgung, Art der operativen Versorgung, Zugangsweg, Op-Dauer, Blutverlust, Tranexamsäure, Komplikationen, Nachbehandlung, TVT-Screening, TVT und Lungenembolie.
Ergebnisse: Das Durchschnittsalter betrug 68,1 Jahre (SD 18,9). Das Geschlechterverhältnis betrug 42,3% männlich zu 57,7% weiblich. Bei 558 Patienten lag ein nieder-energetisches Trauma zu Grunde. Es konnten 287 Azetabulum-, 199 Beckenfrakturen und 369 geriatrische Beckenfrakturen eingeschlossen werden. In 46,1% (n=394) der Fälle bestanden Begleitverletzungen des Thorax (12,2%), des Abdomens (6,4%), der Extremitäten (20,2%) oder des Schädels (7,3%). Blutungen oder Nachblutungen traten in 2,3% der Fälle auf. Eine semitherapeutische Antikoagulation und ein routinemäßiger sonographischer TVT-Ausschluss erfolgte bei insgesamt 430 Patienten. Bei 27 dieser Patienten (6,3%) konnte eine TVT und bei 8 Patienten (1,9%) eine Lungenembolie nachgewiesen werden.
Schlussfolgerung: Eine semitherapeutische Antikoagulation in Kombination mit einer routinemäßigen Kompressionssonographie konnte eine vergleichsweise niedrige Thrombose- und Lungenembolierate nachweisen bei gleichzeitig niedrigen Raten an Blutungskomplikationen. Prospektive Studien sind erforderlich um diese Ergebnisse zu bestätigen und einen TVT-Standard für Patienten mit Becken- und Azetabulumfrakturen zu entwickeln.